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Im neu gestalteten Masterstudium Bioprocess Engineering lernt man beim Bierbrauen über Biotech-Prozesse

© FH Campus Wien/Schedl

Science

Wie man Bier und Medikamente in industriellem Maßstab herstellt

Mittels Biotechnologie wird eine Vielzahl an Produkten unseres täglichen Lebens hergestellt, von Zutaten für Lebensmittel, Chemikalien wie Zitronensäure oder Farbstoffe bis hin zu Medikamenten und Impfstoffen. Deshalb steht im Masterstudium Bioprocess Engineering der FH Campus Wien der Herstellungsprozess im Mittelpunkt. Insbesondere geht es darum, wie biotechnologische Verfahren in den industriellen Maßstab umgesetzt werden können.

Neuer Umweltfokus

"Dieses Studium bieten wir schon seit 23 Jahren an", erklärt Studiengangsleiter Michael Maurer. "Nun haben wir es einer Revision unterzogen. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten haben wir Trends analysiert und in den Lehrplan aufgenommen." 

Ein neuer Fokus liegt etwa auf Umweltbiotechnologie. Studierende lernen beispielsweise die Aufbereitung von Abwasser oder die Biogasproduktion kennen, oder auch, wie man bislang erdölbasierte Chemikalien biotechnologisch herstellt. Maurer: "Die Industrie tendiert in diese Richtung, dabei können wir Sie mit Know-how und Fachkräften unterstützen."

Simulieren ist günstiger

Ebenfalls neu ist ein verstärkter Fokus auf Digitalisierung. "Bei biotechnologischen Prozessen wird eine große Menge an Daten gesammelt, etwa durch Sonden in Bioreaktoren", erklärt Maurer. Um diese Daten effektiv nutzen zu können, wird heute vermehrt Künstliche Intelligenz eingesetzt. 

Wie Studierende dieses Potenzial nützen können, wird ihnen genauso beigebracht, wie digitale Zwillinge zu erstellen. "Experimente sind kostspielig. Bei tierischen Zellen, die Antikörper herstellen, kostet das Medium bis zu einigen hundert Euro pro Liter. Die Prozesse am Computer virtuell durchzuspielen, spart Zeit und Geld."

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Im neu gestalteten Masterstudium Bioprocess Engineering lernt man beim Bierbrauen über Biotech-Prozesse

Der gesamte Herstellungsprozess von Bier

Reale Versuche sind aber weiterhin ein wichtiger Bestandteil des Studiums. Dafür stehen moderne Labors zur Verfügung, unter anderem das "Scientific Brewhouse". "Das ist eine Brauanlage für Versuche im Pilotmaßstab", sagt Maurer. "Produziert wird darin Bier, aber uns geht es in erster Linie um den Prozess." Mittels Sensoren können etwa Faktoren wie Druck, Temperatur, Alkoholgehalt, Stammwürzegehalt, gelöster Sauerstoff, Schaumlevel, pH-Wert oder Redoxpotenzial im Fermentationsprozesse genau beobachtet werden.

Beim Bierbrauen können verschiedene Batches angelegt und verglichen werden. Am Ende folgt die Qualitätskontrolle, um das Getränk freizugeben. Auch die Abfüllung und Etikettierung wird Studierenden vermittelt, um einen kompletten Herstellungsprozess abzubilden. 

Das eigene Erzeugnis kann man dann auch mit nach Hause nehmen. Bis zu 150 Liter Bier sind das Endprodukt. "Es klingt lustig, aber man lernt dabei umfassend, worauf es ankommt", sagt Maurer. "Die Methoden sind im übertragenen Sinn auch für pharmazeutische Produkte anwendbar."

Breiter Wahlfachkatalog

Beim Thema Pharmazie ist die mRNA-Technologie einer der neuen Studieninhalte. Das Studium vermittelt hier, wie mRNA-Stoffe synthetisiert und in die Form eines Medikaments gebracht (formuliert) werden. 

"Unser Wahlfachkatalog ist sehr interessant", sagt Maurer. Durch die Größe der FH Campus Wien und ihrer nahezu 70 Studiengänge können auch Lehrveranstaltungen in anderen Disziplinen belegt werden, in denen es beispielsweise um nachhaltiges Ressourcenmanagement geht. Ein Thema, das ohnehin eng mit grünen Herstellungsprozessen verknüpft ist. Denn im überarbeiteten Studium liegt das Augenmerk verstärkt darauf, die einzelnen Prozessschritte auf ihre Nachhaltigkeit hin zu bewerten und dahingehend zu optimieren.

Berufsbegleitend und im Ausland

Das Masterstudium Bioprocess Engineering dauert 4 Semester und ist berufsbegleitend. Im letzten Semester gibt es ein "Mobilitätsfenster". Darin gibt es keine Anwesenheitspflicht, man kann Lehrveranstaltungen auch online besuchen. Dieser Zeitraum lässt sich auch dafür nutzen, Auslandserfahrung zu sammeln, sagt Maurer. "Man kann etwa an unserer Partnerhochschule in Barcelona sein und sich dennoch Vorlesungen in Wien anrechnen lassen. In anderen Ländern zu studieren ist etwas, das wir trotz berufsbegleitendem Studium fördern wollen. Es ist wichtig, über den Tellerrand zu schauen und andere Kulturen kennenzulernen."

Ein Teil der Lehrveranstaltungen findet in Englisch statt. Damit will die FH Campus Wien das internationale Betätigungsfeld abbilden, das sich durch den Studiengang eröffnet. "Es soll aber auch Studierende von Hochschulen in anderen Ländern animieren, bei uns zu studieren", sagt Maurer. "Mit 'Bioprocess Engineering' wollen wir die internationale Ausrichtung bereits im Namen verdeutlichen."

 

Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen FH Campus Wien und der futurezone entstanden.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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