Wie Brücken bei fließendem Verkehr saniert werden können
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Straßen- und Eisenbahnbrücken sorgen für einen reibungslosen Verkehr ohne Umwege. Züge, Lkw und Pkw können so Hindernisse wie Flüsse oder tiefe Täler überwinden und dabei die kürzeste Strecke zurücklegen. Die Lebensdauer dieser Brücken ist aber begrenzt. Unter anderem können Wasser, Tausalz und andere Substanzen die Stahlbetonbauwerke schädigen und ihre Tragfähigkeit und Dauerhaftigkeit beeinträchtigen. Das hat entweder eine umfassende Sanierung oder gar einen Abriss mit anschließendem Neubau zur Folge.
Werden Brücken saniert, braucht der Beton jedenfalls viel Zeit zum Aushärten. Beim Bau neuer Brücken werden durch den Bauprozess hingegen hohe Mengen an CO2 freigesetzt. Straßen müssen in beiden Fällen langfristig gesperrt werden, was den Verkehr wiederum hemmt und die Umweltauswirkungen steigen lässt.
Aufrechter Verkehr
Diese negativen Konsequenzen will man künftig vermeiden. Im Rahmen des Projekts COUNT arbeitet das AIT Austrian Institute of Technology gemeinsam mit dem Forschungsunternehmen Smart Minerals an einer neuartigen Methode, mit der Brückensanierungen im aufrechten Verkehr möglich gemacht und Neubauten unnötig werden sollen.
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Im Rahmen des Verfahrens werden entsprechende Prüfkörper mit dem vom AIT entwickelten „Mobile Seismic Simulator“ (MoSeS) zum Schwingen gebracht. Dabei handelt es sich um ein Gerät, das hydraulisch auf und ab bewegt wird und dadurch Schwingungen erzeugt. Laut dem AIT-Projektverantwortlichen Christian Gasser entsprechen diese Schwingungen jenen Erschütterungen, die durch den Verkehr oder infolge von Erdbeben entstehen.
Fakten
Die höchste Brücke Österreichs ist mit 190 Metern die Europabrücke. Sie ist das Kernstück der Brennerautobahn in Tirol. Von ihrer Fertigstellung im Jahr 1963 bis 1973 war sie sogar die höchste Brücke Europas.
4.700 Autobahnbrücken gibt es in etwa in Österreich, wie eine Erhebung aus dem Jahr 2021 ergeben hat. Der Großteil mit über 3.300 Brücken sind Stahlbeton-Baukonstrukte. Fast 1.100 Brücken bestehen aus Spannbeton – 150 Bauwerke sind hingegen reine Stahlbrücken.
Aushärtender Beton
„Bei COUNT war es das Ziel, Erschütterungen von Brücken unter fließendem Verkehr mechanisch im Labor zu simulieren, um die Auswirkungen dieser Schwingungen auf den jungen, aushärtenden Beton zu untersuchen“, sagt Gasser der futurezone. Smart Minerals analysiert die Auswirkungen auf die Festigkeit und Lebensdauer des Beton-Stahl-Verbunds und prüft den Beton auf Gefügeveränderungen.
Ziel ist es, einen bestimmten Grenzwert für harmlose Erschütterungen beim Aushärten von Beton festzumachen. Untersucht werden dabei unterschiedliche Schwingungsarten bei verschiedenen Betonrezepturen. Ein maßgebender Faktor sei dabei der sogenannte Schwingweg, also die gegenseitige Verschiebung von altem und neuem Bauteil in Millimeter, die durch die Bewegungen ausgelöst wird.
Man wolle herausfinden, wie groß diese Verschiebung sein darf, damit der Beton seine geforderten Qualitätseigenschaften wie Festigkeit und Dauerhaftigkeit entwickeln kann.
Kosten und CO2
Die Vorteile einer solchen Methode sind vielfältig. Nicht nur würden Verkehrsbehinderungen durch Sanierung wegfallen, auch die Lebensdauer bestehender Brücken könne mit dem Verfahren erhöht werden. „Ausgelegt wird eine Brücke in der Regel auf 100 Jahre. Das ist die Theorie. In der Praxis ist es aber so, dass viele Brücken, die in den 60er- und 70er-Jahren gebaut worden sind, jetzt bröckeln“, sagt Gasser.
Das liege nicht nur am seither gestiegenen Verkehr, sondern auch an verschiedenen Umwelteinflüssen. „Wir kommen immer häufiger in die Situation, dass man Brücken instandsetzen, verstärken oder ausbauen muss“. Sie aus oder gar neu zu bauen sei aber Ultima Ratio und nur dann erforderlich, wenn eine Instandsetzung wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll ist.
Künftig könnten Neubauten generell öfter vermieden werden. „Wenn ich eine Brücke nicht neu bauen muss, erspare ich mir sowohl Kosten als auch CO2, das durch den Bauprozess verursacht wird. Zur Anschauung: Ein Kubikmeter Beton verursacht so viel CO2, wie eine Autofahrt von Wien nach Barcelona“, erklärt der Forscher.
Erste Ergebnisse
Das Projekt ist auf zweieinhalb Jahre ausgelegt. Die gewonnenen Erkenntnisse und entwickelten Techniken sollen künftig in Sanierungsprojekten zum Einsatz kommen. Unter anderem wurden bereits die Auswirkungen von Erschütterungen auf Beton mit und ohne Stahlbewehrung untersucht und ausgewertet.
„Was noch am Laufen ist, ist der Verbund von Beton zu Beton, also wenn man direkt den frischen Beton angießt und einen direkten Kontakt zum alten Betonbauteil hat“, ergänzt Gasser. Wie und ob diese Verbindung unter den Verkehrsschwingungen leidet, muss also erst noch untersucht werden.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen AIT und futurezone.at.
Alternativbeton entfernt Kohlendioxid aus der Luft
Beton wird aus Zement hergestellt, der einer der größten Klimasünder ist. Studien zufolge gehen rund 8 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen auf die Zementherstellung zurück. Jedes Jahr werden mehr als 4 Milliarden Tonnen Beton erzeugt. Für die Herstellung von Zement sind hohe Temperaturen und die Verbrennung von Brennstoffen erforderlich.
Um die Baubranche in Zukunft klimafreundlicher zu gestalten, hat ein Forschungsteam der Washington State University (WSU) einen Alternativbeton entwickelt, der ohne Zement auskommt. Das Besondere ist, dass er der Luft sogar Kohlenstoffdioxid entzieht.
Biokohle statt Zement
Anstatt des Zements kommt Biokohle zum Einsatz, welche durch Pyrolyse – eine thermische Spaltung chemischer Verbindungen – aus pflanzlichen Abfällen produziert wird. Die Biokohle wird mit sogenannten Betonabwässern aus der klassischen Betonherstellung übergossen, welche beim Reinigen von Betonmischern und diversen Werkzeugen entsteht.
Ein kleiner Teil Zement ist also sehr wohl enthalten – die Emissionen, die daraus entstanden sind, würden laut den Forscher*innen aber kompensiert. Die Biokohle im Beton entziehe der Luft 23 Prozent ihres Eigengewichts an CO2.
Dauerhafte Gas-Bindung
Das Gas wird dauerhaft gebunden, wodurch der Alternativbeton so hart wird wie herkömmlicher. Die Forscher*innen gehen davon aus, dass ein aus diesem Material hergestellter Beton während seiner gesamten Lebensdauer Kohlendioxid etwa 30 Jahre lang bei Straßenbelägen und 75 Jahre bei Brücken binden kann.
Ziel ist es, gemeinsam mit Industriepartnern aus dem Bausektor die Produktion für Feldversuche zu steigern und die innovative Technologie infolge auch zu lizenzieren.
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