Zu Besuch im Trainingszentrum: So lernen Piloten fliegen
Befindet man sich im Pilot*innensitz des Simulators, ist das Gefühl nicht von dem eines echten Flugzeuges zu unterscheiden. Beim Take-off drückt es mich genauso in den Sitz, wie man es erwarten würde. Geht man dann in den Steigflug über und fliegt die erste Kurve, hat man komplett vergessen, dass man sich am Boden befindet.
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Jedes Kontrolllicht und jeder Knopf im Cockpit sind wie in einem Airbus A320. Dank einer Hydraulik werden auch die Bewegungen echter Flugzeuge nachgeahmt.
Nach Ende des „Fluges“ bin ich, ob der verwirrten Sinnesorgane, wackelig auf den Beinen. „Ganz normal“, erklärt einer der leitenden Ausbildner. Man sollte in diesem Zustand aber aufpassen, wenn man sich an das Steuer eines Autos setzen möchte.
Es braucht mehr Pilot*innen
Der europäische Flugverkehr ist seit der Corona-Flaute wieder im Steigen begriffen. Eine der am stärksten wachsenden Fluglinien Europas ist die in Ungarn gegründete Wizz Air.
Bis zum Jahr 2030 will man 500 Maschinen haben, eine Verfünffachung der jetzigen Flotte. Und man braucht auch Personal, das die Maschinen fliegt. Pro Jahr bildet Wizz Air laut eigenen Angaben derzeit 500 Pilot*innen aus. Der rapide Wachstumskurs hat auch seine Schattenseiten. Wizz Air wurde in der Vergangenheit mehrfach für zweifelhafte Arbeitsbedingungen und Kundenservice kritisiert.
Ein Teil der Wizz-Air-Pilot*innenausbildung findet in Ausbildungszentren am Boden statt, wie am Standort Budapest. Das Trainingszentrum befindet sich unweit des Budapester Flughafens Liszt Ferenc, rund eine halbe Autostunde vom Stadtzentrum entfernt. Die Gegend wird dominiert von „Gstetten“, die als Freiluft-Parkplätze für Flugreisende dienen.
Das Gebäude selbst könnte von außen auch als eine industrielle Fertigungshalle durchgehen. Die Räumlichkeiten sind steril und funktional. Die Kabelschienen an der Decke und die freiliegenden Belüftungsrohre könnte man so auch in einem minimalistischen Hipster-Café finden. Der Kursraum, in dem Wizz Air den anwesenden Journalist*innen die Eckdaten des Unternehmens erklärt, versprüht den Charme einer Fahrschule.
Aufregend wird es im ersten Stock des Gebäudes. Dort befinden sich die 3 Full Flight Simulatoren (FFS). Das Problem an diesen Simulatoren sind die hohen Kosten. Eine Stunde darin kostet die Airline rund 600 Euro. Sie sind außerdem extrem gefragt und darum nahezu ständig belegt. Neben den FFS betreibt Wizz Air in Budapest derzeit noch eine Simulator-Variante, bei der zwar Cockpit und virtuelle Darstellung der Außenwelt vorhanden sind, sich das Ganze aber nicht bewegt.
Virtuelles Cockpit
Als Alternative zu diesen teuren Ausbildungen setzt Wizz Air wie andere Airlines auf ein Ausbildungssystem auf Virtual-Reality-Basis (VR), das vom Flugzeugbauer Airbus angeboten wird, den Virtual Procedure Trainer (VPT). Die angehenden Pilot*innen nutzen dabei ein handelsübliches Virtual-Reality-Headset, über das sie sich ins virtuelle Cockpit setzen können.
Die angehenden Pilot*innen nutzen dabei ein handelsübliches Virtual-Reality-Headset, über das sie sich ins virtuelle Cockpit setzen können. Unterstützt werden verschiedene Geräte, derzeit empfiehlt Airbus das HP Reverb G2 (531 Euro auf Amazon). Alternativ funktioniert das Virtual-Reality-Cockpit auch mit einem Varjo Aero Headset um 1800 Euro. Allerdings ist in beiden Fällen zusätzlich noch ein relativ leistungsstarker Gaming-PC notwendig, um das Programm in voller Auflösung auszuführen.
Fakten
10,2 Millionen
Flüge wurden 2023 insgesamt in Europa durchgeführt. Das sind 10 Prozent mehr als im Vorjahr.
201 Maschinen
hat Wizz Air derzeit im Betrieb. Das Unternehmen setzt ausschließlich auf Jets vom Typ Airbus A320 und A321 in unterschiedlichen Ausführungen. Diese Einheitlichkeit vereinfacht Wartung und Pilot*innenausbildung.
60,3 Millionen
Passagiere hat Wizz Air 2023 insgesamt befördert. Bis 2030 sollen es mehr als 170 Millionen werden.
Airbus arbeitet aktuell auch an einer Standalone-Variante für die Meta Quest 3 (um 600 Euro auf Amazon), wie der Chef des Training-Software-Programms Shane Carroll gegenüber der futurezone erklärt. Auch die Apple Vision Pro sehe man sich an, das Fehlen von Controllern mache die Umsetzung dafür aber sehr schwierig. Das haptische Feedback, das physische Controller bieten, sei wichtig für das Training.
Das, was Pilot*innen per virtueller Realität erleben, sei nicht allzu weit weg von einem Full Flight Simulator, wie einer der Ausbildner gegenüber der futurezone sagt. Auf die Frage, welche Bewertung er dem VPT geben würde, wenn der FFS eine 10 ist, meinte er, “eine starke 7”.
Wenn keine VR-Brille zur Verfügung steht, lässt sich das simulierte Cockpit auch auf mobilen Geräten, wie iPads oder Notebooks, nutzen.
Neue Generation
Training auch auf diese Art und Weise anzubieten, sei essenziell, um eine neue Generation an Pilot*innen abzuholen, sagt Shane Carroll. Er leitet die Entwicklung des VR-Programms bei Airbus. Die virtuelle Realität würde dabei den ausgewachsenen Simulator nicht vollständig ersetzen, aber sie bietet eine sinnvolle Ergänzung.
Abläufe, die Pilot*innen vor dem Flug durchführen müssen, wie etwa das Überprüfen bestimmter Einstellungen oder das Starten der Triebwerke, finden auf dem Boden statt. Ein “voll ausgewachsener” Simulator ist dafür an sich nicht notwendig. Früher wurden diese Dinge anhand von umfangreichen Handbüchern gelernt. “Dank Virtual Reality können wir jemanden viel früher in der Ausbildung mit einem Cockpit vertraut machen”, so Caroll.
Per virtueller Realität werden auch Dinge wie der Outside Check geübt. Das ist der Rundgang um das Flugzeug, den Pilot*innen vor jedem Flug durchführen müssen. Dabei werden Dinge wie Triebwerke, Fahrwerk oder der Rumpf auf Flugtauglichkeit überprüft.
Trotz nur virtueller Realität ist das auch nicht ganz ungefährlich. “Man vergisst, dass noch eine echte Welt rund um einen ist”, schmunzelt Carroll. So komme es schon ab und zu vor, dass jemand mit VR-Brille am Kopf in Möbel laufe.
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