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Digital Life

Twitter-Nachfolger X verklagt Anti-Diskriminierungs-Organisation

Das von Elon Musk in X umbenannte Twitter zieht vor Gericht gegen kritische Online-Forscher*innen, die Hassrede und Falschinformationen im Netz aufdecken. Die X Corp. wirft der Organisation CCDH in der Klage vor, sie habe widerrechtlich auf Daten des Kurznachrichtendienstes zugegriffen.

X sei durch die Berichte der Forscher*innen Schaden entstanden, weil Werbekund*innen abgesprungen seien. Hier geht es zum PDF der Klageschrift.

Für die eingereichte Klage suchte sich die X Corp. frühere Berichte des CCDH (Center for Countering Digital Hate) heraus, in denen es unter anderem über Falschinformationen zum Coronavirus und Klimawandel ging.

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CCDH soll Nutzungsregeln verletzt haben

Dem CCDH wird zum einen vorgeworfen, die Organisation habe dafür in Verletzung der Nutzungsregeln größere Mengen von Tweets abgerufen. Zum anderen habe sie unrechtmäßig auf Daten zugegriffen, die der Analysefirma Brandwatch zur Verfügung gestellt worden seien.

Mithilfe von Brandwatch können Unternehmen Online-Beiträge rund um ihre Marken nachverfolgen. X behauptet, das CCDH habe einen Kunden von Brandwatch dazu verleitet, der Organisation Zugangsdaten zu geben. Die Forscher*innen hätten dies dann zur Recherche für ihre Berichte verwendet. Wer dieser Kunde gewesen sein soll, wisse X noch nicht.

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Die in der Nacht zum Dienstag eingereichte Klageschrift hat einen ganz anderen Fokus als eine vorherige Klagedrohung von Musks Anwalt Alex Spiro an CCDH. In dem am Montag bekanntgewordenen Schreiben ging es um einen Bericht der Gruppe von Juni.

Der Anwalt kritisierte das Fazit, dass Twitter bei 99 Prozent der Hassrede nichts unternehme, wenn sie von zahlenden Abo-Kund*innen komme. Er verwies darauf, dass die Basis dafür lediglich 100 an den Dienst gemeldete Tweets gewesen seien.

CCDH sieht deutlichen Anstieg von Hass auf X

Die Anwältin von CCDH nannte den Brief "lächerlich" und warf der Firma vor, Kritiker*innen einschüchtern zu wollen. Sie verwies darauf, dass einige der angeprangerten Tweets eindeutig rassistisch, antisemitisch und homophob gewesen seien und damit gegen die Regeln von Twitter verstießen.

In den gemeldeten Posts hieß es unter anderem, die "schwarze Kultur" habe mehr Schaden als der rassistische Geheimbund Ku-Klux-Klan angerichtet, oder dass "die jüdische Mafia" alle ersetzen wolle. 4 Tage später seien die Tweets weiterhin verfügbar gewesen, betonte das CCDH.

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Elon Musk hatte Twitter im Oktober 2022 für rund 44 Milliarden Dollar (rund 40 Mrd. Euro) gekauft. Der Tech-Milliardär warf der vorherigen Twitter-Führung vor, rechte politische Ansichten unterdrückt zu haben, und versprach "absolute Redefreiheit". Das schreckte einige große Werbekund*innen ab, die ein negatives Umfeld für ihre Marken befürchteten.

Musk räumte jüngst ein, dass die Werbeeinnahmen nur halb so hoch seien wie früher. Das ist ein sehr reales Problem für die Plattform, da die Anzeigenerlöse traditionell ihre zentrale Geldquelle sind. Auf dem Dienst lasten zudem Kredite in Höhe von rund 12 Milliarden Dollar, die Musk für den Kauf aufnahm.

Zugang zu Twitter-Daten wurde gekappt

Musk und die von ihm berufene Twitter-Chefin Linda Yaccarino behaupten, die Verbreitung von Hassrede bei dem Dienst sei stark gesunken. Sie verweisen darauf, dass "99,99 Prozent" der Nutzer*innen angezeigten Beiträge "gesund" seien.

Musk erklärte die Vorgehensweise: Alles, was legal ist, darf behauptet werden - aber die Verbreitung einiger Aussagen kann eingeschränkt werden. Zugleich kappte Musk den früher existierenden Zugang unabhängiger Forscher*innen zu Twitter-Daten, sodass seine Behauptungen nicht mehr überprüft werden können.

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In der Klage behauptete X nun, das CCDH wolle nicht Hassrede bekämpfen, sondern aus Online-Medien Ansichten verbannen, mit denen es nicht einverstanden sei. Dabei gehe es um Themen wie unter anderem Klimawandel und Corona-Impfstoffe.

Musk selbst hatte Corona-Risiken heruntergespielt und Impfskeptiker*innen eine Plattform gegeben. Er stellte in den vergangenen Monaten auch wiederholt rechte politische Ansichten zur Schau und warf etwa US-Medien vor, "rassistisch" gegenüber Weißen zu sein.

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