Ein wachsendes Maisfeld und ein Traktor, der auf dem Feld arbeitet.

Symbolbild Landwirtschaft 

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Science

Menschliche Fäkalien könnten Dünger-Knappheit lösen

Es war zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als es den Forschern Fritz Haber und Carl Bosch gelang, Ammoniak mit dem Haber-Bosch-Verfahren im Industriemaßstab herzustellen. Das war ein Meilenstein für die Menschheit, da damit eine Lösung für die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerung gefunden werden konnte. 

Das Verfahren geht aber auch mit Nachteilen einher. Die Produktion von Ammoniak erfordert viel Energie und kann damit zu hohen CO2-Emissionen führen. Forscher der Cornell University haben nun eine Ergänzung zum energieintensiven Haber-Bosch-Verfahen gefunden, mit einer Ressource, die uns bestimmt nie ausgehen wird.

Biokohle aus menschlichen Fäkalien

Wenn Menschen ihr großes Geschäft erledigen, scheiden sie Giftstoffe, aber auch Nährstoffe aus. Diese Nährstoffe können wieder verwendet werden, um sie Nutzpflanzen zuzuführen und damit ihr Wachstum zu fördern. 3 Nährstoffe sind dabei essentiell für Nutzpflanzen: Stickstoff, Phosphor und Kalium

Laut den Forschern könne man aus menschlichen Fäkalien Biokohle herstellen, die den Pflanzen die Nährstoffe bereitstellt und damit die weltweite Düngemittelknappheit beheben könnte. Gleichzeitig könne damit die Umweltverschmutzung und der Energieverbrauch reduziert werden. 

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Biokohle für mehr Ernährungssicherheit

Bei Biokohle handelt es sich um eine Form von Holzkohle, die aus organischen Materialien wie menschlichen Fäkalien hergestellt werden kann. Die Autoren der Studie schätzen, dass die Nutzung von Biokohle aus festen menschlichen Exkrementen bis zu 7 Prozent des jährlich benötigten Phosphors liefern könnte. Fügt man Nährstoffe aus Urin hinzu, könnte 15 Prozent des weltweiten Phosphorbesdarfs, 17 Prozent des weltweiten Stickstoffbedarfs und 25 Prozent des Kaliumbedarfs gedeckt werden. 

Das ist besonders relevant, da mineralische Ressourcen knapp werden. Für Länder ohne Düngerreserven sei die Biokohle aus menschlichen Fäkalien deshalb wichtig, um die Ernährungssicherheit zu gewährleisten. Die Biokohle könne Länder in die Lage versetzen, „Lebensmittel ohne Abhängigkeit von importierten Düngemitteln zu produzieren und Probleme der Umweltgerechtigkeit im globalen Süden zu beheben, indem sie möglicherweise die Klimamigration mindert, deren Hauptursache unter anderem der Misserfolg der Landwirtschaft ist“, sagt Johannes Lehmann, der Hauptautor der Studie gegenüber dem Guardian

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Sauberer Dünger für die Pflanzen 

Schon heute werden behandelte Klärschlämme auf landwirtschaftlichen Flächen ausgebracht. Damit gehen aber auch Sorgen einher. Denn darin seien oft Mikroplastik, Ewigkeitschemikalien, Schwermetalle, Arzneimittel oder Kranhkeitserreger enthalten. 

Durch die aus menschlichen Fäkalien hergestellte Biokohle könnte dieses Problem vermieden werden, da die Abfälle bereits an der Quelle getrennt werden. Zusätzlich könne durch den Biokohle-Produktionsprozess aber auch besser auf die Bedürfnisse der Pflanzen eingegangen werden, indem nur die benötigten Nährstoffe zugeführt und Überdüngung vermieden wird. 

Dadurch würde ein großes globales Problem namens Eutrophierung, also übermäßige Nährstoffeinträge, gelöst werden. Denn wenn Stickstoff oder Phosphor in Gewässer gelangen, beschleunigt sich das Algenwachstum. Dadurch steht weniger Licht für andere Wasserpflanzen zur Verfügung, wodurch diese nach einer gewissen Zeit absterben. Und auch Tiere, die in diesen Gewässern leben, können durch den Sauerstoffentzug sterben.  

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CO2 Emissionen senken 

„Über Abwasser zu sprechen ist nicht so glamourös wie über erneuerbare Energien, aber die Vermeidung von Ressourcenverschwendung durch die Schaffung einer Kreislaufwirtschaft ist ebenfalls ein Schlüsselelement für den ökologischen Wandel“, so Lehmann. Laut der Studie könne durch das Verfahren noch ein Problem gelöst werden. 

Denn durch die Herstellung von Biokohle werden Gewicht und Volumen der festen Exkremente um bis zu 90 Prozent, im Vergleich zu Klärschlamm, reduziert. Dadurch könnte der Dünger weniger, aber dafür effizienter transportiert werden. Laut dem Weltklimarat ist die Landwirtschaft für 25 Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich. Ein Grund dafür ist, dass Nährstoffe, die dem Boden durch die Lebensmittelproduktion entzogen werden, durch mit dem Haber-Bosch-Verfahren hergestellte synthetische Nährstoffe aufgefüllt werden. 

Das Haber-Bosch-Verfahren nutzt Stickstoff aus der Luft, wodurch Ammoniak hergestellt werden kann. Diese Umwandlung verursacht pro Jahr aber rund 2,6 Milliarden Gigatonnen CO2. Zwar werden auch für die Herstellung von Biokohle hohe Temperaturen benötigt, das CO2 wird aber aus der Atmosphäre entfernt und in der Biokohle gespeichert, so die Forscher. 

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Sandra Czadul

Begeistert von Wissenschaft und stets auf der Suche nach Ideen, die uns voranbringen.

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