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Was hinter dem Einchecken am Wiener Flughafen per Gesichtsscan steckt

Der Wiener Flughafen ermöglicht es Reisenden seit Anfang November, ihre Bordkarte völlig kontakt- und berührungslos bei der Bordkartenkontrolle per Gesichtsscan herzuzeigen. Auch beim Einsteigen ins Flugzeug reicht es bei 2 speziell umgerüsteten Gates aus, dass das Gesicht gescannt wird, um ins Flugzeug zu gelangen.

So funktioniert es

Das Angebot steht derzeit allen zur Verfügung, die eine Miles & More-Mitgliedskarte haben. Doch diese müssen sich aktiv dafür entscheiden und der Datenverarbeitung zustimmen. Dazu müssen sie außerdem bis zu 5 Fotos von sich hochladen, wie man auch auf der eigens eingeführten Website nachlesen kann.

Will jemand das Einchecken per Gesichtsscan aktiv nutzen, muss er bei der Buchung des Flugs bereits die Vielfliegernummer angeben. Denn die Identifikation der Person findet bei dem System lediglich anhand der gespeicherten Bilder und der Vielfliegernummer statt, die mit der jeweiligen Flugbuchung verknüpft wird.

Angebot derzeit auf 2 Gates

Derzeit haben seit dem Start im November laut Austrian-Airlines-Pressesprecherin Yvonne Wachholder rund 30.000 Kund*innen die neue Funktion „Einchecken per Gesichtsscan“ freigeschaltet. 2021 habe man eine monatliche Steigerung dieser Zahlen von etwa 15 Prozent verzeichnet.

Wieviele Passagier*innen bisher mittels Gesichtsscan ins Flugzeug gestiegen sind, könne man jedoch nicht sagen. „Der Service kann derzeit nur auf 2 Abflug-Gates am Flughafen Wien genutzt werden“, sagt Wachholder. Nicht alle Passagier*innen würden exakt von diesen 2 Gates abheben. Außerdem sei der Flugbetrieb wegen Corona nach wie vor sehr volatil und nicht auf dem Vorkrisenniveau, so die AUA-Sprecherin.

CORONA - GROSSER ANDRANG BEI IMPFAKTION IN BOEING 777 AM AIRPORT WIEN

Um ins Flugzeug zu gelangen, braucht man in der Regel eine Bordkarte

Die Technologie dahinter

Das System, das die Bording-Pass-Kontrolle per Gesichtsscan möglich macht, wurde vom Star Alliance Biometrics Team ins Leben gerufen und basiert auf einer Software der japanischen Firma NEC Corporation. Diese ist mit der Star Alliance Group eine Kooperation eingegangen, um die Gesichtserkennungstechnologie NEC I:Delight zum Einsatz zu bringen.

Die NEC Corporation hat sich auf Biometrie-Produkte spezialisiert und gilt als Marktführer in dem Bereich. Entwickelt wurde das fertige Produkt von der Star Alliance. Das System kommt derzeit an ausgewählten Gates an den Flughäfen Wien (VIE), Frankfurt (FRA) und München (MUC) zum Einsatz und kann genutzt werden, wenn man von dort mit Austrian, Lufthansa oder SWISS reist.

Besonders spannend ist, dass man beim Einchecken als Passagier seine FFP2-Maske, die derzeit auch in Flughafen-Terminals Vorschrift ist, nicht abnehmen muss. „Das System scannt binnen weniger Sekunden Augen-, Ohren- und Haaransätze und gleicht es mit den bei der Registrierung hinterlegten Bildern ab“, erklärt die AUA-Sprecherin der futurezone.

„Wir warnen Menschen prinzipiell davor, die Identifikation mittels biometrischer Daten zu nutzen, sei es am Smartphone, der Wohnungstür oder am Flughafen.“

epicenter.works

Kritik und Gefahren

Doch bringt das System wirklich einen entsprechend großen Mehrwert mit sich? Fakt ist, dass man zu Hause oder am Terminal keine Bordkarte mehr ausdrucken oder am Handy abspeichern muss. Aber auch der normale Bordkarten-Scan funktioniert, ohne dass man diese aus der Hand geben muss. Normalerweise zieht man die Bordkarte nämlich beim Check-In selbst über einen Code-Scanner.

„Warum der Einsatz solcher Körpereigenschaften zur Identifikation von Flugpassagieren herangezogen werden soll, erschließt sich uns nicht und erachten wir als sehr problematisch“, sagt die Datenschutzorganisation epicenter.works dazu. „Wir warnen Menschen prinzipiell davor, die Identifikation mittels biometrischer Daten zu nutzen, sei es am Smartphone, der Wohnungstür oder am Flughafen.“ Grund dafür sei die Speicherung biometrischer Daten. „Diese kann man bei Diebstahl der Daten oder Missbrauch nicht einfach, wie ein Passwort, zurücksetzen“, heißt es im Gespräch mit der futurezone.

Diese Daten werden gespeichert

Die Datenspeicherung seit laut Angaben der Austrian Airlines „auf ein notwendiges Minimum begrenzt“ und umfasst neben den 5 Fotos die Vielfliegernummer und das Ablaufdatum des Reisepasses. „Der Name selbst wird nicht gespeichert, die Zuordnung zur Buchung erfolgt lediglich über die Miles & More-Nummer“, heißt es. Die Daten werden in einer Microsoft Azure Cloud gespeichert und bleiben laut Angaben des Unternehmens in Europa. „Sie werden unter Beachtung der DSGVO-Regularien gespeichert“, heißt es.

Laut epicenter.works sei „nicht klar, ob ein Betrieb auf der Infrastruktur eines amerikanischen Anbieters tatsächlich DSGVO-konform möglich sei“. Es habe dazu erst kürzlich ein Gerichtsurteil gegeben, heißt es. Laut Austrian Airlines haben sowohl die Fluglinien, als auch die Flughäfen selbst keinen Zugriff auf die Daten des biometrischen Profils. Bei der Abfrage an den Touchpoints würden die Daten jeweils direkt von den Servern der Star Alliance abgefragt, heißt es.

Evaluierungsphase läuft noch

Laut epicenter.works könne es passieren, dass das System fehleranfällig sei, wenn es Menschen mit „nicht weißer Hautfarbe oder weiblichen Geschlechts“ scannen würde, denn derartige Systeme würden diese Menschen viel öfter falsch erkennen. Das liege meist daran, dass diese Systeme von eben von weißen Männern programmiert und trainiert werden.

„Probleme bei der Identifikation für Passagiere, die nicht weiß oder männlich sind, könnten somit vorprogrammiert sein. Selbst wenn durch Gesichtserkennung eine Zeitersparnis erzielt werden könnte, rechtfertigt das die Eingriffstiefe in unsere Privatssphäre keinesfalls“, heißt es seitens epicenter.works.

Die Austrian Airlines erklärt, dass das System bisher sowohl bei der Nutzung, als auch aus technischer Sicht „sehr gut“ funktioniere. Ob und wann es erweitert wird, ist jedoch noch ungewiss. „Der Einsatz an weiteren Flughäfen in Österreich oder die Ausweitung am Flughafen Wien ist derzeit nicht vorgesehen, aber auch nicht ausgeschlossen. Vorerst wird die Inanspruchnahme weiterhin evaluiert“, heißt es seitens der AUA.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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