JAC e-S2 im Test: Elektro-SUV aus China zum Kampfpreis
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Während die futurezone in der Vergangenheit schon einige Elektroautos getestet hat, hatten wir noch nie eines aus China. Der fernöstliche Riesenstaat ist dabei einer der größten Antreiber der Elektromobilität. 2020 werden fünf Millionen E-Fahrzeuge auf Chinas Straßen erwartet. Zahlreiche Hersteller, von denen man in Europa noch kaum etwas gehört hat, bedienen den wachsenden Markt im Inland, exportieren ihre Produkte aber auch zunehmend in den Rest der Welt. Nach Österreich kommt etwa der Elektro-SUV JAC e-S2. Wir konnten das Fahrzeug testen.
Zur Verfügung gestellt wurde uns das Testfahrzeug vom Elektroautohändler G-Electric, der uns 2018 bereits ein Tesla Model 3 geliehen hat. Generalimporteur für das Fahrzeug ist Raiffeisen. Die Bank verkauft den JAC über das Lagerhaus an Privatkunden.
Technik
Der JAC e-S2 ist ein kompaktes, 4,13 Meter langes, 1,75 Meter breites und 1,56 Meter hohes SUV mit 1,4 Tonnen Gewicht und fünf Sitzen. Eingebaut ist eine 40-kWh-Batterie, die einen 85 kW (115 PS) starken Elektromotor mit Strom versorgt. Die Reichweite im WLTP-Verfahren wird mit 275 Kilometer angegeben, die Höchstgeschwindigkeit mit 130 km/h. Aufgeladen wird das E-Auto per Typ-2 oder Combo-Stecker. Mit Schnellladeoption wird der Akku in 50 Minuten zu 80 Prozent gefüllt.
Bei der Entwicklung hat der chinesische Hersteller JAC laut G-Electric mit Volkswagen zusammengearbeitet. U.a. war das Designteam der VW-Tochter Seat beteiligt. In China wird das Fahrzeug mit leichten Modifikationen auch vom JAC-VW-Joint Venture SOL als Modell E20X angeboten. In China trägt der JAC e-S2 den Namen JAC iEV7S. Die Bezeichnung begegnet einem an manchen Stellen auch beim e-S2 - etwa bei der Bluetooth-Kennung.
Eine technische Besonderheit des e-S2 ist die 360-Grad Rundum-Kamera, die zur Einführung am heimischen Markt bereits zur Grundausstattung gehört. In den Vordersitzen ist eine Sitzheizung eingebaut. Auch 16-Zoll-Leichtmetallräder sind im Basispaket inkludiert.
JAC-ES2 im futurezone-Test
Praxiserfahrungen
Was einem beim JAC e-S2 gleich einmal auffällt, ist, wie verspielt das Fahrzeug gestaltet wurde. Die Designer nahmen offenbar Anleihen an verschiedensten "coolen" Elementen anderer Automodelle und mischten sie im e-S2 kurzerhand zusammen. Plastikteile in Carbonoptik an den Türen und rote Nähte auf schwarzen Ledersitzen erinnern an Sportwagen. Die Fahrzeugschnauze mit seinen punktförmigen Vertiefungen erinnert an die Front des Hyundai Kona. Die nach hinten hochgezogene Fensterlinie erinnert an den Toyota C-HR.
Klappe hoch
Die für mich persönlich netteste Spielerei ist die per Knopfdruck hochschnellende Frontabdeckung, die den Ladeanschluss enthüllt. Auf Platz zwei meiner Lieblingsinnovationen liegt das Sonnenbrillenfach, das anstelle des Haltegriffs über dem Fahrersitz montiert wurde. Fantastisch ist die 3D-Rundumsicht, die man per Knopf auf der Mittelkonsole am zentralen Display aufruft. Die Auflösung ist mäßig, aber die Darstellung der Umgebung akkurat. Beim Ein- und Ausparken ist die Funktion wirklich hilfreich.
An anderen Stellen im e-S2 merkt man, dass chinesisches Publikum andere Maßstäbe bei der Verarbeitung gewohnt ist. Freiliegende, rot markierte Schrauben an den Vordersitzen, ein Deckel zur Bordbatterie mit Klettverschluss vor der Rückbank oder nicht ganz sattelfeste Deutsch-Übersetzungen im Bordentertainment-System sind Beispiele dafür.
Gut in Fahrt
Das Fahrerlebnis mit dem JAC e-S2 ist dagegen recht zufriedenstellend. Aktiviert wird das Fahrzeug mittels klobigem Funkschlüssel und "Power"-Knopf anstelle des Zündschlosses. Die Beschleunigung des kleinen SUV ist im unteren Geschwindigkeitsbereich beachtlich. Von null auf 100 km/h dauert es aber doch 12 Sekunden. In der Stadt ist man jedenfalls sehr quirlig unterwegs. Die Federung ist straff, aber nicht unkomfortabel.
Auf der Autobahn kann die angegebene Höchstgeschwindigkeit leicht überschritten werden. Die Verbrauchsanzeige am Armaturenbrett gerät dabei jedoch in den roten Bereich. Was die Zuladung anbelangt, sollte man eher kleines Gepäck und kleine Passagiere mit an Bord nehmen. Auf der Rückbank steht man mit 1,90 Meter Körpergröße jedenfalls unangenehm am Dach an. Wer die Rücksitzlehnen umlegt, erhält keine ebene Ladefläche. Die Ladekante ist relativ hoch.
Vernetzung
Am Display in der Mittelkonsole kann man sich aktuelle Verbrauchsdaten ansehen und die verbleibende Restreichweite ablesen. Die Verbindung mit dem Smartphone per Bluetooth klappt problemlos. Freisprechen sowie Musikwiedergabe (Spotify wird bevorzugt) funktionieren ebenfalls einwandfrei. Ganz intuitiv ist die Steuerung der Menüs nicht. Je nachdem, ob man zuvor den "Power"-Knopf gedrückt hat oder nicht, sieht man etwa während des Stromtankens Ladeinformationen oder nicht. Kleine Herausforderungen wie diese hat man aber schnell begriffen.
Aufladen mit Kniff
Beim Aufladen an einer Wallbox fiel die relativ geringe Ladeleistung auf. Laut G-Electric ist dies wohl der Herkunft des e-S2 geschuldet. Die Ladekonfiguration ist für das chinesische Stromnetz optimiert. Der Hersteller gibt die Ladezeit beim normalen Laden mit Wechselstrom daher auch mit rund 11 Stunden an. Ein witziges Erlebnis gab es beim Stromtanken an einer öffentlichen Ladesäule. Wer den Ladevorgang stoppt und anschließend das Ladekabel entriegeln will, findet am Auto selbst keine Möglichkeit dafür vor. Erst ein Druck auf die Aufsperren-Taste der Funkfernbedienung gibt die Stromstecker frei.
Die Reichweite konnte ich während meines Tests nicht in vollem Umfang testen. Der Verbrauch orientierte sich im Schnitt aber an tatsächlich zurückgelegten Kilometern - zumindest im Stadtverkehr. Auf der Autobahn purzeln die Reichweiten-Kilometer, wie bei Elektroautos üblich, schneller als die tatsächlich zurückgelegte Strecke.
Fazit und Preis
Am Heck des JAC e-S2 prangt in der Mitte ein Logo in einer Schriftart, während es wenige Zentimeter weiter rechts unten an der Heckklappe in einer anderen Schriftart auftaucht. Am Mittelkonsolen-Display erhält man eine so genannte "Reichweitenerinnerung", wobei der Zeilenumbruch aufgrund des langen deutschen Begriffs genau vor dem finalen "g" gewählt wurde. Wer über Schrulligkeiten wie diese hinwegsehen kann, findet mit dem Elektro-SUV aus China ein komfortables, solides Fahrzeug vor.
Im Alltag ist man damit umweltfreundlich und spritzig unterwegs. Dank Schnellladefunktion könnte man damit auch längere Fahrten antreten. Besonders schweres Gepäck oder große Fondpassagiere sollte man dabei aber nicht mitnehmen. Beim Aufladen per Wechselstrom lässt sich das E-Auto gerne Zeit.
Eines der schlagkräftigsten Argumente für den JAC e-S2 sollte der Preis sein. Der Listenpreis für das Basismodell ist 32.790 Euro. Abzüglich E-Auto-Förderung durch Importeur und Bund zahlt man 29.490 Euro. Zur Einführung erhält man 360-Grad-Kamera, Sitzheizung, Ledersitze, etc. ohne Aufpreis dazu. Für ein Elektroauto mit 40-kWh-Batterie ist das ein relativ günstiger Preis.
Kommentare