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Netzpolitik

Österreichische Provider warnen vor Messenger-Überwachung

Der Dachverband der österreichischen Internetwirtschaft (ISPA) kritisiert die geplante Messenger-Überwachung der Bundesregierung. Diese sieht vor, dass private, verschlüsselte Chats zur Strafverfolgung mitgelesen werden können. 

Damit das überhaupt möglich ist, müssen Sicherheitslücken geschaffen oder genutzt werden, kritisiert ISPA-Generalsekretär Stefan Ebenberger in einer Aussendung. "Eine solche Lücke kann dann immer auch von Kriminellen genutzt werden. Anstatt sie also zu schließen, nutzt der Staat sie aktiv, und widerspricht damit seinem eigenen Anspruch auf ein möglichst hohes Cybersicherheitsniveau seiner Bürger:innen."

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Kriminelle könnten über solche Sicherheitslücken nicht nur Nachrichten mitlesen. Sie könnten so auch Passwörter auslesen, etwa wenn man dieses in seine Bank-App eintippt. 

Warnung vor Missbrauch

Zudem warnt Ebenberger, das auch Unbeteiligte ausspioniert werden können: "Es werden hier ja nicht nur die Daten von Verdächtigen ausgelesen, sondern auch von allen, mit denen diese, zum Teil rein zufällig, Kontakt haben." Es sei technisch nicht möglich, das zu begrenzen. Die Rechte dieser Personen müssten aber geschützt werden. 

Es müsse eine Balance geschaffen werden. Dazu gehöre, dass wirklich nur bei schwersten verfassungswidrigen Straftaten ein legitimer Grund vorliege, um so weitreichend in die Grundrechte der betroffenen Personen einzugreifen. Daher sei es nötig, die Nutzung eines solchen Überwachungssystems selbst zu überwachen, um potenziellen Missbrauch zu verhindern. Ebenberger verweist dabei auf einen Fall in Polen, wo die Regierung die Opposition zu Wahlkampfzwecken ausspionierte. 

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Regierung soll auf Expertenmeinungen eingehen

Ebenberger lobt, dass der jetzt eingebrachte Gesetzesentwurf präziser formuliert ist, als der Bundestrojaner-Vorschlag von 2019. Dieser wurde vom Verfassungsgerichtshof abgelehnt. Allerdings sei es nötig, das Feedback der Expertinnen und Experten in die finale Fassung des neuen Gesetzes einzuarbeiten. 

Der jetzige Gesetzesentwurf der ÖVP sieht vor, dass bei einer konkreten Verdachtslage in Richtung terroristischer Straftaten bestehende Sicherheitslücken bei Handys genutzt werden dürfen, um mittels einer Software die Geräte von Verdächtigen zu infiltrieren.

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Die entsprechende Anordnung soll dem Bundesverwaltungsgericht obliegen und unter strengen Sicherheitskriterien - etwa mit Einbeziehung des Rechtsschutzbeauftragten im Innenministerium - erfolgen. Voraussetzung ist ein konkreter Verdacht auf gravierende Straftaten. Die Überwachung soll sich ausschließlich auf Nachrichten beschränken, die innerhalb eines bestimmten Bewilligungszeitraums verschickt oder empfangen werden.

Sorge vor Schnellschüssen

Ebenberger befürchtet, dass nach dem verhinderten Anschlag auf das Taylor-Swift-Konzert in Wien mehr Überwachung gefordert wird und dies zu Schnellschüssen führt. Dabei seien laut Ebenberger die Pläne der mutmaßlichen Täter offen in einem Telegram-Kanal zugänglich gewesen. "Das Problem ist also weniger der fehlende Zugriff als vielmehr das fehlende Personal, um vorhandene Informationen auszuwerten. Sinnvoller wäre es daher, die Behörden zunächst personell und finanziell angemessen auszustatten."

Ausländische Nachrichtendienste hatten die Chatgruppe bereits im Visier und gaben die Informationen an die österreichischen Behörden weiter. Deshalb konnten diese dann die mutmaßlichen Täter ermitteln.

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