Smartwatches sollen laut Apple künftig den Blutzuckerspiegel messen können. 

Smartwatches sollen laut Apple künftig den Blutzuckerspiegel messen können. 

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Wieso die Blutzuckermessung per Smartwatch auf sich warten lässt

Smartwatches können den Puls messen, den Sauerstoffgehalt im Blut bestimmen, sogar ein EKG erstellen. Den Glukosespiegel zuverlässig ermitteln, das ist Herstellern aber bisher nicht gelungen. Und das, obwohl Unternehmen, darunter Techgiganten wie Apple und Google, seit Jahren an entsprechenden Messgeräten forschen.

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Tatsächlich könnte eine Marktreife von sogenannten nicht-invasiven Glukosesensoren, die zuverlässig messen, gemäß Expert*innen noch Jahre dauern. Hürden gibt es viele. Sind die Sensoren genau, ist die Technik zu wuchtig. Passt die Elektronik auf das Handgelenk, sind die Messdaten wiederum zu unpräzise. Größtes Hindernis ist aber wider Erwarten nicht die Technik – sondern der schleppende Paradigmenwechsel am Markt.

Hoffnung auf „unblutiges“ Messen

Die Funktionsweise von nicht-invasiver Glukosemessung steckt im Namen. Es geht darum, den Glukosespiegel zu ermitteln, ohne dabei die Haut zu verletzten. Neben Sportler*innen wären solche Technologien vor allem für Personen mit Diabetes praktisch. Denn sie sind derzeit bei der Messung des Zuckerwerts auf invasive Methoden angewiesen.

Der Glukosespiegel wird entweder mit einer Blutprobe gemessen, die durch einen Stich in den Finger entnommen wird, oder mithilfe eines Sensors. Letzterer ist als sogenanntes "Continuous Glucose Monitoring" (kurz CGM) bekannt. Der CGM-Sensor wird unter die Haut eingeführt und misst den Glukosegehalt in der zwischenzellulären Flüssigkeit des Körpers. Er muss alle paar Tage gewechselt werden.

Was die Methoden gemein haben: Bei beiden wird die Haut durchstochen. Und das kann umständlich und vor allem unangenehm für Betroffene sein.

Diabetiker*innen waren jahrelang auf eine Messung per Stich in den Finger angewiesen. Heute gibt es zumindest Sensoren, die mehrere Tage bis Wochen auf der Haut verweilen. 

Glukosewert schwer zu bestimmen

Wenn Diabetespatient*innen so von der Technologie profitieren würden, wieso sind Konzerne dem Wunsch noch nicht nachgekommen? Immerhin wäre das Vorhaben lukrativ. Weltweit leiden laut Schätzungen von Gesundheitsorganisationen rund 550 Millionen Menschen an Diabetes.

Und eine Messung ist in der Theorie durchaus möglich. Glukose kann, ohne Blut abzuzapfen oder einen Sensor unter der Haut zu platzieren, mit 2 Methoden ermittelt werden. Erstens über Tränenflüssigkeit. Diesen Ansatz verfolgte Google mehrere Jahre. Der Techkonzern arbeitete an Glukose-messenden Linsen, die Entwicklung des Produktes stellte es allerdings 2018 ein.

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Die zweite Möglichkeit, Blutzucker nicht-invasiv zu messen, ist die sogenannte Spektroskopie. Dabei wird Licht in den Körper eingestrahlt, um eine bestimmte Metrik zu messen. „Wenn man Licht auf eine Oberfläche schickt, wird ein Teil des Lichtes zurückgeworfen, ein anderer Teil wird absorbiert“, erklärt Andreas Thomas, Experte für Diabetestechnologie, das Verfahren. „Aus diesem Absorptionsverhalten des Lichts kann man Komponenten in einem Stoff feststellen. Man bekommt einen Fingerabdruck der Bestandteile, die da drin enthalten sind“.

Ungünstiges Signal-Rausch-Verhältnis

Wem diese Technologie bekannt vorkommt, der besitzt womöglich selbst eine Smartwatch. Denn Spektroskopie wird bereits seit Jahren bei Fitnessuhren eingesetzt, um den Sauerstoffgehalt im Blut oder die Herzfrequenz zu messen. Beim Blutzucker gibt es allerdings ein entscheidendes Problem: Das Signal, das die Sensoren messen müssen, ist sehr klein.

„Nur 90 Milligramm pro Deziliter, das ist ein relativ kleiner Wert. Andere Komponenten sind durchaus deutlicher vorhanden: Wasser, Eiweiß, usw.“, erklärt Thomas in Bezug auf die Konzentration von Glukose im Blut. Andere Stoffe würden das Signal des Zuckers überlagern. Es ergäbe sich ein ungünstiges Signal-Rausch-Verhältnis, egal welche physikalische Methode bei der Messung zum Einsatz komme. „Die Frage ist immer, ob dieses Absorptionsverhalten dazu in der Lage ist, mir einen Wert zu liefern, der für die therapeutische Anwendung sinnvoll ist. Messen kann man vieles, es muss aber eben die nötige Genauigkeit aufweisen“, so der Experte.

Die Sensoren auf Smartwatches müssen besonders leistungsfähig sein, um Zucker präzise zu messen. 

Hürden bei Kosten, Größe und Umweltverträglichkeit

Kann eine solche Genauigkeit überhaupt gewährleistet werden? Ja, meint Experte Thomas. Es gäbe bereits hochsensible Sensoren am Markt, die in der Lage seien, das Signal des Blutzuckers von jenem anderer Substanzen zu unterscheiden – etwa in der Weltraumtechnologie. Diese ließen sich sogar auf eine Smartwatch packen. „Das Problem dabei ist, dass die in einem Preissegment liegen, das keine Kasse zahlen wird“, gibt Thomas zu bedenken.

Es gibt auch günstigere Sensoren, diese sind allerdings deutlich größer. Damit so ein Sensor darin Platz findet, bräuchte es Smartwatches, die wuchtiger und unhandlicher sind als derzeit übliche Modelle. Aktuelle Fertigungsmethoden für kleine Hochleistungssensoren sind noch zu aufwendig, um eine günstige Massenproduktion zu ermöglichen.

Schließlich müsse auch die Umweltverträglichkeit mitgedacht werden. Laut dem Experten könnten in der Mikroelektronik nicht einfach alle Materialien ohne Weiteres verwendet werden. Viele seien giftig und damit für den Einsatz in einem Medizinprodukt ungeeignet.

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Ich behaupte nicht, dass das jemand blockiert. Aber dass mit Nachdruck von großen Firmen daran geforscht wird, sehe ich nicht.“

Dr. Andreas Thomas | Über nicht-invasive Blutzuckermessung

Große Firmen im Stillstand

Die größten Hürden sind aber nicht Preis und Größe, sondern der schleppende Paradigmenwechsel am Markt. Aktuell ist die kontinuierliche Glukosemessung, bei der ein Sensor die Haut durchsticht und einige Tage auf dem Körper bleibt, bei Herstellern und Kund*innen beliebt. Für die Forschung an anderen Technologien herrscht daher bei Konzernen wenig Interesse.

Diesen Umstand vergleicht Thomas mit der Erfindung von Transistoren: „Die ersten Transistoren wurden 1947 entwickelt. Es hat aber bereits Leute gegeben, die haben Transistoren mit schlechteren Materialien in den 20er-Jahren hergestellt – allerdings zu einer Zeit, als die Röhrentechnologie auf dem Höhepunkt war“. Weil die Elektroröhre damals den Markt dominierte, habe sich der Transistor erst viel später durchgesetzt.

Der Erfolg einer Erfindung hängt immer auch mit den Gegebenheiten am Markt zusammen. „Ich behaupte nicht, dass das jemand blockiert“, sagt Thomas in Bezug auf nicht-invasive Messverfahren. „Aber, dass mit Nachdruck von großen Firmen daran geforscht wird, sehe ich nicht“. Kleine Firmen hätten wiederum zu wenig Mittel, um ein Produkt ausreifen zu lassen.

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Wann kommt die Marktreife?

Bis die Blutzuckermessung mit hoher Messqualität tatsächlich auf die Smartwatch kommt, dürfte es also noch einige Jahre dauern. Die Entwicklung der kontinuierlichen Glukosemessung zog sich über nahezu 2 Jahrzehnte hin, bis sie sich wirklich durchsetzen konnte. An nicht-invasiven Methoden wird sogar schon seit 1975 geforscht.

Thomas zeigt sich dennoch optimistisch: „Es ist schwer zu prognostizieren, wann die nicht-invasive Messung kommt". Pharmakonzerne würden mit der Zeit auf nicht-invasive Technologien umschwenken - zumal sie sich dadurch Verbrauchsmaterialien wie Teststreifen oder Einwegsensoren ersparen. „Ich denke, das kann man in den nächsten 5 Jahren auf jeden Fall schaffen“, schätzt der Experte. 

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Lisa Pinggera

lisa_bingernda

Von 2021 bis 2023 bei futurezone. Erzählt am liebsten Geschichten über Kryptowährungen, FinTechs und die Klimakrise. Schreibt aber über alles, was erzählenswert ist.

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