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Netzpolitik

Ich habe 1,5 Jahre mit Clubhouse um meine Daten gekämpft

Im Jänner 2021 gab es im deutschsprachigen Raum einen Hype um eine neue, audiobasierte Social-Media-App namens Clubhouse. Damals war diese nur für iOS-Nutzer*innen verfügbar, erst ab 9. Mai 2021 auch für Android-Nutzer*innen. Clubhouse war damals nur per Einladung eines bestehenden Mitgliedes nutzbar. Ich wurde von einer anderen Österreicherin eingeladen und probierte die App als technologieaffine Nutzerin damals mit Freude aus und schrieb auch einen Testbericht dazu.

Doch je länger ich die App nutzte, desto mehr fragte ich mich: Was speichert Clubhouse alles über mich? Was passiert mit meinen Daten? Am 25. Jänner 2021 schickte ich daher per E-Mail ein Auskunftsbegehren an Clubhouse. Es war gar nicht so einfach herauszufinden, an wen dieses genau zu adressieren war, denn es gab keine Extra-Adresse für Datenschutzanliegen. Dann wartete ich die Frist von 30 Tagen ab, innerhalb jener mir das Unternehmen meine Daten laut europäischem Recht schicken hätte müssen. Doch nichts passierte.

Keine Audiodateien

Am 2. März 2021 brachte die Bürgerrechtsorganisation noyb.eu in meinem Namen eine Beschwerde bei der österreichischen Datenschutzbehörde ein. Es sollte eine lange Zeit vergehen, bis ich tatsächlich meine Daten erhalte, nämlich 1,5 Jahre. Am 14. Juni 2022 gegen 20 Uhr war es endlich soweit: Mich erreichte eine Mail von Clubhouse mit einem ZIP-File mit meinen Daten.

Der Datensatz besteht dabei aus 2 .jpg-Bilddateien, jeder Menge .json-Files - aber keinen Audiodateien. Das liegt daran, dass Clubhouse die Audio-Daten zwar temporär aufzeichnet, aber nur dann speichert, wenn es zu einer Trust&Safety-Verletzung kommt. Bei den Talks, bei denen ich dabei war, scheint es keine derartige Verletzung gegeben zu haben.

Die Argumente von Clubhouse, um mir die Auskunft nicht zu erteilen

Doch zurück zum Prozess: Clubhouse beauftragte eine deutsche Anwaltskanzlei als Vertretung im Verfahren. Der US-Dienst gab an, dass zum Zeitpunkt des Auskunftsantrags keine Anwendung des europäischen Datenschutzrechts möglich gewesen sei, weil der Dienst nicht auf die EU ausgerichtet gewesen sei. Es sei lediglich der lokale US-Markt Ziel gewesen, hieß es. Doch zu dem besagten Zeitpunkt waren längst deutsche Promis, wie der Moderator Thomas Gottschalk, Mitglied und es gab Medienberichte im gesamten deutschsprachigen Raum. Der Zugang zur App war nicht auf den US-Raum beschränkt und alleine die Tatsache, dass Clubhouse von dem Hype „überrascht“ gewesen sei, wäre noch kein Grund, dass kein EU-Recht anwendbar wäre.

Beide Seiten im Verfahren waren nun gehört - und eigentlich hätte es bereits eine Entscheidung seitens der Behörde geben können. Doch diese blieb aus. Offiziell gibt es eine Frist von 6 Monaten, die die Behörde Zeit hat. Diese verstrich ungenutzt. Am 12. April 2022 brachte noyb.eu in meinem Namen eine Säumnisbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein. Anfang Juni folgte das Urteil: Meiner Beschwerde wurde stattgegeben und es wurde festgestellt, dass Clubhouse das Recht auf Auskunft verletzt hat. 12 Tage später - am 14. Juni 2022 - bekam ich endlich meine Daten von Clubhouse.

Rechte von Europäer*innen sind durchsetzbar

Die Conclusio? Es wurde - wenn auch mit 1,5 Jahren Verzögerung - festgestellt, dass ein US-Dienst sich an EU-Regeln halten muss, wenn dieser diesen Markt nicht explizit ausschließt, indem die App nur lokal in den USA verfügbar gemacht wurde. Das ist eine gute Sache, denn es bedeutet, dass die Rechte europäischer Bürger*innen durchsetzbar sind, sobald der Markt - wenn auch „unabsichtlich“ - adressiert wird. Alles andere würde eine extreme Benachteiligung europäischer Start-ups bedeuten, die sich von Anfang an an europäische Gesetze halten müssen.

Wer sich jetzt fragt, ob es Clubhouse überhaupt noch gibt: Ja, die App wird noch immer genutzt, auch wenn der Hype jetzt vorbei ist. Clubhouse befindet sich aber laut Bloomberg gerade in einem Umstrukturierungsprozess und einige Mitarbeiter*innen, die von Anfang an dabei waren, haben unlängst das Start-up verlassen.

Was die App alles über mich und ihre anderen User*innen speichert, erfahrt ihr morgen an dieser Stelle.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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