Die deutschen Autohersteller starten den Angriff auf Tesla
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Lange Zeit hatten die deutschen Premiumhersteller in Sachen Elektromobilität nichts als Konzepte und Studien in der Tasche, manchmal kam ihnen dabei sogar eine flapsige Bemerkung über die Lippen.
Nachdem das Interesse an E-Mobilität nicht nur anhält, sondern stetig größer wird und ein gewisser Erfolg des Elektorautopionier Tesla nicht wegzureden ist, tut sich auch im deutschen Premiumsegment etwas: Geradezu im Wochentakt stellen die BMW, Daimler und Audi ihre ersten vollelektrischen Premiummodelle vor.
Den Anfang dabei machte der Mercedes-Hersteller Daimler in Stockholm. Dort präsentierten die Stuttgarter ihr erstes vollelektrisches Auto, den E-SUV EQC. In ein paar Tagen, am 9. September, ist BMW mit seinem iNext an der Reihe und Audi folgt am 17. September mit dem e-tron.
Kompromiss aus alter und neuer Welt
Während Tesla seine Fahrzeuge von Grund auf für Elektromobilität und das Smartphone-Zeitalter inklusive permanenter Vernetzung entwickelt hat, wirken die deutschen Premium-E-Autos wie ein Kompromiss aus alter und neuer Welt.
Der elektrische EQC etwa entstammt der SUV-Reihe von Mercedes. Auch der e-tron wird auf Basis der bereits bestehenden Audi-SUVs gebaut. Bei beiden Herstellern werden noch ungefähr zwei Jahre vergehen, bis die Entwicklung eines eigenen technischen Baukastens für Elektroautos abgeschlossen ist. Auch die beiden Audi-Stammwerke werden erst nach 2020 auf Elektroautos umgerüstet. Der Mercedes EQC läuft in Bremen vom Band.
Produktion als Trumpf für die deutschen Hersteller
Die Produktionskapazitäten und die jahrzehntelange Erfahrung bei der Produktion von Fahrzeugen sind wohl der größte Trumpf, den die deutschen Hersteller gegen Tesla im Ärmel haben. Tesla kämpft seit Monaten mit dem Erreichen von hochgesteckten Produktionszielen. Damit die Ziele erreicht werden können, wurden im Tesla-Werk in Fremont sogar eigene Zelte aufgebaut, um die Produktion ausweiten zu können.
Sind die Werke von BMW, Audi und Daimler erstmal auf Elektromobilität umgerüstet, werden sie das Tesla-Werk wohl ziemlich alt aussehen lassen und wesentlich mehr Fahrzeuge vom Band laufen lassen können als der Rivale aus Übersee.
Altbewährtes im Innenraum
Nicht nur das Äußere ist Altbewährtes mit neuem Anstrich, auch im Innenraum setzen die deutschen Autobauer auf eine sanfte Weiterentwicklung von bereits Bestehendem. Zwar halten großflächige Touchscreens und neue smarte Technologien allmählich Einzug, an der klassischen Aufteilung mit Mittelkonsole und einigen physischen Tasten plus kreisrunder Instrumentenanzeige, hat sich nichts verändert.
Tesla hat beispielsweise mit dieser traditionellen Innenausstattung gebrochen und setzt praktisch nur mehr auf einen riesigen Touchscreen in der Mittelkonsole. Der junge chinesische E-Autohersteller Byton, dessen Kernteam aus Ex-BMW-Managern besteht, hat einen tastenlosen, mit Displays vollgestopften Innenraum gestaltet, der wie ein Ausblick in die Zukunft wirkt.
Risiko reduziert
Auch wenn sie damit kein großes Staunen hervorrufen werden, macht diese Mischung aus Altem und Neuem für die deutschen Autobauer natürlich Sinn. Die schrittweise Umrüstung von Produktion und Entwicklung auf E-Autos reduziert das unternehmerische Risiko massiv. Scheitert die elektromobile Revolution, haben sich die deutschen Autobauer den Boden unter den Füßen nicht komplett weggezogen und sie können immer noch Verbrenner vom Band laufen lassen.
Elektrische Revolution kommt erst später
"Es ist jedenfalls noch nicht zu spät", sagte Autoexperte Stefan Bratzel, der Leiter des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach erst kürzlich zur deutschen Presseagentur dpa. Die Marktchancen für die deutschen Autohersteller schätzt Bratzel als durchaus gut ein. "Es ist nicht so, dass da schon alle Züge abgefahren sind", sagt er.
Der große elektromobile Durchbruch werde ohnehin nicht vor den frühen 2020er Jahren über die Bühne gehen. Bis dahin werden zahlreiche Hersteller ihre elektrischen Modelle auf dem Markt haben, die gesetzlichen Rahmenbedingungen werden sich noch weiterentwickeln und die Ladeinfrastruktur sich deutlich verbessern müssen.
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