Mit dem AI Act soll es mehr Regeln für Künstliche Intelligenz wie ChatGPT geben.

Mit dem AI Act soll es mehr Regeln für Künstliche Intelligenz wie ChatGPT geben.

© APA/AFP/LIONEL BONAVENTURE

Netzpolitik

EU einigt sich auf Gesetz für Künstliche Intelligenz

Die Europäische Union bekommt ein Regelwerk für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI). EU-Binnenmarktkommissar Thierry Breton gab am Freitagabend nach langwierigen Verhandlungen zwischen den Unterhändlern der Mitgliedstaaten und des Europaparlaments eine politische Vereinbarung für den neuen Rechtsrahmen bekannt. "Historisch! Die EU wird der allererste Kontinent, der klare Regeln für die Nutzung von KI setzt", schrieb Breton im Kurzbotschaftendienst X (früher Twitter).

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte zum Abschluss der am Mittwochnachmittag gestarteten Verhandlungsrunde, die rund 35 Stunden dauerte, das KI-Gesetz (AI Act) sei eine "weltweite Premiere". Es handle sich um ein rechtliches Rahmenwerk für die Entwicklung von Künstlicher Intelligenz, der die Menschen "vertrauen" könnten. Außerdem würden "Sicherheit und Grundrechte von Menschen und Unternehmen" geschützt.

"Europäischen Werte und Grundrechte im digitalen Raum"

Auch Österreichs Staatssekretär für Digitalisierung, Florian Tursky (ÖVP), begrüßte die Einigung. "Mit dem weltweit ersten Rechtsrahmen für KI setzen wir in der Europäische Union einen wichtigen Meilenstein, denn durch sinnvolle Regulierung stärken wir nicht nur das Vertrauen in die neuen Technologien, sondern stärken zudem die europäischen Werte und Grundrechte im digitalen Raum", betonte er laut einer Aussendung von Samstag früh. Für Unternehmen seien "klare Regeln und Vorgaben" wichtig, um Rechtssicherheit zu haben. "Für die Bürgerinnen und Bürger ist die Transparenz und der Schutz ihrer persönlichen Daten wichtig", so Tursky.

Nach der politischen Einigung vom Freitagabend müssen nun noch technische Details ausgearbeitet werden. Die Regeln sollen unter anderem die Qualität der für die Entwicklung der Algorithmen verwendeten Daten gewährleisten und sicherstellen, dass bei der KI-Entwicklung keine Urheberrechte verletzt werden. Außerdem müssen Entwickler klar kenntlich machen, dass durch Künstliche Intelligenz geschaffene Texte, Bilder und Töne auf dieser Technologie beruhen.

➤ Mehr lesen: Wie die EU versucht ChatGPT zu bändigen

Verschärfte Regeln für "risikoreiche" Anwednungen

Verschärfte Vorgaben soll es für "risikoreiche" Anwendungen geben, etwa bei kritischer Infrastruktur, Sicherheitsbehörden und Personalverwaltung. Dort sollen eine Kontrolle durch den Menschen über KI, eine technische Dokumentation und ein System zum Risikomanagement festgeschrieben werden.

Die EU-Kommission hatte im April 2021 erstmals einen Rechtsrahmen für den Einsatz Künstlicher Intelligenz vorgeschlagen. Die Verhandlungen zogen sich aber in die Länge.

Warnungen im Vorfeld

Die großen Mitgliedsländer Deutschland, Frankreich und Italien hatten zuletzt vor scharfen Auflagen gewarnt, um die Entwicklung der Zukunftstechnologie nicht zu gefährden. Der deutsche Digital- und Verkehrsminister Volker Wissing appellierte an die EU, international abgestimmt vorzugehen und "keinen Alleingang" zu wagen. So gibt es Befürchtungen, Start-up-Unternehmen wie Aleph Alpha aus Deutschland und Mistral AI in Frankreich könnten in ihrer Entwicklung behindert werden.

Der größte Knackpunkt bei den Gesprächen war der Streit um biometrische Überwachung. Der Gesetzesentwurf des Parlaments verbietet KI-Anwendungen wie eine automatisierte Gesichtserkennung. Kritiker sehen darin eine massive Verletzung der Bürgerrechte. Die EU-Staaten wollten Ausnahmen zum Schutz der nationalen Sicherheit, zur Verteidigung und für andere militärische Zwecke durchsetzen. Die Einigung sieht Beschränkungen für die Nutzung biometrischer Identifizierungssysteme durch die Strafverfolgungsbehörden vor. Die Einzelheiten sollen in den kommenden Tagen ausgearbeitet werden.

➤ Mehr lesen: Kritik an EU-Regeln für künstliche Intelligenz

Beschwerderechte

Die Vereinbarung sieht auch Verbote zur Manipulation oder Ausnutzung von Schwächen der Nutzer durch KI vor. Verbraucher sollen das Recht bekommen, Beschwerden einzureichen und angemessene Antworten zu erhalten. Geldstrafen für Verstöße sollen zwischen 7,5 Millionen Euro und 35 Millionen Euro liegen.

Mit dem Gesetz setzt sich die EU weltweit an die Spitze der KI-Regulierung. Die meisten anderen Staaten haben bisher vor allem Verordnungen und Dekrete erlassen. Außerdem könnte der "AI Act" als Blaupause für diejenigen dienen, denen die Regelungen der USA zu locker und die Auflagen Chinas zu restriktiv sind.

Das Europaparlament und die Staaten müssen dem nun vereinbarten Vorhaben noch zustimmen. Das gilt aber als Formsache.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare