Male IT Specialist Holds Laptop and Discusses Work with Female Server Technician. They're Standing in Data Center, Rack Server Cabinet is Open.
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Digital Life

Österreichischer Chatbot soll IT-Administratoren ersetzen

Die Arbeit eines IT-Administrators ist hart und wird selten angemessen gewürdigt. Kein Wunder, rückt er oder sie meist nur ins Rampenlicht, wenn etwas nicht funktioniert. Zurecht wurde bereits 2000 ein „System Administrator Appreciation Day“ ins Leben gerufen. Jeden letzten Freitag im Juli soll System-Administratoren in aller Welt für ihre Arbeit gedankt werden. Doch ein Wiener Start-up könnte dafür sorgen, dass die ohnedies oft vergessenen IT-Administratoren in naher Zukunft von der Bildfläche verschwinden könnten. „Janus“ entwickelt einen gleichnamigen Chatbot, der IT-Systeme selbstständig mit künstlicher Intelligenz verwalten soll.

„Ein Mitarbeiter kann maximal 80 Server auf einmal verwalten“, erklärt Laurenz Wagner, einer der Gründer von „Janus“. Zahlreiche Unternehmen haben aber mehr als 500 Server im Einsatz – allein in Europa sind es mehr als 8000. „Selbst mit hohem Aufwand können maximal 50 Prozent aller Aufgaben mit modernen Tools automatisiert werden.“ Hier soll „Janus“ tätig werden, der Dokumentation, Einrichtung, Management und Wartung der IT-Infrastruktur übernimmt. Bedient wird „Janus“ über Sprach-Eingabe. Jene Aufgaben, die der „KI-IT-Administrator“ nicht selbst übernehmen kann, beispielsweise der Einbau eines neuen Servers, kann an Menschen delegiert werden. Der gibt einfache Anweisungen, die auch von angelernten Mitarbeitern ausgeführt werden können.

Hoffen auf Millionen-Umsätze

Das System wird bereits im Rahmen erster Pilotprojekte getestet, seit März setzen es bereits Firmen ein. Im Juni folgt ein weiteres Pilotprojekt. „Zwei von drei Stages sind bereits getestet, die dritte Phase folgt im Mai 2019.“ Die Investition macht sich laut Wagner rasch bezahlt, auch wenn er keine konkreten Zahlen nennt. „Nach elf Monaten ist bereits der Punkt des Return of Investment erreicht, man spart sich also mehr als man für Janus ausgibt.“ Für die Zukunft macht man sich große Hoffnungen: „Wenn nur fünf Prozent aller Firmen, die mehr als 500 Server im Einsatz haben, unser System verwenden würden, hätten wir einen dreistelligen Millionen-Umsatz.“ Zunächst begibt man sich in der Pre-Seed-Phase aber auf die Suche nach einem Investor, der das Unternehmen mit 500.000 Euro unterstützt.

„Janus“ ist eines von insgesamt vier Start-ups, die Teil des Chatbot-Accelerator-Programmes „Elevate“ waren. Dieser Wiener Accelerator unterstützt Chatbot-Start-ups in einer frühen Phase und stellt ihnen Experten, Infrastruktur und Kontakte zu möglichen Investoren bereit. IconicBot und Jingle, zwei frühere „Elevate“-Absolventen, vermeldeten zuletzt erste Erfolge. Jingle, das nach einem Produkt in regionalen Geschäften sucht und dieses für den Nutzer reservieren kann, hat eine Pre-Seed-Finanzierung in nicht näher bekannter Höhe erhalten und wurde von der Wirtschaftskammer als bestes „E-Retail-Start-up des Jahres“ ausgezeichnet. IconicBot bietet eine Plattform, über die Prominente einfach einen Chatbot für ihre Fans erstellen können. Die Plattform hat ebenfalls eine Pre-Seed-Finanzierung erhalten.

Neben „Janus“ gehören der aktuellen Runde von „Elevate“ auch der Liebeskummer-Chatbot „ibindo“ sowie „Polaama“ und „BotPlan“ an. „Polaama“ ist ein Chatbot für Reiseveranstalter. Gründer Madhu Parthasarathy ist aus dem Silicon Valley nach Wien gezogen, um sich „Elevate“ anzuschließen. Sein Start-up richtet sich vor allem an die „Instagram-Generation“, die Hilfe beim Urlaub braucht. „Viele Menschen buchen sich einen Urlaub, wissen dann aber noch nicht, was sie dort machen. Dabei suchen viele gezielt nach Erfahrungen, die sie auf Facebook oder Instagram teilen können“, erklärt Parthasarathy.

Der Chatbot wird derzeit von Reiseveranstaltern wie Ruefa getestet. Dieser passt sich dem Nutzer an und sucht gezielt nach Angeboten, die den eigenen Vorstellungen entsprechen. Auch wenn der Kunde das Angebot nicht bucht, gewinnt der Veranstalter wertvolle Einblicke durch die Fragen des Kunden. „Viele wissen gar nicht, dass sich die Kunden diese Fragen stellen.“

Chatbot für Makler

BotPlan“ hat ebenfalls einen E-Commerce-Hintergrund, richtet sich aber an Makler. Das „PropTech“-Start-up bekam auch von der Jury am Elevate Demo Day die besten Noten und wurde für sein durchdachtes Geschäftsmodell gelobt. Wie bei „Polaama“ können Makler einen Chatbot für Facebook Messenger, SMS oder ihre Webseite einrichten, über den Kunden erstmals Kontakt aufnehmen können. So kann der Chatbot selbstständig Interesse an einer bestimmten Art von Immobilie vermerken oder Termine vereinbaren. „Viele Makler vernachlässigen Online gerne, obwohl es ein wichtiger Kanal für Immobilien ist“, erklärt Gründer und CEO Jatinder Singh.

Wie bei „ “ erhalten „BotPlan“-Nutzer Einblick in die Gesprächsprotokolle und erhalten so wichtiges Feedback, wie Fragen, die Kunden in einem persönlichen Gespräch nicht stellen würden. Die Lösung ist bereits beim internationalen Konzern Re/Max bei rund 1100 Maklern im Einsatz, kürzlich kam auch das US-Unternehmen Counselor Realty mit 300 Maklern dazu. Pro Konto bezahlt man zwischen 40 bis 90 US-Dollar pro Monat. „Wenn man bedenkt, dass ein Lead im Durchschnitt 5000 US-Dollar an Einnahmen bringt, sind diese Kosten vernachlässigbar“, meint Singh. Vorerst will man sich aber nur auf englischsprachige Länder konzentrieren, eine Expansion nach Österreich oder Deutschland sei vorerst nicht geplant.

Elevate geht weiter

Nach dem Erfolg der ersten zwei Runden von „Elevate“ will man nun auch den Themenbereich etwas verbreitern. Während man sich bislang vor allem auf klassische, textbasierte Chatbots konzentriert hat, werden nun auch Chatbots mit Sprach-Interface sowie frühphasige Start-ups, die sich auf die Themen Machine Learning und künstliche Intelligenz spezialisieren, akzeptiert.

Die Teilnehmer der dritten Runde profitieren auch von den kürzlich abgeschlossenen Partnerschaften mit Seedstars, F6S und der deutschen Plattform Startplatz, die Mentoren und andere Ressourcen vermittelt. Der Demo Day 2018, der Ende Mai im Start-up-Zentrum WeXelerate stattgefunden hat, kann online als Aufzeichnung angesehen werden.

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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