Warum Karotten-Emojis bei Corona-Impfgegnern beliebt sind
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Das Karotten-Emoji hat plötzlich eine neue Bedeutung im Netz bekommen, ohne dass es selbst irgend etwas dafür kann. Die Karotte steht nicht mehr länger nur für das Symbol des beliebten Gemüses, sondern plötzlich auch für die Corona-Impfung.
Impfgegner*innen haben damit begonnen, das Karotten-Emoji symbolisch einzusetzen, wenn sie auf sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram, TikTok oder Twitter über die Impfung gegen das Coronavirus schreiben. Damit tricksen sie die Algorithmen der Plattformen aus, die vielfach Postings über die Impfung, die Missinformationen enthalten, zensieren oder löschen.
Geheimcodes für die Corona-Impfung
Besonders häufig wird das Karotten-Emoji derzeit in Facebook-Gruppen von Impfgegner*innen gesichtet. Manche davon haben über 200.000 Gruppen und dort wird beim Einstieg bereits als Tipp empfohlen: „Verwendet geheime Code-Wörter für alles!“. „Nutzer*innen können nicht das C-Wort (für Corona), das V-Wort (für Vaccine) oder das B-Wort (für Booster) verwenden“, heißt es laut einem Bericht von Mashable.
Auf den Geheimcode mittels Emoji hat man sich dann deshalb geeinigt, weil die Meta-Plattform, zu der Facebook gehört, derzeit keine Emojis zensiert, sondern nur Wörter. Es werden Wortfilter eingesetzt, um bestimmte Begriffe zu vermeiden.
Bierglas-Emoji für den Booster
Mit den Karotten-Emojis, die die Impfung symbolisieren, werden also auf Facebook vor allem Geschichten von Menschen verbreitet, denen es danach irgendwie schlecht geht, oder die gestorben sind. Viele davon dürften erfunden sein. Für die Booster-Impfung wird in diesen Gruppen etwa häufig das Bierglas-Emoji verwendet. So entgehen die Impfgegner*innen der großflächtigen Aktion des Netzwerks, Missinformation auf Facebook in Bezug auf die Corona-Impfung zu blockieren.
Das Karotten-Symbol, das für die Impfung steht, ist aber zunehmend auch außerhalb solcher Gruppen von Impfgegner*innen zu sehen. Denn es schleicht sich ganz einfach in die Alltagskommunikation ein. Für derartige Phänomene gibt es außerdem bereits einen Namen. Man spricht hier von „Algospeak“.
Wie Algospeak funktioniert
Nicht nur Impfgegner*innen haben erkannt, dass bestimmte Inhalte, die Reizwörter enthalten, nicht angezeigt, weil sie vom Algorithmus schlechter bewertet werden. So hat sich etwa Seggs auf TikTok als Synonym für Sex etabliert, weil der Algorithmus die Inhalte, die das Wort enthalten, „bestraft“. Darunter leiden dann etwa Sex-Arbeiter*innen sowie Influencer*innen, die über Sex aufklären möchten gleichermaßen.
Algospeak bedeutet also, dass jemand neue Vokabeln erfindet oder Emojis umsymbolisiert, um den Algorithmus auszutricksen bzw. um zu vermeiden, dass dieser „wütend“ wird und den Inhalt von der Plattform verbannt. Dieses Wort wird zunehmend wichtig, denn durch Algospeak entwickelt sich eine neue Sprache mit einem neuen Vokabular.
Derzeit werden bei Algorithmen vor allem Wortfilter eingesetzt, so dass auf Buchstaben, Bilder oder Emojis ausgewichen werden kann. Und, wie man anhand des Karotten-Emojis sieht: Das wird von Betroffenen auch gemacht. Doch auch die Algorithmen werden weiterentwickelt. Es bleibt also spannend, wohin sich die Möglichkeiten, der Zensur durch große Plattformen zu entgehen, entwickeln wird.
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