Ensemo injiziert Saatgut mit Mikroben

Ensemo injiziert Saatgut mit Mikroben

© Ensemo

Start-ups

Tullner Start-up spritzt Alternative für chemische Dünger direkt ins Saatgut

Stickstoffhaltige mineralische Düngemittel sind aus der Landwirtschaft kaum wegzudenken. Anders als natürlich stickstoffhaltige Dünger wie Mist, wird dieser Kunstdünger synthetisch unter hohem Energieaufwand hergestellt. Dafür werden oft fossile Brennstoffe wie Erdgas verwendet und das ist eine große Belastung für das Klima. 

Eine Alternative sind biologische Dünger, wofür das Saatgut mit Mikroorganismen behandelt wird. Doch dieser Prozess war bisher noch nicht wirtschaftlich genug, um ihn in einem großen Maßstab in der Landwirtschaft zu nutzen. 

3.000 Körner pro Sekunde

Das Tullner Start-up Ensemo hat mit ihrer patentierten Methode „SeedJection“ eine Maschine gebaut, die das ändert. „Die Anlage, die wir aktuell bauen, hat einen Durchsatz von 3.000 Körnern pro Sekunde“, sagt die Mikrobiologin Birgit Mitter im Gespräch mit der futurezone. 

Zusammen mit Nikolaus Pfaffenbichler gründete sie Ensemo 2021 als Spin-Off des AIT Austrian Institute of Technology. Unterstützt wird das Start-up unter anderem von der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (aws) im Rahmen des Preseed-Förderprogramms. Hier werden Projekte von der Idee bis zur Markteinführung mitfinanziert.

Die Maschine von Ensemo injizier Mikroben in das Saatgut

Die Maschine von Ensemo injizier Mikroben in das Saatgut

Damit wird man den straffen Zeitplänen in der saisongebundenen Saatgutproduktion gerecht. Innerhalb von Minuten müssen dabei Tonnen von Körnern bearbeitet werden. 

Keimling wird beim Aufschneiden nicht beschädigt

Die Saatkörner durchlaufen einzeln die Maschine, werden fixiert und an der richtigen Position aufgeschnitten, damit der Keimling nicht beschädigt wird, erklärt Mitter. „In der Maschine wird optisch mit Kameras geprüft, ob das Korn richtig liegt“. Liegt es falsch, so dass der Keimling beim Einstich beschädigt würde, wird das Saatgut wieder herausgeblasen. Liegt es auf der richtigen Seite, wird es aufgeschnitten, die mikrobielle Suspension wird eingespritzt und es wird mit einem biologisch abbaubaren Kleber wieder versiegelt. 

Zuvor wurde dieser Prozess oft von den Bauern selbst durchgeführt. Dabei werden die Mikroben außen am Saatgut angebracht. Nicht immer überstehen die Mikroorganismen diese Behandlung. Da die Mikroben durch die Ensemo-Maschine ins Innere des Saatguts gebracht werden, sind sie aber geschützt.

Das fertige, wieder verschlossene Saatgut

Das fertige, wieder verschlossene Saatgut

Die erste Maschine ist dabei auf eine Saatgutgröße limitiert: Soja und andere Leguminosen sowie Mais. Zukünftig sollen auch Gemüse und Sonnenblumen behandelt werden können. Für die Weiterentwicklung will sich Ensemo auch vergrößern und sucht neue Mitarbeiter.

Knöllchenbakterien liefern Stickstoff

Bei den Mikroben handelt es sich um Rhizobien, also Knöllchenbakterien. „Sie bilden eine Symbiose mit den Sojapflanzen an deren Wurzel“, erklärt Mitter. „Sie können Stickstoff aus der Luft fixieren und in Ammonium umwandeln. Das wird der Pflanze dann zur Verfügung gestellt.“ 

Sojapflanzen haben einen besonders hohen Stickstoffbedarf. Sie nehmen ihn u.a. in Form von Ammonium auf. Damit werden Stoffwechselprozesse in Gang gesetzt. Das steigert den Ertrag der Pflanzen und die Sojabohnen haben eine höhere Proteinqualität. Sie besitzen dafür von Natur aus Knöllchenbakterien, die werden aber erst im Laufe ihres Wachstums aktiv. Durch die Injektion zusätzlicher Bakterien können sie bereits während des Keimens Ammonium liefern.

Die Maschine könne ohne große Modifizierungen auch andere Mikroorganismen injizieren. So könnten den Pflanzen auch andere Düngemittel wie Phosphor zur Verfügung gestellt werden oder man gibt ihnen Antagonismen, also Abwehrmöglichkeiten gegen Krankheitserreger, sagt Mitter.

Mobile Maschine für Saisonnutzung

Die Maschine passt dabei vollständig in einen Schiffscontainer. Das macht auch ihren Transport einfacher, denn Ensemo will ihre Maschine nicht verkaufen, sondern vermieten. „Das hat den Vorteil, dass wir die Saisonalität des Marktes besser ausnutzen können“, erklärt Mitter. 

Sojasaatgut wird im Herbst geerntet und im Frühjahr verkauft. Den Rest des Jahres würde die Maschine ungenutzt bleiben. Durch die Vermietung könnte sie in dieser Zeit aber für anderes Saatgut genutzt werden.

Die erste Anlage wird für die Saatbau Linz bereitgestellt. Nach einem vielversprechenden Feldversuch mit behandeltem Soja auf 110 Hektar entschied sich der Saatguthersteller, eine Maschine von Ensemo für die Saatgutproduktion zu verwenden. Ab Frühjahr 2025 können die ersten damit Sojabohnen der Sorten Altona und Adelfia von Bauern gekauft werden, teilt Saatbau Linz auf LinkedIn mit

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).

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Franziska Bechtold

frau_grete

Liebt virtuelle Spielewelten, Gadgets, Wissenschaft und den Weltraum. Solange sie nicht selbst ins Weltall kann, flüchtet sie eben in Science Fiction.

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