“Glaube nicht, dass wir mit jedem Einkauf die Welt besser machen”
Die Bekämpfung der Klimakrise ist eine der größten Aufgaben unserer Zeit. Sie erscheint angesichts ihrer Dimensionen gewaltig. Ein beliebtes und naheliegendes Argument ist, dass Österreich als kleines Land ja ohnehin nichts tun könne.
Und als einzelne Bürger*in sind die Möglichkeiten ja noch eingeschränkter - hört man oft. Wem nun wirklich welche Verantwortung zukommt, darüber wurde beim SPEAK OUT Festival 2024 bei der Panel-Diskussion "Klimaschutz: Wer trägt die Verantwortung" gesprochen. Moderiert hat futurezone-Chefredakteurin Claudia Zettel.
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“Wir können vorzeigen, was geht und damit auch Inspiration sein”, sagt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler über politische Maßnahmen zum Umwelt- und Klimaschutz.
Als Beispiel nennt sie die verbindlichen Mehrwegquoten in Österreich. Nachdem dieser Schritt der EU-Kommission aufgefallen war, wurde es in die Verpackungsverordnung aufgenommen. Österreich sei also Vorbild für eine EU-weite Maßnahme geworden. “Man kann den Akteur inspirieren, der die Regeln für den ganzen Binnenmarkt macht”, so die Ministerin.
“Halte nichts davon, das auf Einzelpersonen zu schieben”
“Wir haben eine politische Verantwortung, ich halte nichts davon, das auf Einzelpersonen zuzuschieben,” erklärt Gewessler. Katharina Rogenhofer Vorständin und Sprecherin bei KONTEXT, dem Institut für Klimafragen, hält auch nichts davon, individuelle Verantwortung zu sehr den Konsument*innen zuzuschieben: “Ich glaube nicht, dass wir mit jedem Einkauf die Welt besser machen.”
Womit man aber etwas ändern könne, sei es, Vorbild zu sein und zu zeigen, dass es vielleicht anders geht. Und als wichtigsten Punkt sagt sie, man solle seine politische Stimme nutzen und sich einbringen. Man könne mit Klimaschutzanliegen etwa zu Lokalpolitiker*innen gehen. Oder auch E-Mails an die Bundesregierung schreiben. “Je mehr Leute das tun, desto mehr werden diese nervös, dass das etwas ist, was Menschen beschäftigt”, so Rogenhofer. Das würde dann in weiterer Folge zu politischen Weichenstellungen führen.
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Rolle der Forschung
Alexander Svejkovsky, Geschäftsführer vom AIT Austrian Institute of Technology, der am Panel die Forschung vertritt, sieht die Frage nach Verantwortung in mehreren Dimensionen: “Eine ist die Rechtfertigung und den Kopf hinhalten. Die andere Dimension ist zu schauen, dass man alles, was in seinen Möglichkeiten steht, tut, um etwas zu verändern.” Er sehe sich und die Wissenschaft jedenfalls in der zweiten Rolle.
Forschung und Wissenschaft müsse unter anderem die Problematik erklärbar machen und die Bevölkerung mitnehmen. Das sei allerdings nicht immer leicht, weil die Klimakrise ein extrem komplexes Problem sei. Die Antwort auf die Fragen, die sie aufwirft, seien nicht in einem Satz zu beantworten.
“Es geht nur gemeinsam”
“Einzelnes Zuschieben von Verantwortung werde nicht reichen, sagt A1-CEO Marcus Grausam, der über die Rolle von Unternehmen beim Klimaschutz berichtete. “Es geht nur gemeinsam”, so Grausam.
Die Klimakrise sei bei Unternehmen heute fixer Bestandteil des Risikomanagements. A1 spüre bereits die Auswirkungen. Unwetter, wie sie jüngst etwa in der Steiermark und im Burgenland aufgetreten sind, sorgen etwa für Schäden an Infrastruktur in Millionenhöhe.
A1 selbst setze an mehreren Fronten Maßnahmen gegen die Klimakrise. Stromverbrauch werde reduziert und der Strom, den man benötigt, werde aus erneuerbaren Energiequellen eingekauft. Der Fuhrpark werde außerdem zunehmend elektrifiziert. Zudem sei es wichtig, die einzelnen Mitarbeiter*innen ins Boot zu holen. Gerade bei der Suche nach neuen Mitarbeiter*innen spiele verstärkt eine Rolle, wie das Unternehmen zu Klimafragen steht.
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Warnung vor dem Rebound-Effekt
Gemeinsam warnen alle Panel-Teilnehmer*innen vor Desinformation. Gewessler ortet ein “Abschiedsgefecht eines fossilen Systems auf europäischer Ebene”. Die Diskussion werde oft mit Halbwahrheiten geführt. Auch Rogenhofer sieht diesen Kampf der Lobby für fossile Energie. Gleichzeitig gebe es aber auch viele legitime Ängste, etwa die Frage, wie man künftig heizen werde. Es gibt Parteien und Interessenvertretungen, die gegen die notwendige Transformation ankämpfen. Das KONTEXT Institut will hier korrekte Informationen aufzeigen.
Alle Teilnehmer*innen warnen zudem vor dem sogenannten Rebound-Effekt beim Klimaschutz. Innovation würde nicht bedeuten, dass man unbegrenzt mehr Energie benötigen könnte. Etwa, wenn man etwa ein E-Auto kauft, dafür aber viel mehr fährt und auf Öffis verzichtet. “Das ist eine negative Entwicklung, obwohl man einen positiven Schritt setzt”, erklärt Rogenhofer. “Wir werden die zukünftige Gesellschaft sicher nicht mit umso mehr Energie versorgen können, darum sind Einsparungen ein wichtiger Schritt”, erklärt Rogenhofer.
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