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ZTE Axon 20 im Test: Was die unsichtbare Selfie-Kamera kann

Das ZTE Axon 20 hat weder Notch, Loch oder sonst irgendeine Aussparung für die Selfie-Kamera. Stattdessen ist sie hinter dem Display versteckt.

Mit dem Axon 20 hat ZTE um den Jahreswechsel sein neues Spitzenmodell auf den österreichischen Markt gebracht. Es ist das erste Handy, bei dem sich die Selfie-Kamera nicht in einem Notch oder in einem Loch, sondern unter dem Display befindet - sie ist also unsichtbar (zumindest theoretisch). 

Auch abgesehen von dieser Neuerung hat das Handy für einen Preis von 349 Euro (4G-Version, UVP) einiges zu bieten. Wir haben das ZTE Axon 20 getestet.

Äußeres und Verarbeitung

Mit seinen Abmessungen von 172,1 x 77,9 x 7,98mm und einem Gewicht von 198 Gramm ist das Handy alles andere als kompakt ausgefallen. Das Display hat eine Diagonale von 6,92 Zoll und eben aufgrund der versteckten Front-Kamera keinen Notch und kein Loch. 

Unverständlich für mich ist der breite, schwarze Rahmen bzw. Totraum um das Display. So sind es an der Oberseite etwa 2 Millimeter, an der Unterseite sogar 4mm. Wenn man schon die Technik anwendet, die Frontkamera unter dem Display verschwinden zu lassen, hätte man hier einen möglichst großen Teil der Front mit Display ausstatten sollen. 

Insgesamt ist die Verarbeitung des Gerätes als gut zu bewerten. Die Glasrückseite wirkt hochwertig und die Spaltmaße sind gering. Der Kamerabuckel beherbergt 4 Linsen und steht etwa 1mm aus dem Gehäuse hervor. Dessen Kante ist für meinen Geschmack etwas zu scharf ausgefallen.

In Sachen Tasten und Anschlüssen liefert ZTE das Standardprogramm: Power-Taste, Lautstärkeregler und USB-C. Im SIM-Kartenslot kann entweder eine zweite SIM oder eine microSD-Karte zur Speichererweiterung eingesetzt werden. 

Nicht ganz unsichtbar

Ganz unsichtbar ist die Frontkamera nicht: Wenn das Display aus bzw. dunkel ist, lässt sich eine rechteckige, dunkle Stelle erkennen, in der die Linse untergebracht ist. Wenn man das Handy in einem bestimmten Winkel gegen das Licht kippt, ist auch die veränderte Spiegelung sichtbar.

Wenn das Display an ist, ist an der Stelle der Kamera eine verringerte Darstellungsqualität wahrnehmbar. Grund dafür ist der Aufbau: Um die Technik überhaupt zu ermöglichen, musste ZTE den kleinen Teil des Displays über der Kamera anpassen bzw. mit geringerer Pixeldichte ausstatten, was zu einer verringerten Auflösung führt. Das kann man mit freiem Auge erkennen.

Großaufnahme des Bereichs, wo sich die Kamera befindet

Abgesehen von der Kamera-Stelle ist die Darstellungsqualität des AMOLED-Screens ordentlich. Die Anzeige ist mit einer Auflösung von 2.460 x 1.080 Pixeln scharf, die Farben sind satt und die Kontraste kräftig. 

Mittig auf der Unterseite befindet sich der Fingerabdrucksensor unter dem Displayglas. Jener funktioniert so, wie ich es von anderen Geräten mit Sensoren unter dem Display kenne - weder besonders gut, noch besonders schlecht. Für den Alltag jedenfalls ausreichend. Alternativ kann man das Entsperren per Gesichtserkennung aktivieren. 

Die Fotos der Frontkamera

Die wichtigste Frage ist natürlich, was die versteckte Frontkamera überhaupt kann. Die Antwort lautet: Leider nicht besonders viel. Und das wird bereits nach den ersten Testfotos relativ schnell klar. In Innenräumen sind die Selfies sehr dunkel, Bildrauschen tritt massiv auf.

Der Grund dafür liegt auf der Hand: Da aufgrund des Displays über der Kamera weniger Licht zur Linse bzw. zum Sensor durchdringt, muss der Sensor die Sensibilität steigern - als wäre er in einer dünkleren Umgebung. Dieses Verhalten ist auch an den ISO-Werten der Selfies zu erkennen. Im folgenden Bild wird ein Selfie des Axon 20 mit einem des älteren Spitzenmodells Axon 10 vergleichen.

Um ansprechende Fotos hinzubekommen, regulierte das alte Handy mit Tropfen-Notch bei folgendem Foto den ISO-Wert auf 888  bei f2 und einer Verschlusszeit von 1/20. Das Axon 20 muss den ISO bei f2 und 1/17 gleich auf 3.200 schrauben, um die gleiche Helligkeit zu erzeugen. Das hat Auswirkungen auf die Darstellung. Der Ausdruck "Potato-Quality" kommt einem beim Betrachten der Bilder in den Sinn.

links: © Thomas Prenner

rechts: © Thomas Prenner

ZTE Axon 20 vs ZTE Axon 10

(falls das Bild nicht sichtbar ist, bitte hier klicken)

Relativ unbrauchbar sind auch die Fotos bei strahlendem Sonnenschein. So reflektiert das Sonnenlicht auf dem Display vor der Linse auf eine Art und Weise, dass es scheint, als würde ein Schleier über dem Bild liegen. Zwar hat ZTE versucht, diesen Bereich mit speziellen Folien besonders gut durchlässig zu machen - ganz verschwinden können die Bauteile bzw. das Glas vor der Linse aber natürlich nicht. 

Die einzigen halbwegs brauchbaren Fotos, die man mit der Under-Display-Kamera hinbekommt, gelingen bei gestreutem, hellem Licht. Wirklich gut sind die Fotos dann allerdings auch nicht. Farben sind blass, Details fransen aus. Die 32 Megapixel (!) maximale Auflösung bei f2 sind ziemlich verschenkt. 

Und die Hauptkamera

Die einzig brauchbaren Fotos, die man mit dem Axon 20 hinbekommt, gelingen mit einer der Kameras auf der Rückseite. Und jene sind immerhin relativ ansehnlich für ein 350-Euro-Handy. Bei halbwegs guten Lichtverhältnissen bekommt man mit der Hauptkamera, die maximal mit 64 Megapixel auflöst, schöne Aufnahmen hin. 

Mit einem Google Pixel, einem iPhone, oder einem Samsung Galaxy S20 (oder sogar S10) kann man die Fotos zwar nicht vergleichen, das Gerät liefert für seine Preisklasse aber eine vertretbare Leistung ab.

Innenleben, Software und Akku

Im Inneren des Axon 20 kommt ein System-on-a-Chip vom chinesischen Halbleiterhersteller Unisoc zum Einsatz. Die Octa-Core-CPU des UMS512T ist mit 2 x 2.0 GHz (Cortex-A75) und 6 x 2.0 GHz (Cortex-A55) getaktet. Für die Grafik ist eine Mali-GPU G52 MP2 zuständig. Der Arbeitsspeicher hat eine Größe von 6 Gigabyte. 

Im Großen und Ganzen bietet die Hardware genug Leistung, um Android 10 und die meisten Apps flüssig zu betreiben. Ab und an hakt es allerdings beim Multitasking und beim Öffnen von Apps. Eine ganz so flüssige Nutzererfahrung, wie bei aktuellen Spitzen-Smartphones, darf man sich nicht erwarten. 

Das Handy wird mit Android 10 ausgeliefert, darüber liegt ZTEs hauseigene Software MiFavor 10.5. Wie bei ZTE üblich, ist sie sehr nah an Stock Android angelehnt. Bloatware sucht man glücklicherweise vergebens, auch der Launcher hält sich an Googles Standard-Version.

Der Akku hat eine Kapazität von 4.220mAh. Die Stromversorgung reicht in der Regel aus, um durch einen Tag zu kommen. Viel mehr ist - vermutlich aufgrund des großen Displays und der hohen Auflösung - aber nicht drinnen. Das beiliegende Ladegerät lädt mit maximal 18W. Nach einer halben Stunde ist man von null auf 36 Prozent.

Technische Daten

  • Abmessungen: 172,1 x 77,9 x 7,98mm
  • Gewicht: 198g
  • Prozessor: Unisoc Octa-Core A75(2.0GHz*2) + A55(2.0GHz*6)
  • Speicher: 6GB RAM + 128GB interner Speicher
  • Erweiterung: microSD erweiterbar um bis zu 2TB
  • Akku: 4.220mAh 
  • Display: 6,92" FHD+ OLED Under-Display Camera 2.460 x 1.080 20,5:9
  • Frontkamera: 32MP FF AI Under-Display Kamera
  • Hauptkamera: 64MP AF + 8MP FF + 2MP FF + 2MP FF AI Quad-Kamera; max. Auflösung Foto: 9.216 x 6.912; max. Auflösung Video: 1080p
  • Software und UI: Android 10; MiFavor UI

Alle technischen Details auf der Webseite des Herstellers

Fazit

Dass ZTE es geschafft hat, die Kamera hinter einem aktiv nutzbaren Teil des Displays zu verpacken, ist zweifelsohne eine technische Leistung, die man würdigen muss. Und mit einem Preis von 349 Euro muss man noch nicht einmal viel Geld ausgeben, um hier zu den Early Adoptern zu gehören. 

Zum Kauf raten würde ich aber nur solchen Smartphone-Nutzern, die wirklich absolut gar keinen Wert auf die Qualität ihrer Selfies legen. Die Fotos sind in den meisten Situationen mehr oder weniger unbrauchbar und eignen sich nur bedingt für Erinnerungen oder um sie zu versenden.

In Situationen mit dem Handy, in denen ich ein halbwegs brauchbares Selfies machen wollte, habe ich zeitweise versucht, “blind” mit der Hauptkamera zu fotografieren - erwartungsgemäß mit mäßigem Erfolg. 

Abgesehen davon ist das Axon 20 für seinen Preis kein unattraktives Gerät. Die Verarbeitung stimmt, das große Display ist nicht nur für diese Preisklasse von überzeugender Qualität und die Hauptkameras liefern ordentliche Fotos. Etwas stromsparender hätte das Handy ausfallen sollen, denn mit über 4.000mAh sollten eigentlich mindestens eineinhalb Tage drinnen sein.

Pro und Contra

Pro

  • Coole neue Technik
  • Abgesehen von der Selfie-Kamera ein gutes Gesamtpaket
  • Attraktiver Preis

Contra

  • Umsetzung ist zwar cool, Selfies sind aber unbrauchbar
  • Akku könnte besser sein

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Thomas Prenner

ThPrenner

Beschäftigt sich mit Dingen, die man täglich nutzt. Möchte Altes mit Neuem verbinden. Mag Streaming genauso gern wie seine Schallplatten. Fotografiert am liebsten auf Film, meistens aber mit dem Smartphone.

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