Pfandsystem für Lithium-Akkus soll vor Bränden schützen
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Überall sind sie verbaut, in Kinderspielzeug, Küchengeräten oder Werkzeugen: Es wird immer stärker auf Lithium-Ionen-Akkus gesetzt. Das führt aber auch immer häufiger zu Bränden in Wohnungen und auf Müllverbrennungsanlagen durch falsch entsorgte Batterien.
Lediglich die Hälfte der in Umlauf gebrachten Akkus werden in Österreich korrekt entsorgt. 1,4 Millionen Batterien landen jährlich im Restmüll. Das führt laut Verband Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VOEB) jährlich zu etwa 100 Bränden in den Entsorgungsbetrieben, teils mit verheerenden Schäden. Um die Menschen dazu zu bringen, ausgediente Akkus tatsächlich ordnungsgemäß zu entsorgen, will der VOEB gemeinsam mit dem Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) jetzt ein Pfandsystem testen.
Checkpoint mit Gabriele Jüly
Bis zu 100 Euro Pfand
Dabei soll auf sämtliche neu gekaufte Lithium-Ionen-Akkus ein Pfandbetrag aufgeschlagen werden. Je nach Größe und geschätzter Lebensdauert könnte sich das auf ein paar Euro für kleine Akkus und 10 bis 20 Euro für größere Geräte belaufen. Bei E-Bikes oder E-Autos stellt sich VOEB-Präsidentin Gabriele Jüly einen Einsatz von 50 bis 100 Euro vor.
Haben die Akkus das Ende ihres Lebenszyklus erreicht, soll man sie in sämtlichen Geschäften abgeben können, die entsprechende Geräte verkaufen, darunter auch Supermärkte. Diese verpflichten sich, die Akkus gegen eine Gutschrift oder eine Auszahlung entgegenzunehmen. Das soll auch den Handel stärken, so Jüly.
Ressourcen schonen durch Recycling
Aber nicht nur der Sicherheitsaspekt, sondern auch der Umweltaspekt stehen dabei im Vordergrund. Für Lithium-Ionen-Akkus werden seltene Rohstoffe wie Nickel, Kobalt und eben Lithium benötigt. Der Bedarf an diesen wertvollen Ressourcen steigt stark an. Schätzungen zufolge soll sich der Lithium-Bedarf bis 2028 verdoppeln (Statista).
Die EU hat daher im Zuge des Green Deals Regulierungen aufgestellt. Darunter sind 2 Aspekte, die für ein Pfandsystem sprechen könnten. Zum einen soll die Sammelquote für Lithium-Ionen-Batterien bis 2026 von aktuell 45 auf mindestens 70 Prozent gesteigert werden.
Daran angeknüpft ist auch das Recycling. Die EU sieht vor, dass ab 2030 mindestens 70 Prozent des verbauten Lithiums und 95 Prozent weiterer Rohstoffe wie Blei, Nickel, Kupfer und Kobalt recycelt werden müssen. Zudem müssen große Industrie- und Traktionsbatterien, wie sie etwa für E-Autos verwendet werden, ab 2030 Mindestanteile an recycelten Rohstoffen enthalten.
Österreich soll Vorreiter werden
Damit diese Ziele tatsächlich erreicht werden können, ist es essenziell, dass die Bevölkerung alte Akkus zurückbringt. Denn nur, wenn sie in den Sammelstellen landen, können die Rohstoffe zurückgewonnen werden. Laut VOEB und KFV sei ein Pfandsystem der einzige Weg, um die von der EU geforderten Quoten tatsächlich zu erreichen.
Dabei will man nicht auf eine europäische Lösung warten, sondern in Österreich eine Vorreiterposition einnehmen. Im kommenden Jahr soll deshalb ein Testlauf in einer Modellregion starten. In der Bevölkerung hat das Pfandsystem laut einer repräsentativen Umfrage unter 1.008 Personen einigen Zuspruch. 41 Prozent sprachen sich für das Konzept aus, weitere 33 Prozent sind neutral eingestellt und würde sich bei einer entsprechenden Regelung auch an diese halten.
Offene Fragen
Allerdings sind viele Fragen noch offen, die sich durch diesen Probelauf klären müssen. So muss etwa geklärt werden, wie viel Pfand jeweils für unterschiedliche Batterien verlangt werden kann. Da der Pfand natürlich beim Kauf der Batterien entrichtet werden muss, müssten sich auch Online-Händler wie Amazon verpflichten, automatisch die Zusatzkosten aufzuschlagen. Außerdem lassen sich nicht alle Akkus ausbauen und es ist auch nicht überall für jeden ersichtlich, welche Geräte Akkus verbaut haben.
Auf Nachfrage der futurezone bestätigte Jüly, dass Geschäfte sowohl einzelne Batterien als auch die gesamten Produkte zurücknehmen müssten. Hat man also ein paar blinkende Kinderschuhe, die entsorgt werden sollen, so würde man diese im Ganzen zu einer Sammelstelle bringen können, erklärt sie. Allerdings merkt Jüly auch an, dass Hersteller zukünftig Akkus nicht mehr fest verbauen sollten. Dabei spielt sie auf den Vorschlag der EU-Kommission an, der ein Verbot von fest verbauten oder verklebten Akkus in Smartphones, Laptops oder anderen Elektronikgeräten vorsieht. Beschlossen ist das noch nicht, da der Ministerrat der EU-Mitgliedsstaaten noch zustimmen muss.
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