Ein M1A2 Abrams (links). Rechts oben wird mit PERCH eine Switchblade-Drohne gestartet.

Ein M1A2 Abrams (links). Rechts oben wird mit PERCH eine Switchblade-Drohne gestartet.

© US Army/General Dynamics

Militärtechnik

US Army testet Kamikazedrohnen-Starter für M1A2 Abrams

Früher war es die Infanterie, die mit Raketenwerfern in Häusern und Wäldern gelauert hat. Heute sind Drohnen der größte Feind der Kampfpanzer – wie der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine seit Jahren unter Beweis stellt.

Wenn Drohnen so gefährlich für Kampfpanzer sind, die selbst als die gefährlichste Kriegsmaschine am Boden gelten, wie gefährlich ist dann erst ein Kampfpanzer, der mit Drohnen bewaffnet ist? Diese Frage will der Rüstungshersteller General Dynamics mit PERCH (Precision Effects & Reconnaissance, Canister-Housed) beantworten.

PERCH ausgestellt auf der AUSA 2025

PERCH

PERCH ist ein Nachrüstkit für den M1A2 SEPv3. Dabei handelt es sich um die neueste Variante des Kampfpanzers der US Army.

PERCH wird seitlich am Turm des Abrams befestigt – der Kampfpanzer wird ebenfalls von General Dynamics hergestellt. Der Hersteller betont, dass dafür bereits vorhandene Montagepunkte genutzt werden. Dadurch sind weder Schweiß- noch Schneidearbeiten nötig. PERCH ist außerdem mit dem US-Radpanzer Stryker kompatibel.

Radpanzer Stryker steht in der Wüste

Radpanzer Stryker

US-Armee testet PERCH

Wie General Dynamics jetzt bekannt gegeben hat, wurde PERCH von der US Army ausprobiert. Den Rahmen dazu bildete die Veranstaltung MARS - Machine Assisted Rugged Sapper, die bereits Ende Oktober bei Fort Hood in Texas stattgefunden hat. Dabei handelt es sich um einen von der Rüstungsindustrie gesponserten Event, um der US Army ihre neuen Produkte schmackhaft zu machen. Im Fokus stehen autonome und ferngesteuerte Systeme, um Hindernisse aus sicherer Distanz aus dem Weg zu räumen.

US-Soldaten beobachten bei einer Vorführung auf dem Testgelände in Fort Hood eine große Explosion auf freiem Feld.

Mars fand Ende Oktober statt. Hier wird das Ergebnis einer Sprengschnur betrachtet, mit der Hindernisse und Minen zerstört werden.

Bei der Veranstaltung wurde PERCH mittels eines Tablets bedient. Bei zukünftigen Versionen, sollte die US Army das System kaufen, wird die Steuerung direkt in die Systeme des Panzers integriert.

Laut General Dynamics wurde PERCH für ein komplexes Szenario genutzt, bei dem die Drohnen zur Aufklärung und zur Identifikation von vorrangigen Zielen verwendet wurden. Ein Video davon wurde nicht veröffentlicht, lediglich ein stark beschnittener Screenshot, auf dem PERCH eine Drohne startet. Der Grund dafür dürfte Geheimhaltung sein.

Ein M1A2 Abrams-Kampfpanzer feuert mit dem PERCH-Nachrüstkit eine Switchblade-Kamikazedrohne ab.

PERCH startet im Rahmen von Mars eine Switchblade-Drohne. Das Modul ist auf einem M1A2 SEPv3 installiert.

Loitering Munition

PERCH bietet Platz für insgesamt 4 Kamikazedrohnen. Das System kann 3 Stück Switchblade SB300 aufnehmen und ein Stück des größeren Modells SB600. Bei beiden handelt es sich um sogenannte Loitering Munition.

Unter diesem Begriff versteht man Lenkwaffen, die bei Bedarf ohne bestimmtes Ziel gestartet werden können. Je nach Modell können sie das Einsatzgebiet aufklären und selbstständig Ziele identifizieren und autonom angreifen. Bei aktuellen Modellen muss der Angriffsbefehl aber von Menschen kommen. Loitering Munitions sind also Kamikazedrohnen, die vor ihrem Angriff noch im Einsatzgebiet „herumlungern“ (loitering) können.

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Switchblade SB300

Die Switchblade-Reihe kann von verschiedenen Plattformen gestartet werden, inklusive von Flugzeugen und von Soldaten. Die SB300 hat eine Reichweite bis zu 30 km und kann über 20 Minuten in der Luft bleiben. Die maximale Geschwindigkeit beträgt 160 km/h. Sie kann mit einem panzerbrechenden Gefechtskopf oder einem Splittergefechtskopf bestückt sein.

Die SB300 ist mit 1,68 kg Gewicht und etwa 50 cm Länge kompakt für eine Loitering Munition. Ihre Flügel klappen erst nach dem Start aus, weshalb die Startröhre nur knapp größer als der Drohnen-Durchmesser von 76 mm sein muss.

Switchblade SB600

Die SB600 ist die große Schwester der SB300. Sie hat einen Durchmesser von 150 mm, ist 130 cm lang und wiegt 16,3 kg. Die Reichweite beträgt über 110 km, die Flugdauer mehr als 50 Minuten. Die Maximalgeschwindigkeit liegt bei 185 km/h.

Der panzerbrechende Gefechtskopf basiert auf dem der Panzerabwehrwaffe Javelin. Dieser knackt auch moderne Kampfpanzer. SB600 wählt automatisch einen geeigneten Angriffswinkel von oben. Denn bei Kampfpanzern ist die Panzerung am Dach des Turms oft am dünnsten. SB600 hat zudem die Möglichkeit, zusätzliche Nutzlast zu transportieren, wie etwa eine Mini-Bombe, Täuschkörper oder Mittel zur elektronischen Kriegsführung.

Keine Sichtlinie erforderlich

Der große Vorteil bei der Nutzung von Switchblade ist nicht die Feuerkraft: Denn der Abrams hat für seine 120-mm-Kanone auch moderne Geschosse, die die Panzerung von Kampfpanzern durchschlagen können. Hier geht es darum, dass Ziele ohne direkte Sichtlinie bekämpft werden können.

Auch das ist eine Lektion aus dem Russland-Ukraine-Krieg. Durch Topografie und die Komplexität des Geländes, haben 90 Prozent der Kampfpanzer-Angriffe auf Distanzen von unter 1,5 km stattgefunden – obwohl die effektive Reichweite derer Hauptgeschütze bei 3 bis 5 km liegt. Die Sicht auf das Ziel wurde durch Hügel, Gräben, Wälder und auch Häuser in besiedelten Gebieten verdeckt.

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Hätte ein Panzer in so einem Gebiet Switchblade, könnte er die Loitering Munition starten, die Gegend aufklären, Ziele identifizieren und mit Switchblade bekämpfen. Und das alles, ohne sich selbst in die Schusslinie begeben zu müssen. Theoretisch könnte ein Abrams mit SB600 auch Feuerunterstützung für weiter entfernte Einheiten geben. Sichtet etwa eine Gruppe Soldaten einen Kampfpanzer in einer Stellung, könnte ein 50 km entfernter M1A2 seine Switchblade starten und dort hinschicken, um den Panzer zu zerstören.

Loitering Munition für andere Panzer

Das PERCH-Upgrade würde also Sinn machen, um die Fähigkeiten des M1A2 zu erweitern. Das Starten von Loitering Munition steht zwar auch auf der Wunschliste der US Army für das Nachfolgemodell M1E3, der Panzer wird aber vermutlich frühestens Anfang der 2030er-Jahre einsatzbereit sein.

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Auch andere Kampfpanzer, an denen gerade gearbeitet wird, wollen Loitering Munition integrieren. Dazu gehört etwa der Rheinmetall KF51 Panther. Für den deutschen Kampfpanzer ist ein Starter mit 4 Stück HERO120 geplant.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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