Orlan-10 Aufklärungsdrohne (mil.ru, )

Orlan-10 Aufklärungsdrohne (mil.ru, CC BY 4.0)

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Haufenweise westliche Elektronikteile in russischen Waffen

Ein kürzlich erschienener Bericht des britischen Thinktanks „Royal United Service Institute“ (RUSI) kommt zu einem erschütternden Ergebnis. Trotz der Sanktionen, die der Westen seit Kriegsbeginn gegenüber Russland verhängt hat, sind in russischen Waffensystemen zahlreiche Komponenten westlicher Anbieter verbaut – darunter in Funkgeräten, Drohnen und Raketen.

Texas Instruments, Intel, Infineon

Insgesamt untersuchte RUSI 27 russische Waffensysteme. 11 Komponenten, die in diesen gefunden wurden, stammen von deutschen Unternehmen. Die Kamikaze-Drohne KUB-BLA des russischen Rüstungsunternehmen Kalaschnikow ist beispielsweise mit Bauteilen des schwäbischen Modellbauspezialisten Aero Naut bestückt. Auch Chips und IT-Komponenten von AMD, Intel und Infineon will RUSI identifiziert haben.

US-amerikanische Technologiekonzerne sind ebenfalls vertreten. Das WLAN-Modul der Orlan-10-Aufklärungsdrohne soll zum Beispiel von Texas Instruments, einem der größten Techunternehmen der USA, stammen. Auch in Iskander-Raketensystemen sollen dessen Chips verbaut sein.

Iskander-Raketensystem aus russischer Produktion. Hier sollen angeblich westliche Chips verbaut sein. 

„Lebensader“ kappen

„Die militärische Macht Russlands wird von einer Lebensader aus Silizium erhalten, die von den USA über das Vereinigte Königreich, die Niederlande, Deutschland, die Schweiz und Frankreich bis hin zu Taiwan, Südkorea und Japan reicht“, schreibt RUSI. „Ohne diese Lebensader wird das russische Militär dazu gezwungen sein, zunehmend veraltete Technologie einzusetzen“, lautet der Appell des Thinktanks.

Von einem nötigen Ersatz westlicher Produkte sei Russland laut der Nachrichtenagentur Reuters noch weit entfernt. Denn die westlichen Sanktionen sind nicht so effektiv, wie erhofft. Einem kürzlich veröffentlichten investigativen Bericht zufolge, seien in Russland auch nach Kriegsausbruch zahlreiche Lieferungen von IT-Bauteilen aus dem Westen eingetroffen. 2.500 mit der deutschen Firma Infineon in Verbindung stehende Komponenten haben seit Februar die Russische Föderation erreicht. Reuters beruft sich dabei auf russische Zolldaten.

Gegenüber Heise Online bezog Infineon zu den Vorwürfen Stellung: Es erweise sich „als schwierig, nachfolgende Verkäufe über die gesamte Lebensdauer eines Produkts zu kontrollieren“. Lieferungen, sowohl nach Russland als auch in von Russland besetzte Gebiete, seien seit dem Ausbruch des Ukraine-Russland-Krieges eingestellt worden, seit März auch nach Belarus, betont die Firma. Auch Intel und Texas Instruments versicherten, keine Bauteile an russische Waffenhersteller zu liefern.

Hintertüren bei Lieferungen

Eine Hintertür, durch die IT-Komponenten nach Russland gelangen könnten, ist die Klassifikation als sogenannte „Dual-Use-Güter“ – das sind Produkte, die sowohl für zivile als auch militärische Zwecke genutzt werden können. Seit 2021 unterliegen viele solcher Güter in der EU allerdings einer Verordnung. Sie verbietet es ausdrücklich, Russland mit Produkten zu beliefern, die zur „militärischen Endverwendung“ bestimmt sind oder deren „Verwendung im Zusammenhang mit der Herstellung von Rüstungsgütern“ steht.

Trotzdem fänden laut RUSI immer noch viele Produkte über nicht-autorisierte Drittanbieter ihren Weg nach Russland.

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