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Digital Life

Postler mussten wegen Softwarefehler ins Gefängnis

Es ist einer der größten Justizirrtümer der britischen Geschichte. 39 Mitarbeiter der britischen Post Office wurden nach einem jahrelangen Rechtsstreit vom Berufungsgericht freigesprochen. Sie waren zwischen 2000 und 2014 von der Post wegen Diebstahl, Betrug und Bilanzfälschung verklagt worden. Sie wurden ursprünglich zu hohen Strafen verurteilt, einige mussten ins Gefängnis. 

Nun stellte das Berufungsgericht fest, dass es sich bei den Vorwürfen um einen Fehler einer Abrechnungssoftware gehandelt hat. Laut The Guardian geht die Organisatoren der Kampagne, die für den Freispruch kämpft, von insgesamt 900 Betroffenen aus. Sie erwartet weitere 700 Freisprüche

Schaden aus eigener Tasche bezahlt

Die Software Horizon, die von der britischen Post Office (früher Royal Mail) seit dem Jahr 2000 genutzt wurde, wurde von Computer ICL (inzwischen Fujitsu) entwickelt. Die Software verband die Zweigstellen mit der Zentrale. Die von der Software registrierten Umsätze und die tatsächlichen Einnahmen wichen aber manchmal ab. Weil die Filialleiter das anscheinende Fehlen des Geldes nicht erklären konnten, mussten sie den Schaden aus eigener Tasche bezahlen. Dabei handelte es sich teils um Beträge von mehreren Zehntausend britischen Pfund. Zusätzlich kam es zu Kündigungen, Klagen und in einigen Fällen eben auch zu Gefängnisstrafen.

Angeklagte mussten Unschuld beweisen

Die Post suchte damals nicht nach einem Fehler in der Software. Nach ersten Vorwürfen 2009 hieß es seitens der Post noch, die Software "funktioniere ordnungsgemäß". Stattdessen wurden die Mitarbeiter von der Rechtsabteilung der Post dazu aufgefordert, ihre Unschuld zu beweisen, wie aus dem Gerichtsurteil hervorgeht.

Laut den Richtern wurde ihnen das auch noch zusätzlich erschwert, weil Fujitsu die Unterstützung verweigerte. Fujitsu besaß Log-Daten über jede Tastatureingabe in der Software. Dieses Protokoll wurde den Angeklagten aber nicht zur Verfügung gestellt, womit die ihre Unschuld hätten beweisen können. Zudem hätte Fujitsu jederzeit Transaktionsdaten löschen, ändern und hinzufügen können, ohne dass die Filialleiter davon in Kenntnis gesetzt wurden oder eine Zustimmung benötigt wurde.

Kein Geld für Schadensersatz

Die ersten Fehler in der Software wurden 2013 offiziell entdeckt. Nach etlichen Jahren Rechtsstreit hatte sich die Post 2019 schließlich mit 555 Betroffenen auf eine Zahlung von insgesamt 57,75 Millionen britischen Pfund Schadensersatz geeinigt (66 Millionen Euro). Allerdings hatte man bei der Regierung um finanzielle Unterstützung angesucht, da die Post Office "schlicht nicht die finanziellen Mittel" für die Entschädigungszahlungen habe. 

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