Exit
© Getty Images/iStockphoto / Topp_Yimgrimm/iStockphoto

Gastkommentar

Klima-Kündigungen bringen Arbeitgebende ins Schwitzen

"Ich bin dann mal raus hier": Unternehmen, die sich nicht im Kampf gegen die Klimakatastrophe beteiligen, verlieren Mitarbeiter*innen

Climate Quitting oder Klima-Kündigung bedeutet, einen Job aufzugeben oder ein Jobangebot abzulehnen, weil man der Meinung ist, dass die ökologischen, sozialen und ökonomischen Werte (ESG-Faktoren) des Arbeitgebenden nicht den eigenen Anforderungen entsprechen. ESG steht für „Environmental, Social, Governance“ und betrifft den eigentlichen Geschäftszweck und die Wertschöpfung genauso wie die Beziehungen zu Mitarbeiter*innen und Management, Geschäftspartner*innen, Gesellschafter*innen und Kund*innen.

Millenials und Gen Z fordern Engagement ein

Der Begriff „Klima-Kündigung“ ist relativ neu und im deutschen Sprachraum noch wenig etabliert. Aber die Praxis gibt es bereits seit mehreren Jahren. Sie hat sich mit der Beschleunigung der Klimakrise weiterentwickelt und ist gewachsen – mittlerweile genug, um Personalabteilungen ins Schwitzen zu bringen.

Bei den beiden jungen arbeitenden Generationen ist Klima-Kündigen am stärksten ausgeprägt: Millennials und Generation Z – im Grunde jede*r in den frühen 40ern oder jünger. Diese Generationen legen sie generell mehr Wert darauf, dass Unternehmen aktiv zum Kampf gegen die Klimakrise beitragen. Unabhängig davon, ob sie für ein Unternehmen arbeiten oder bei ihm einkaufen oder beides, sie wollen die Gewissheit, dass das Unternehmen bestimmte Klimaziele erreicht. 

Hälfte der Arbeitnehmer*innen

Eine Umfrage des Beratungsunternehmens KPMG unter 6.000 britischen Büroangestellten, Studierenden, Auszubildenden und Hochschulabsolvent*innen untersuchte deren Einstellung zur Arbeit. Die im Jänner veröffentlichten Ergebnisse zeigen, dass ESG-Faktoren die Berufsentscheidungen von fast der Hälfte der Arbeitnehmer*innen beeinflussen: 46 Prozent möchten, dass das Unternehmen, für das sie arbeiten, ehrgeizige soziale und ökologische Verpflichtungen in der Unternehmensstrategie festlegt und einhält.

Ein Fünftel der Befragten hatte bereits Stellenangebote abgelehnt, weil sie der Meinung waren, dass die ESG-Faktoren des Unternehmens nicht mit ihren eigenen übereinstimmten. Dieser Prozentsatz war bei den 18- bis 24-Jährigen viel höher. Eine andere Umfrage der Yale School of Management aus dem Jahr 2021 unter 2.000 Studierenden an 29 Business Schools weltweit ergab, dass 51 Prozent sogar niedrigere Gehälter akzeptieren würden, um für ein umweltbewussteres Unternehmen zu arbeiten.

Arbeitgebende unter Zugzwang

Unternehmen können ihre Nachhaltigkeitsinitiativen nicht mehr einfach nach unten nivellieren oder gar aufgeben. Lippenbekenntnisse reichen nicht mehr, die Arbeitnehmer*innen fordern mehr und die Arbeitgeber*innen werden zur Rechenschaft gezogen. Wer Nachwuchstalente rekrutieren will, muss beginnen, Klimaschutz als nicht verhandelbar zu betrachten. Unternehmen, die das nicht erkennen, riskieren auf der Strecke zu bleiben.

Besonders jüngere Arbeitnehmer*innen haben Angst um die Welt, die sie erben werden. Es sind die jüngeren Generationen, die die größeren Auswirkungen zu spüren bekommen, wenn wir die Klimakrise nicht eindämmen. Daher überrascht es nicht, dass dies und andere miteinander verbundene ESG-Überlegungen für viele im Vordergrund stehen, wenn sie entscheiden, für wen sie arbeiten möchten.

Bis 2025 werden 75 Prozent der Erwerbsbevölkerung Millennials sein. Für Unternehmen sollte klar sein: Wollen sie zukünftig gute Mitarbeiter*innen anziehen und halten, müssen sie glaubwürdige Pläne zur Bewältigung der Klimakrise und für soziale Gerechtigkeit haben – und sie konsequent umsetzen.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Tina Wirnsberger

Tina Wirnsberger ist Trainerin für nachhaltige Wirtschaft & Politik und Sozialpädagogin. Sie war bis Jänner 2019 Grüne Stadträtin für Umwelt und Frauen in Graz.

mehr lesen
Tina Wirnsberger

Kommentare