200 Jahre Banking: Von Addiermaschine und Ur-Bankomat bis George
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Es ist heute nur mehr schwer vorstellbar, was in den Menschen vorgegangen sein muss, als sie Anfang des 20. Jahrhunderts die erste selbstschreibende Additionsmaschine zu Gesicht bekamen. Die von William Seward Burroughs in den 1880er-Jahren erfundene Rechenmaschine hielt im Jahr 1907 in Form von vier Geräten in der Ersten österreichischen Spar-Casse Einzug und sorgte für eine Revolution im Bankenwesen.
"Urmutter des Computings"
Einzahlungen und Rückzahlungen, Hypothekardarlehen und Jahresabschlüsse konnten plötzlich maschinell verarbeitet werden und lösten so Schritt für Schritt die in feinster Kurrenthandschrift verfassten Kassajournale ab. „Burroughs selbstschreibende Additionsmaschine war so etwas wie die Urmutter des Computing und ein Quantensprung in der Datenverarbeitung“, erklärt Norbert Bacher, Leiter Corporate Archives Erste Group, im futurezone-Interview.
Die wundersame Maschine, die in einigen Sparkassen noch bis in die 1950er-Jahre Verwendung fand, sollte den Übergang zur maschinellen Kontoführung vorwegnehmen. Diese wurde mit Einführung des Giroverkehrs ab 1938 Realität, wenngleich der Bankbetrieb bis in die 1960er-Jahre stark manuell geprägt blieb. Ab dieser Zeit wurden Kontokorrent- und Laufkreditgeschäfte dann endgültig in Rechenzentren abgewickelt.
Der erste Bankomat am Graben
Ab diesem Zeitpunkt ging es dann schnell. „Der erste bankinterne Großrechner wurde 1963 am Graben in Wien installiert. Praktisch zeitgleich wurden Telescheckanlagen installiert, welche die automatisierte Bearbeitung von Schecks im Online-Verkehr mit speziellen Fernschreibern erlaubte“, sagt Bacher. „1968 folgte schließlich der erste Geldausgabeautomat, der ebenfalls in der Filiale am Graben seine Premiere feierte.“
Der "Ur-Bankomat" sollte sich von den erst in den 1980er-Jahren eingeführten, vernetzten Bankomaten noch in mehreren Details unterscheiden. So war dieser ausschließlich im Kassensaal der Filiale aufzufinden und konnten nur zu Geschäftszeiten benutzt werden. Wie Fotos von damals zeigen, hatte der Geldautomat eine massive Tresortür, die zunächst mit einer Karte geöffnet werden musste. Nach Auswahl der Banknoten-Anzahl musste eine Codezahl eingegeben werden. Eine direkte Verbindung zum Konto bestand damals noch nicht.
Das erste Rechenzentrum
Wie es ab 1968 im neu gegründeten Rechenzentrum der Sparkassen zuging, zeigt ein kurioser 20-Minuten-Film, den die Bank anlässlich ihrer 200-Jahr-Feiern nun auf YouTube bereitgestellt hat. Von nun an sollten Lochstreifen, die in großen Koffern von Filialen ins nächstgelegene Rechenzentrum transportiert werden mussten, sowie Magnetbänder und Magnetplatten in Kombination mit Computern und Konsolenschreibmaschinen den Finanzverkehr beherrschen.
Bis zu 50.000 Tagesauszüge und 13.000 Stammblätter wurden so Nacht für Nacht zwischen 21 Uhr und 2 Uhr früh vom neu gegründeten IT-Tochterunternehmen SPARDAT, dem Vorläufer der s IT Solutions, produziert und mussten am nächsten Morgen folglich auch wieder mittels Botendienst physisch in die damals 169 Sparkassen-Standorte zurücktransportiert werden.
Während das Online-Zeitalter für den überwiegenden Großteil der Menschheit erst in den 90er-Jahren begann, war die Bankenwelt auch in diesem Punkt etwas früher dran. „Nachdem die Sparkassen bereits 1974 begonnen hatten, Daten via Wählleitung ins Rechenzentrum zu übertragen, folgte nach mehrjähriger Entwicklungs- und Testphase im Jahr 1978 schließlich die Einführung eines echten Online-Systems namens Caroline“, erklärt Peter Pikisch, Head of Innovation bei s IT Solutions.
Erstes Online-Netz
Die Anfänge dieses bankeninternen Online-Systems waren allerdings teuer erkauft. „Für den Betrieb musste ein eigenes Datennetz aufgebaut werden. Die notwendigen Standleitungen, die zum Teil erst im Boden verlegt werden mussten, wurden von der Post gekauft. Jedes Bit an Datenübertragung war hart erkämpft“, erinnert sich Pikisch, dessen beruflichen Werdegang etwa in dieser Zeit im Sparkassensektor als Programmierer begann.
Wie sehr sich die zur Verfügung stehenden Ressourcen über die Jahre exponentiell gesteigert haben, macht Pikisch an zwei eindrucksvollen Beispielen fest. So habe die Erstellung der Jahresabschlussrechnung der Bausparkassen früher etwa zwei Tage im Rechenzentrum gebraucht. Die letzte Abrechnung mit diesem System dauerte schließlich nur mehr vier Sekunden.
Und dann wäre da noch das Rechenzentrum selbst, das im Jahr 1993 auf 4000 Quadratmeter Bunkerfläche in der Wiener Geiselbergstraße realisiert wurde. Für die im kommenden Jahr geplante Übersiedlung in ein neues Rechenzentrum haben Erste und Sparkassen hingegen nur mehr 400 Quadratmeter veranschlagt. „Wenn man weiß, dass sich die Rechenleistung alle 18 Monate verdoppelt, kann man sich ausrechnen, welche enormen Kapazitäten mittlerweile auf engstem Raum zur Verfügung stehen“, sagt Pikisch im Gespräch mit der futurezone.
Künstliche Intelligenz
Darüber, welche technischen Revolutionen nach Einführung des Netbankings im Jahr 1998, mobilem Banking inklusive iPhone-App 2010 und dem Start der Banking-Plattform George im Jahr 2015 als nächstes folgen, kann auch der IT-Experte nur spekulieren. Er glaubt, dass künstliche Intelligenz und Machine Learning die Spielregeln einmal mehr von Grund auf verändern werden.
„Schon heute können intelligente Algorithmen erkennen, wenn meine Kreditkarte in betrügerischer Absicht verwendet wird. Künftig wird George etwa in der Lage sein, Kunden vorzeitig zu warnen, wenn ihre Ausgaben aus dem Ruder laufen.“ Aber auch innerhalb der Bank werde IT eine ganz andere Rolle spielen. „Die strikte Trennung von IT-Mitarbeiter und Bankmitarbeiter wird sich auflösen. Jeder Mitarbeiter kann mithilfe entsprechender Werkzeuge und Programme die technische Entwicklung aktiv vorantreiben und Lösungen kreativ mitgestalten“, ist Pikisch überzeugt.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation mit Erste Bank und Sparkassen. Die redaktionelle Verantwortung obliegt der futurezone-Redaktion.
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