ChatGPT
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Gastbeitrag

SXSW 2023: GPT4 ist erst der Anfang

Zehntausende Innovationstreiber trafen sich diese Woche bei der SXSW (South-by-Southwest) Konferenz in Austin, Texas. Gesprächsthema Nr.1: Die Fortschritte, die Open AI mit dem „intelligenten“ Sprachmodell ChatGPT erzielte. Doch Co-Founder Greg Brockman präsentierte kurz nach seinem Auftritt in Texas schon das deutlich verbesserte Sprachmodell GPT4.

Kommt die allgemeine künstliche Intelligenz früher als erwartet?

Zahlreiche Sprecher*innen der Konferenz diskutierten die Möglichkeiten und Gefahren der Anwendung vor dem Hintergrund des raschen Fortschrittes bei der Verbesserung des Sprachmodells. Zukunftsforscher*innen erwarten den Durchbruch zu einer „allgemeinen künstlichen Intelligenz“, die selbständig Antworten auf komplexe Fragestellungen geben kann, nun deutlich früher als es der bisherige Zeithorizont 2035 suggerierte.

Ein solcher Ausblick wirft jedoch zahlreiche Fragestellungen auf: Wie etwa soll die Menschheit neue Technologien kontrollieren, wenn deren Auswirkungen nicht verstanden werden? Als Negativbeispiel gelten mittlerweile zahlreiche soziale Medien, die auf den Markt gebracht wurden, aber bis heute nur wenigen Regulierungen unterworfen sind und enorme Auswirkungen auf die Gesellschaft haben – von Fake News bis zum Beauty-Wahn. Wird künstliche Intelligenz die Gesellschaft noch radikaler transformieren als das bei Facebook & Co der Fall war? Dieser Frage sind zahlreiche Konferenzteilnehmer*innen in Hintergrundgesprächen nachgegangen.

Die ökonomischen Auswirkungen von GTP4 werden rasch sichtbar werden

Kreative aus aller Welt drückten bei der SXSW ihre Sorge vor Copyrightverletzungen oder schlicht dem Verlust ihres Arbeitsplatzes aus, wenn es mit Anwendungen wie GPT, Dall-E oder Midjourney tatsächlich jedem möglich sein sollte, innerhalb von Sekunden kreative Werke herzustellen. Contentmoderator*innen und Publisher werden obsolet, wenn KI-Anwendungen Texte selbst schreiben, Videos innerhalb von Sekunden erstellen und auf automatisiert erstellten Webseiten publishen können. Im Bereich von Kreativagenturen könnten auf diese Weise enorme Teile der Wertschöpfungskette nur innerhalb kürzester Zeit verloren gehen.

Doch nicht nur die Werbebranche sieht sich bedroht. Künstliche Intelligenz kann Gesetzestexte zusammenfassen, Reden schreiben und Empfehlungen für medizinische Behandlungen abgeben. Zuerst in Form eines „Assistenten“, in weiterer Folge und mit zunehmender Qualität der Lösungen wohl vollkommen selbständig. Welche gesetzlichen Rahmenbedingungen braucht eine solcherart „mächtige“ Softwarelösung? Teilnehmer*innen der Konferenz berichteten von zahlreichen Use Cases in so gut wie allen Branchen, bei denen die ersten Versuche mit GPT4 erstaunliche Erfolge zeigen.

Konvergenz der Lösungen zeigt eine völlig neue Welt

Noch mächtiger werden die nun erzielten Fortschritte in Verbindung mit anderen Technologien: Bei der SXSW zeigte ein Start-up, wie mit Hilfe einer innovativen KI-Lösung aufwändige Nachbearbeitungsprozesse im Filmbereich binnen Sekunden erledigt werden können. Zahlreiche VR- und XR-Entwickler integrieren KI-Lösungen in den Bau ihrer Welten und Anwendungen – und hinter all diesen Entwicklungen zeigen sich mit Quantum-Computing-Lösungen, die eine in 10 bis 15 Jahren völlig neue Welt erahnen lassen.

Zukunftsforscher*innen sprachen bei der SXSW über eine „General Artificial Intelligence“ als „letzte notwendige Erfindung der Menschheit“, die eine Utopie ermöglichen könnte, bei der Menschen sich auf das Leben konzentrieren könnten, während die Systeme und Arbeiten im Hintergrund von KI erledigt würden. Ebenso wahrscheinlich seien jedoch auch dystopische Szenarien, in denen KI-Systeme außer Kontrolle geraten oder schwerwiegende Fehler produzierten.

Was will die Menschheit?

Auch wenn solche Szenarien in beiderlei Extremen nicht zu erwarten seien, würden die raschen Fortschritte im Bereich künstlicher Intelligenz zahlreiche Fragen aufwerfen, die bald beantwortet werden sollten. Ein Beispiel dafür sei die Ausbildung unserer Kinder, die noch auf Modellen des frühen vorigen Jahrhunderts beruhe, während KI-Anwendungen schon jetzt klar zeigen würden, dass sich so gut wie alle Berufe in kurzer Zeit stark verändern könnten, und daher andere Skills verlangt werden als man sie derzeit unterrichten würde.

Hinzu kämen jedoch auch Fragen nach Urheberschaft, Identitätsschutz und „Dateneigentum“, die völlig neu diskutiert werden müssen, so der Tenor unter den SXSW-Teilnehmern. KI führe zu den großen Fragen der Menschheit, meinte auch Open AI Co-Founder Greg Brockman und plädierte in Texas für ein rasches Zusammenwirken von Unternehmen, Politik und Gesellschaft, um die Vorteile der Technologien im Interesse der Menschheit nutzen zu können.

Andreas Hladky

Zur Person

Andreas Hladky ist Partner & Leiter des Bereichs Digital Consulting bei PwC Österreich. Davor gründete er 2008 Österreichs erstes Beratungsunternehmen für den digitalen Wandel mit Standorten in Wien, Zürich, San Francisco und Sao Paulo und ist Keynote Speaker bei zahlreichen Konferenzen wie etwa der SXSW in Texas oder dem Darwin‘s Circle. Hladky gilt als Experte für Business Model Transformation. Mit seinem Team unterstützt er Unternehmen aus allen Branchen bei den wesentlichen Schritten der Digitalisierung und Geschäftsmodell-Innovation. Speaker Sample: 4Gamechangers

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