Der Flugzeugträger Liaoning hat noch ein Dampf-betriebenes Katapult

Der Flugzeugträger Liaoning hat noch ein Dampf-betriebenes Katapult

© APA/AFP/ANTHONY WALLACE / ANTHONY WALLACE

Militärtechnik

Neue Technologie aus China könnte Flugzeugträger revolutionieren

Nicht jedes Flugzeug kann von jedem Flugzeugträger aus starten. Selbst moderne elektromagnetische Katapulte, wie sie die USA und China nutzen, haben physikalische Grenzen. Diese sind die Länge der Startbahn und das Gewicht des Flugzeugs.

Chinesische Forschende wollen nun ein Katapultsystem entwickelt haben, das die bisherigen Grenzen durchbricht. Damit könnten schwerere Kampfjets von Trägerschiffen starten oder mit mehr Bewaffnung und Treibstoff, als dies bisher möglich war.

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Flugzeuge werden mit Katapulten beschleunigt, um von Flugzeugträgern starten zu können

Flugzeuge werden mit Katapulten beschleunigt, um von Flugzeugträgern starten zu können

Inspiration durch Elektroautos

Wie die South China Morning Post berichtet, bedient sich das neue System bei der Technologie von Elektroautos. Das Fahrwerk des Jets wird in einem Schlitten eingespannt. Ein Elektromotor bringt ein Schwungrad auf eine hohe Umdrehungsgeschwindigkeit. Ist die benötige Geschwindigkeit erreicht, wird die kinetische Energie auf ein Spannrad übertragen. Diese Übertragung erfolgt magnetisch – die beiden Räder berühren sich nicht.

Das Spannrad nutzt die Energie, um ein Stahlseil zu ziehen, das am Schlitten befestigt ist. Der Jet wird dadurch mit hoher Geschwindigkeit nach vorne gezogen und kommt auf die benötigte Startgeschwindigkeit.

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Von 0 auf 252 km/h in 2,1 Sekunden

Berechnungen zufolge könnte das System ein 30 Tonnen schweres Flugzeug von 0 auf 70 Meter pro Sekunde in 2,1 Sekunden beschleunigen. 70 m/s entspricht in etwa 252 km/h und wird als üblicher Richtwert für den Start von Flugzeugträgern herangezogen. Beeindruckend sind die 2,1 Sekunden: Je kürzer die Zeit, desto kürzer kann die Startbahn sein.

Laut den Forschenden würden bisher eingesetzte, elektromagnetische Katapulte etwas mehr als 3 Sekunden benötigen, um ein 13-Tonnen Flugzeug auf 66 m/s zu beschleunigen. Allerdings sagen sie nicht, ob sie damit das Katapult des chinesischen Super-Flugzeugträgers Fujian meinen oder das des amerikanischen Super-Flugzeugträgers Gerald R. Ford.

Amerikanisches Katapult hat Probleme

Zum elektromagnetischen Katapult des Gerald R. Ford äußern sich die Forschenden an anderer Stelle in ihrer Studie. Seitdem der Flugzeugträger aktiv ist, würde das Katapult viele lange Ausfälle haben, wenig effizient sein und generell eine schlechte Haltbarkeit aufweisen.

Daten des US-Verteidigungsministeriums scheinen das zu bestätigen: Das elektromagnetische Katapult des Gerald R. Ford musste 2023 alle 614 Starts groß gewartet werden. Bei Flugzeugträgern der US Navy mit klassischen Dampf-betriebenen Katapulten seien es durchschnittlich alle 4.000 Starts. Auch beim Landesystem des Super-Flugzeugträgers scheint es zu hapern. Alle 46 Landungen hat sich eine Fehlfunktion ereignet.

Katapult hilft auch beim Bremsmanöver

Das neue chinesische Katapult könnte auch zum Bremsen der landenden Flugzeuge eingesetzt werden. Ein Drucksensor erkennt, wenn der Landehaken des Flugzeugs im Stahlseil eingehängt ist. Das Spannrad spannt das Stahlseil, wodurch das Flugzeug auf der Landebahn gebremst wird.

Laut den Berechnungen der Forschenden würde ein Kampfjet, der mit 72 m/s am Deck aufsetzt, innerhalb von 2,6 Sekunden zum vollen Halt kommen. Dies würde militärischen Standards entsprechen.

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Kleinere Flugzeugträger, schwerere Flugzeuge

Laut dem Forschungsteam habe das neue Katapult mehrere Vorteile. Es soll günstiger in der Herstellung und kompakter sein. Außerdem verbraucht es weniger Energie. Zusammen mit der hohen Leistung sei es möglich, kleinere Flugzeugträger zu bauen. Laut den Forschenden würde eine 100 Meter lange Startbahn ausreichen, um militärische Jets mittels des neuen Katapults abheben zu lassen.

Zum Vergleich: Der Flugzeugträger Fujian ist 316 Meter lang, mit einer geraden Startbahn für Katapultstarts und einer schrägen Landebahn. Der amerikanische Gerald R. Ford hat ein ähnliches Layout und ist 337 Meter lang. China hat noch 2 Flugzeugträger (Liaoning und Shandong) mit üblichen Dampf-betriebenen Katapulten und Ski-Jump-Schanzen, die ebenfalls knapp über 300 Meter lang sind.

Das neue Katapult könnte also ermöglichen, Flugzeugträger generell kompakter zu bauen. Dadurch würden Flugzeugträger, die neu gebaut werden, schneller fertiggestellt werden. Am über 300 Meter langen Fujian wurde gut 6 Jahre lang gebaut.

Nachrüsten von Schiffen

Sollte das neue Katapult nachträglich in Schiffe eingebaut werden können, hätte das ebenfalls große Vorteile. Hubschrauberträger, wie etwa die der Typ-075-Klasse, könnten so zu Flugzeugträgern werden.

Die älteren Ski-Jump-Flugzeugträger Liaoning und Shandong könnten mit dem neuen Katapult schwerere Jets starten, wie etwa den Stealth-Fighter J-20. Der ist mit seiner normalen Startmasse von 32 Tonnen derzeit nicht für chinesische Flugzeugträger geeignet. Angeblich sollte eine Variante für die Fujian entwickelt werden, die aber möglicherweise zugunsten der kompakteren J-35 wieder verworfen wurde.

Das neue Katapult würde jedenfalls Chinas Marine deutlich aufwerten. Die Startmöglichkeit für schwerere Jets von Flugzeugträgern heißt, dass die Kampfflieger mehr Bewaffnung oder Treibstoff mit sich führen können. Das erhöht Schlagkraft, Reichweite und Flexibilität. Aktuell hat China nur einen einzigen Kampfjet im Einsatz, der für Flugzeugträger geeignet ist: die J-15, die kein Stealth-Fighter ist.

Doch besonders die Option, Stealth-Fighter, die mit Hyperschallraketen bewaffnet sind, von Flugzeugträgern zu starten, ist China ein Anliegen. Damit will sich das Land für eine potenzielle Konfrontation mit der Flotte der USA rüsten. China testet derzeit verstärkt Antischiffs-Hyperschallraketen. Diesen wird nachgesagt, mit einem Treffer Super-Flugzeugträger, wie den Gerald R. Ford, kampfunfähig machen zu können.

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