Hier wird die Saugkraft eines Dyson-Staubsaugers getestet.

Hier wird die Saugkraft eines Dyson-Staubsaugers getestet.

© Dyson

Produkte

Zu Besuch in den geheimen Dyson-Hallen

Der Chef ist ausnahmsweise nicht da. Mit etwas mehr Glück hätte man Multimilliardär James Dyson vielleicht zu Gesicht gekriegt, als am Mittwoch in die Firmenzentrale im englischen Malmesbury eingeladen wurde. Der Firmengründer und alleinige Besitzer ist dort oft anzutreffen.

In dem Städtchen, knapp 2 Stunden von London entfernt, werden seit 30 Jahren Dyson-Produkte entwickelt. Angefangen hat man mit Staubsaugern, heute entwirft man Saugroboter, Luftfilter, Ventilatoren, Haartrockner und -glätter.

Knapp 2 Tage dauerte der Dyson-Besuch. Hier die deutschsprachige Gruppe (ich bin der 2. von links).

Knapp 2 Tage dauerte der Dyson-Besuch. Hier die deutschsprachige Gruppe (ich bin der 2. von links).

Als die futurezone den Dyson-Campus betritt, sind etwa 25 Journalist*innen anwesend. „So eine Einladung erhält man nicht oft“, sagt die Kollegin aus Israel. Oft wurde sie schon abgelehnt, obwohl sie zu Hause selbst auf Dyson-Produkte schwöre. Bei jeder Hauseinweihung sei das erste Geschenk, das man erhält, ein Staubsauger des britischen Herstellers. 

Top Secret

Das gesamte Gelände in Malmesbury ist umzäunt, die Sicherheitsvorkehrungen sind hoch. „Fotos soll man bitte nur dort machen, wo es auch explizit erlaubt ist“, ist eines der ersten Dinge, die man Gästen erklärt. „Wir versuchen, unsere Geheimnisse geheim zu halten“, sagt ein Dyson-Ingenieur. Das gehe auf James zurück.

Jeder im Unternehmen ist „per du“ mit dem Patriarchen, der nach wie vor eine Schlüsselrolle im Unternehmen spielt. Er ist in alle Entwicklungen eingeweiht, obwohl der 76-Jährige den Chefposten bereits vor Jahren abgegeben hat. „Sir James“ ist aber weiter als Chef-Ingenieur tätig.

Produktvorstellung bei Dyson

Der Campus ist weitläufig. Es gibt ein Café, eine Kantine, einen Haarsalon, ein Fitnesscenter: alles kostenlos für die Mitarbeiter*innen. Zudem hat man sich am Standort eine eigene Uni aufgebaut.

2017 wurde das „Dyson Institute of Engineering and Technology“ gegründet, mehr als 150 Student*innen befinden sich dort in Ausbildung. An 3 Tagen der Woche wird unterrichtet, 2 Tage die Woche legen die Student*innen selbst bei Dyson Hand an.  „Der Frauenanteil beträgt 30 Prozent“, erzählt man stolz. Das sei doppelt so hoch wie der nationale Durchschnitt.

Der Campus von Malmesbury ist zudem mit diesen "Pods" ausgestattet, in denen 50 Student*innen leben.

Der Campus von Malmesbury ist zudem mit diesen "Pods" ausgestattet, in denen 50 Student*innen leben.

Nach dem Studium bleiben viele, 6.000 Ingenieur*innen und Wissenschaftler*innen sind beim Unternehmen angestellt. Dort sieht man sich selbst nicht direkt als Hersteller von Staubsaugern und Haartrocknern. In erster Linie ist man ein Ingenieurbüro, das Innovationen entwickelt.

Der „Electric Lightning“ in der Kantine war der erste britische Jet, der Mach 2 erreichte

Der „Electric Lightning“ in der Kantine war der erste britische Jet, der Mach 2 erreichte
 

Daran wird man überall am Campus erinnert. In der Kantine hängt ein Kampfflugzeug der britischen Luftwaffe, Mitarbeiter arbeiten als „Nebenprojekt“ daran, ein Strahltriebwerk aus den 1940ern – eines der ältesten überhaupt – am Laufen zu halten.

James Dyson selbst gilt als großer Flugzeugfan und wollte auf einem Flugplatz in der Nähe sogar eine private Landebahn anlegen lassen. Nach Protesten der Anwohner*innen zog er die Pläne aber wieder zurück.

Die Entwicklung des Turbojet-Motors von Frank Whittle dauerte 18 Jahre, und "hat dann die Welt verändert".

Die Entwicklung des Turbojet-Motors von Frank Whittle dauerte 18 Jahre, und "hat dann die Welt verändert".

Enorme Freiheiten

„Als Ingenieur hat man enorme Freiheiten. Um etwas auszuprobieren, muss man das nicht zehnmal absegnen lassen, man macht einfach“, sagt der Ingenieur, der uns durch die Labors führt.

Sein liebster Ort: die 3D-Druck-Abteilung. Das Herzstück ist ein kleiner Raum mit fünf Industrie-Druckern, einer allein kostet 800.000 Euro. Der Geruch von verbranntem Plastik steigt in die Nase, Laser schmelzen Kunststoffpulver in die gewünschte Form. Neue Teile kann man hier innerhalb von 48 Stunden drucken lassen, extern würde es Wochen dauern. 

Ein einzelner 3D-Drucker kostet umgerechnet 800.000 Dollar.

Ein einzelner 3D-Drucker kostet umgerechnet 800.000 Dollar.

Gleich daneben befindet sich die Akustikkammer. In dem völlig schallgedämmten Raum kann man die Lautstärke von Föhns oder Ventilatoren messen, ohne dass die Tests von Umgebungsgeräuschen gestört werden.

In der Akustikkammer wird der Schall gemessen....

In der Akustikkammer wird der Schall gemessen....

Einige Meter weiter geht es nicht um Schall-, sondern um elektromagnetische Wellen. Jedes elektrische Gerät sendet diese aus, was andere Geräte wie Radios oder die Funkverbindung eines Bluetooth-Geräts oder Handys stören kann.

Eine riesige Antenne in der Mitte eines weiß getafelten Raumes misst die Signale der Dyson-Produkte und stellt so sicher, dass diese unter einem gewissen Schwellenwert liegen.

...und in dieser Kammer die elektromagnetische Verträglichkeit der Geräte.

...und in dieser Kammer die elektromagnetische Verträglichkeit der Geräte.

Die Führung ist eng getaktet, die Gesprächspartner sorgsam ausgewählt. Einige Fragen werden geschickt umschifft, etwa die nach dem Brexit, der von James Dyson befürwortet wurde. Bei anderen Fragen entschuldigt man sich, darauf könne man keine Antwort geben. Diese würde verraten, woran man gerade arbeitet – eines von vielen streng gehüteten Geheimnissen.

So werden die E-Staubsauger auf Teppichböden getestet.

So werden die E-Staubsauger auf Teppichböden getestet.

Es ist nicht alles "dandy"

Gesprächiger wird erst, wer gekündigt hat – oder wurde. So meldete die Financial Times erst diese Woche, dass während der Corona-Pandemie eine „Atmosphäre der Angst“ am Dyson-Campus herrschte. Manager hätten alles gegeben, dass die Mitarbeiter trotz des Lockdowns in die Büros und Labore kamen. Das Arbeiten Seite-an-Seite ist ein wichtiger Teil der Unternehmensphilosophie. „Man kann diese Arbeit nicht von zu Hause aus machen“, wird James Dyson persönlich zitiert. 

Sein Erfolg mag ihm recht geben. Der ikonische Unternehmer ist einer der reichsten Briten und der Vorzeigeingenieur der Nation. In Malmesbury wird an diesem Image nicht gekratzt. 

Die Reisekosten für den Firmenbesuch wurden von Dyson übernommen.

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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Marcel Strobl

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