Maisfeld
© Keith Nyanhongo

Start-ups

Wie Pflanzen 30 Tage Dürre ohne Bewässerung überleben können

Wasser ist in der Landwirtschaft ein zunehmend knappes Gut. Die steigende Anzahl an Hitzetagen und Dürreperioden führt immer öfter zu Ernteausfällen. Das Start-up Agrobiogel hat ein biologisches Hydrogel entwickelt, das die Wasserversorgung von Pflanzen auch in Dürregebieten über längere Zeiträume sicherstellen kann.

"Pflanzen können damit Trockenphasen besser überstehen und Bewässerungsintervalle können verlängert werden", sagt Christoph Ertl, Verkaufsleiter des in Tulln ansässigen Unternehmens. 1 Gramm des auf Holzabfällen basierenden Granulats, das durch die Wasseraufnahme in die Gelphase übergeht, kann 10 bis 15 Gramm Wasser speichern, sagt Ertl. Bis zu 30 Tage sollen Pflanzen damit ohne Bewässerung auskommen.

Granulat von Agrobiogel

Das Granulat von Agrobiogel

Das Gel speichert auch Nährstoffe und gebe sie langsam ab. Dadurch kann der Einsatz von Dünger reduziert werden, sagt Ertl. Über mehrere Jahre werde es komplett biologisch abgebaut und zerfalle zu Humus. Dies verbessert die Bodeneigenschaften und erhöht die Fruchtbarkeit.

Forschungen an der Boku in Wien

An dem auf Holzabfällen basierenden biologischen Wasserspeicher, der auch in Wüstengebieten eingesetzt werden kann, hat der Biotechnologe Gibson Nyanhongo seit mehreren Jahren an der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien geforscht. 2021 wurde Agrobiogel als Spin-off der Universität gegründet.  

Tomaten

Erste Produkte im Frühjahr

Im Frühjahr will das Start-up mit ersten Produkten für den Haus- und Gartenbereich in Österreich und Teilen Deutschlands auf den Markt kommen. Vertrieben werden soll das Biogel über ein Händlernetz. Im landwirtschaftlichen Bereich wolle man 2024 starten, sagt Ertl.

Zunächst soll das Hydrogel bei der Gemüseproduktion in Glashäusern und bei Neupflanzungen von Spezialkulturen, etwa Wein- und Obst in Trockengebieten, zum Einsatz kommen. Vor allem dort, wo es nicht die Möglichkeit zur Zusatzbewässerung gibt, sagt Ertl.

Künftig soll das Hydrogel auch auf verschiedene Pflanzenarten abgestimmt werden. Neben der Landwirtschaft soll das Gel auch in der Forstwirtschaft, in der Substratproduktion, der Landschaftsgärtnerei sowie für Begrünungen von Autobahn- und Bahnböschungen eingesetzt werden können.

Pilotproduktionsanlage

Im Tullner Zukunftspark wurde die erste Industrieskala-Demoaanlage errichtet. "Wir versuchen, was an der Boku im Kleinen auf der Laborskala entwickelt wurde, in einen industriellen Prozess zu überführen", sagt Tobias Keplinger, Chief Operating Officer (COO) des Start-ups. Die Anlage in Tulln soll Produktionspartner als Demonstration dienen. "Wir zeigen, wie das funktionieren kann."

Die Produktion für kleine Mengen ist bereits angelaufen. Noch heuer soll an dem Standort die Produktionskapazität auf einen 3-stelligen Tonnenbereich ausgebaut werden, kündigt Keplinger an.

Gibson Nyanhongo und Team

Agrobiogel-Gründer Gibson Nyanhongo (im Bild rechts) und Team

Suche nach strategischen Investor

Derzeit beschäftigt Agrobiogel am Standort Tulln 12 Mitarbeiter*innen. Finanziert wurde das Start-up bisher aus Eigenmitteln der Gründer sowie aus Projektförderungen, etwa von der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (aws). Im vergangenen Jahr wurde Agrobiogel auch eine Förderung des European Innovation Council (EIC) zugesprochen.

Im heurigen Jahr wolle man gezielt auf Investor*innen zugehen, sagt Ertl. Angepeilt wird ein strategisches Investment.

Einsatz in Dürregebieten

Großes Ziel des Start-ups ist es, das Hydrogel in Dürregegenden zum Einsatz zu bringen. "Wir schauen zunächst, dass wir in der Landwirtschaft in den umliegenden Ländern reüssieren können und werden dann, schrittweise, die weitere Expansion in Angriff nehmen", sagt Keplinger.

Die größte Herausforderung im kommenden Jahr werde es sein, den Produktionsprozess in ein bestehendes Industrieumfeld bei einem Produktionspartner einzubetten. Das Hydrogel müsse direkt dort produziert werden, wo der Rohstoff entsteht, sagt Keplinger. "Alles andere macht ökologisch und ökonomisch wenig Sinn."

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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