Ukraine behauptet, Russland will größtes Atomkraftwerk Europas sprengen
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„Russische Truppen erpressen jetzt offen mit Atomwaffen“, schrieb der wichtigste Berater des ukrainischen Präsidenten, Wolodymyr Selenskyj, Mychajlo Podoljak, kürzlich auf Twitter.
Seit Wochen belagern russische Truppen das südostukrainische Kernkraftwerk Saporischschja. Nun besetze Russland die Anlage aber nicht nur, sondern habe das sie mit Sprengstoff verkabelt. Das behaupten sowohl Berater Podoljak als auch das ukrainische Zentrum für strategische Kommunikation und Informationssicherheit (Stratcom).
Sie beziehen sich dabei auf einen vermeintlichen Screenshot aus dem russischen sozialen Netzwerk Vkontakte. Der Screenshot schien ein Bericht einer russischen Nachrichtenagentur zu zeigen. Der Meldung zufolge habe der Befehlshaber der im Kraftwerk stationierten Truppe, Generalmajor Valery Vasilev, erklärt, Russland sei „jederzeit bereit, das Kraftwerk in die Luft zu sprengen“. Das Akw solle „entweder russisches Land oder verbrannte Erde“ sein.
Russland dementiert Sprengstoff
Die Nachrichtenagentur, von der die Meldung angeblich stammte, dementierte allerdings, den Bericht verfasst zu haben. Das ergaben Recherchen des US-amerikanische Thinktank „Institute for the Study of War“.
Auch das russische Verteidigungsministerium widerspricht. Die Aussagen seitens der Ukraine seien falsch und das Akw wäre keineswegs mit Sprengstoff versehen und so zur Sprengung vorbereitet worden. Generalmajor Vasilev befand sich zu dem Zeitpunkt, als er die Aussage gegenüber den Truppen in Saporischschja gemacht haben soll, zudem in Usbekistan.
Das Institute for the Study of War stuft die Meldung ebenfalls als unzuverlässig ein. Sie beziehe sich auf keine „offiziellen russischen Nachrichten- oder Regierungswebsiten“ und könne generell aufgrund der unübersichtlichen Lage im Kriegsgebiet nicht unabhängig verifiziert werden.
Akw als Propagandainstrument
Das Akw Saporischschja, das größte Kernkraftwerk Europas, befindet sich in der Südostukraine auf russisch-besetztem Gebiet. Vergangenes Wochenende wurde es Berichten zufolge mehrmals beschossen. Es ist allerdings weiterhin unklar, von wem das Feuer ausging.
Russland und die Ukraine beschuldigten sich gegenseitig und nutzen die Gefahr der nuklearen Verseuchung als Schreckgespenst, um im Netz gegen die andere Kriegspartei mobil zu machen. Die aktuelle potenzielle Falschmeldung über den Sprengstoff lenke allerdings „von den sehr realen Risiken der russischen Militarisierung des Akw Saporischschja ab, zu denen auch die unsichere Lagerung von militärischen Waffen in der Nähe von Kernreaktoren und Atommülllagern gehört“, so das Institute for the Study of War.
UNO-Generalsekretär Antonio Guterres forderte am Montag indes einen internationalen Zugang zu dem Gelände. „Jeglicher Angriff auf ein nukleares Kraftwerk ist eine selbstmörderische Sache", verurteilt Guterres den Konflikt rund um Saporischschja.
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