Sonar Island im Test: Nicht sehen, nur hören
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Die meisten Entwickler*innen versuchen stets, so viele Menschen wie möglich mit ihrem Spiel zu erreichen. Trotzdem werden jene oft vergessen, die nicht einfach ein iPad in die Hand nehmen und irgendetwas spielen können. Beim heutigen "Global Accessibility Awareness Day" stellt Apple Barrierefreie Spiele vor - mit dabei ist Sonar Islands.
Das Wiener Duo Mental Home, bestehend aus Entwicklerin Iris Meyer und Hansjörg Mikesch, hat sich schon bei seinem ersten Spiel "Feer" (hier im futurezone-Test) auf Menschen konzentriert, die nicht oder nur wenig sehen. Bei ihrem neuen Game Sonar Islands wurde diese Idee nicht nur konsequent weiterentwickelt, sondern auf ein neues Level gehoben. Spieler*innen erkunden abwechslungsreiche Inselwelten und treten dabei online gegen andere an.
Das Spielprinzip scheint auf den ersten Blick simpel: Sammle in 3:30 Minuten auf einer Insel so viel Gold wie möglich und verschwindet wieder, bevor die Zeit abgelaufen ist. Mir wurde aber sehr schnell bewusst, wie wenig ich meiner Wahrnehmung trauen kann.
"Piep" marks the Spot!
Auf dem Bildschirm des iPhones oder iPads wird nur das Nötigste angezeigt. Schemenhaft erkennt man die Umrisse von Gebieten. Das ist mir bei der Erkundung allerdings keine große Hilfe, denn navigiert wird nur mit den Ohren. Alle Techniken lernt man im Tutorial und Training, bevor man dann eine eigene Insel aufbaut und andere angreift.
Dafür nutzt man beim Betreten einer Insel zuerst einen Kompass. Dieser wird aktiviert, indem man den Finger länger auf dem Display hält. Dann sind mehrere Töne hörbar. Ein Piepton wird schneller, wenn man in Richtung eines Schatzes blickt. Durch Streichen nach links oder rechts dreht man sich und der Ton verändert sich entsprechend.
Überall lauert Gefahr
Ein Schatz wird eingesammelt, indem man sich darauf zubewegt. Tippt man auf die Mitte des Displays, bewegt man sich einen Schritt nach vorn, streicht man nach unten, bewegt man sich zurück. Ist ein Schatz in der Nähe, erklingt ein Windspiel.
Klingt einfach, ist es aber nicht, denn immer wieder tauchen Gefahren auf, die mich wieder an den Anfang zurücksetzen. Zu Beginn sind das etwa Schlangen, die bedrohlich zischen oder einstürzende Decken. Später trifft man auf Lava, Teslaspulen und feindliche Roboter. Mit einem Wisch nach oben aktiviert man entweder ein Schild oder verteidigt sich gegen Angreifer - wenn man schnell genug reagiert und Entfernungen korrekt einschätzt.
Geh nicht zu tief ins Wasser
Die Inseln haben auch Grenzen, etwa Wasser oder elektrisch geladene Wände. Geht man zu tief ins Meer, ertrinkt man. Das alles funktioniert nur über die Geräuschkulisse. Sich nur anhand von Tönen zu orientieren und damit auch Entfernungen einzuschätzen ist ungewohnt für mich, hat aber immer besser funktioniert. Im Tutorial weist mich eine Stimme zusätzlich darauf hin, wenn ich etwas falsch mache, später kommt ein Zeitlimit hinzu. Das kann ganz schön stressig werden, aber genau dieser Herausforderung spornt an, jedes Mal besser zu werden.
Das Spielprinzip ist dabei einfach genug gehalten, um schnell süchtig zu machen. So baue ich meine eigene Insel auf, statte sie mit Schatztruhen aus, die Gold produzieren und platziere Fallen für andere Spieler*innen, die sie ausrauben möchten. Immer wieder greife ich andere Inseln an, schnappe mir deren Gold und verbessere damit die eigene Insel. Für jeden Angriff erhalte ich Punkte und levele auf. Mit jedem Aufstieg werden neue Inseln oder Verbesserungen freigeschaltet.
Pay-to-Play statt Pay-to-Win
Bis Verbesserungen ausgebaut sind, muss man eine bestimmte Zeit warten. Auch kann man nicht permanent andere Inseln angreifen. Hat man alle Attacken-Punkte aufgebraucht, muss man 30 Minuten warten, bis ein neuer Angriff freigeschaltet wurde. Im Store kann man das gegen Geld beschleunigen, wenn man möchte.
Das Projekt ist ambitioniert und einzigartig. Natürlich auch, weil es für Spieler*innen entwickelte wurde, die eingeschränkt sehen. Aber auch, weil daraus ein innovatives und aufregendes Spielprinzip geschaffen wurde, das mich durch seine gelungene Soundkulisse hineinzieht. Dass es nicht wirklich etwas zu sehen gibt, aktiviert meine Vorstellungskraft, sodass ich förmlich das Meer unter meinen Füßen spüre, wenn ich dem Wasser zu nahe komme und es in den Ohren rauscht. Dass man möglichst zum besten Kopfhörer greifen sollte, den man findet, versteht sich wahrscheinlich von selbst!
Sonar Islands kann kostenlos heruntergeladen werden. Möchte man regelmäßig spielen, wird ein monatlicher Betrag (in Österreich sind es 2,99 Euro) fällig. Wer zusätzliches Geld ausgeben möchte, etwa um schneller aufzuleveln, kann das tun - allerdings hat man nie das Gefühl, nicht ohne zusätzliche Ausgaben weiter zu kommen, wie es bei Pay-to-Win-Spielen der Fall ist. Derzeit ist das Spiel nur im App Store für iOS verfügbar, eine Android-Version ist aber geplant.
Kommentare