Wien Energie: Gesetze erschweren Ausbau von E-Ladestationen
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Wien Energie muss das Abrechnungssystem seiner E-Ladestationen ändern. Das gab der Energieversorger am Mittwochabend bekannt. Ab 1. Mai wird die für den Ladevorgang benötigte Zeit verrechnet. Der Wechsel auf das neue Modell erfolgt wegen des österreichischen Maß- und Eichgesetzes. Dieses schreibt vor, dass "Ladedaten wie Kilowattstunden ohne technische Hilfsmittel an der Ladesäule ersichtlich sein müssen", so Wien-Energie-Geschäftsführer Michael Strebl.
Ähnlich wie bei einer Zapfsäule für Benzin oder Diesel müsste der Nutzer stets im Blick behalten können, wie viel Strom getankt wurde und wie viel es kostet. Das Problem: Es gibt derzeit keine geeichten Lösungen für den österreichischen Markt. "Der Gesetzgeber hatte da wohl den klassischen Stromzähler bei einem Einfamilienhaus im Kopf", kritisiert Strebl. Deswegen müssten auch Mitbewerber künftig auf ein rein zeitbasiertes Modell umstellen.
Kunden wünschen sich Abrechnung nach Verbrauch
Wien Energie wünscht sich daher ein Entgegenkommen des Gesetzgebers, auch um dem Kundenwunsch entsprechen zu können. Eine Umfrage unter 758 E-Ladestation-Kunden ergab, dass die Mehrheit (68 Prozent der Befragten) eine Kilowattstunden-basierte Abrechnung bevorzugen, gefolgt vom bisher verwendeten Kombi-Tarif (13 Prozent) und einer zeitbasierten Abrechnung (6 Prozent).
Bislang setzte Wien Energie auf einen Kombi-Tarif, der basierend auf Zeit und Energieverbrauch abrechnete. Dieser wurde sowohl von Kunden als auch Verbraucherorganisationen kritisiert, da den Kunden oftmals nicht klar war, wie hoch die Rechnung ausfallen würde. Der größte Verlierer von der zeitbasierten Abrechnung seien E-Auto-Fahrer, die an leistungsschwächeren Ladestationen tanken. "Wenn sie einen 30-Kilowattstunden-Akku haben, brauchen sie bei einer 11-kW-Station knapp drei Stunden, bei einer 22-kW-Station nur eineinhalb. Eigentlich zahlen sie da das Falsche", kritisiert Strebl.
Gespräche mit Behörden
Beim neuen Tarifmodell habe man sich an der Mobilfunk-Branche orientiert und bietet drei verschiedene Stufen, gestaffelt nach Verbrauch. Wer seltener tankt, kann den Start-Tarif ohne Grundgebühr nutzen, bei dem jedoch höhere Minutenpreise anfallen. Mit Plus (9,90 Euro pro Monat) und Expert (34,90 Euro) gibt es Tarife mit Grundgebühren, bei denen der Minutenpreis deutlich geringer ausfällt. Für mehr Transparenz soll auch eine Anpassung der Taktung sorgen: Laden wird minutengenau statt im Zehn-Minuten-Intervall verrechnet. Kunden erhalten zudem monatliche Abrechnungen statt wie bisher Quartalsrechnungen.
Details, weswegen die Zähler für E-Ladestationen derzeit nicht zertifiziert werden können, nannte Wien Energie nicht. In Deutschland werden bereits entsprechende Lösungen verbaut. Man befinde sich aber in Gesprächen mit den zuständigen Behörden, um eine Lösung zu finden. Strebl äußerte aber auch Bedenken, dass nachgerüstete Bildschirme oder ähnliche Anzeigen potenziell nicht vor Vandalismus geschützt wären. Optimal wäre es, wenn die Anzeige auf der App ausreichen würde.
"E-Ladestation muss so einfach wie Internetanschluss zu bekommen sein"
Strebl schlägt auch beim Ausbau der Lade-Infrastruktur Alarm. Es sei derzeit noch schwierig, eine neue Ladestation errichten zu lassen. Hochrechnungen von AustriaTech, ein Tochterunternehmen des Verkehrsministeriums, zufolge müsste Österreich 2030 über 1,5 Millionen Lademöglichkeiten verfügen, um den Bedarf zu decken. "Dafür müsste man täglich 330 neue Ladestationen bauen, um dorthin zu kommen", sagt Strebl.
Erschwert werde das jedoch durch verschiedene "Hemmnisse im Miet- und Wohnrecht", die die Zustimmung aller Bewohner bei "größeren Änderungen" erfordern. So müsste man an vielen Standorten hunderte oder tausende Menschen davon überzeugen, dem Ausbau zuzustimmen. "Wenn sie in Alt-Erlaa wohnen, brauchen 3200 Unterschriften, um auf ihrem privaten Parkplatz eine Ladestelle zu bekommen." Ein möglicher Ausweg wäre laut Strebl, E-Ladestationen in den Katalog der "privilegierten Maßnahmen" (§ 16 Wohnungseigentumsgesetz) aufzunehmen. "Dann gäbe es eine Art Beweislastumkehr, die Nichtanwesenheit bei der Abstimmung wäre eine Zustimmung statt einer Ablehnung. Außerdem wäre das Außerstreitverfahren deutlich einfacher."
Strebl wünscht sich auch, dass E-Ladestationen Teil von § 26 WEG und damit "zur ordentlichen Ausstattung eines Wohnhauses gehören müssen", ähnlich wie ein Lift. "Die Errichtung einer Elektro-Ladestelle muss so einfach sein, wie einen Internetzugang zu bekommen."
Gespräche mit Konkurrenz
Der Ausbau der E-Ladestellen in Wien schreite unterdessen wie geplant voran. Im Vorjahr wurden knapp 250 öffentliche Ladestellen errichtet. Über den Winter konnten keine neuen Stationen gebaut werden, man habe aber das Nutzungsverhalten genau beobachtet. Bisher wurde demnach an allen Ladestellen mehr als 45.500 Mal getankt: "Der Star der Ladestationen ist die am Floridsdorfer Spitz". Auffälliges Ladeverhalten gab es auch an einer Ladestation vor dem Zentralfriedhof: "Die wurde lange Zeit eher selten genutzt, und dann plötzlich besonders intensiv. Nach wenigen Wochen war das auch wieder vorbei. Vielleicht war ein Tesla-Besitzer auf Besuch", sagte Strebl.
Bis Ende 2019 sollen 1500 Ladestellen im Großraum Wien in Betrieb sein, davon 650 öffentlich zugänglich. Mit der Konkurrenz, wie Smatrics, habe man "Gespräche zu vielfältigen Themen". Details wollte Strebl nicht nennen. Die Auslastung der Konkurrenz überwache man nicht, "aber wir werden natürlich nicht eine Ladestation neben die vom Mitbewerber stellen". Probleme mit Fahrzeugen, die sich unerlaubt auf Parkplätze von E-Ladestationen stellen, habe man übrigens nicht. "Zwischen 22 und 8 Uhr darf ohnedies jedes Fahrzeug, auch ohne zu laden, auf einer Ladestation stehen. Sonst hat man eben 15 Minuten Zeit, um wegzufahren."
Dieser Artikel ist im Zuge einer Kooperation zwischen Wien Energie und futurezone entstanden. Die redaktionelle Hoheit liegt bei der futurezone
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