Fliegen auf anderen Planeten: Was kommt nach dem Mars-Helikopter?
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Am Sonntag hat der Helikopter Ingenuity seinen dritten Flug auf dem Mars hingelegt. Auch mit zunehmend komplexeren Manövern scheint der Roboter gut zurechtzukommen. Der Erfolg beflügelt die Vorstellungen von Wissenschaftern, die schon lange an der Erkundung anderer Planeten aus der Luft arbeiten.
Größere Drohnen
Sollte Ingenuity alle seine 5 geplanten Testflüge unbeschadet absolvieren, stünde der Entwicklung größerer Drohnen nichts im Wege, meint Chefingenieur Bob Balaram vom Jet Propulsion Laboratory der NASA. "Die grundlegende Dynamik dieser Maschinen kann man zu vernünftigen Größen hochskalieren. Wir denken etwa über Dinge in der Klasse zwischen 25 und 30 Kilogramm nach." Zum Vergleich: Ingenuity wiegt 1,8 Kilogram und befördert außer 2 Kameras keinerlei wissenschaftliche Instrumente. Die Nachfolger des Pioniers, der den ersten motorisierten Flug auf einen anderen Planeten verbuchen konnte, werden also größer sein und den Mars auf vielfältige Weise erkunden können.
Fliegende Roboter, auch Aerobots genannt, bieten eine Reihe von Vorteilen gegenüber Rovern am Boden: Sie können größere Gebiete beobachten, kommen schneller voran und gelangen an ansonsten unerreichbare Stellen. Welche Vorteile sie sonst noch bringen, wird klar, wenn man sich ansieht, welche Orte im Sonnensystem für die Erkundung zu Luft von besonderem Interesse sind.
Heiße Hölle
Auf der Venus kamen sogar schon 2 Mal fliegende Objekte von der Erde zum Einsatz (siehe unten). Der Nachbarplanet wird oft als Zwilling der Erde umschrieben, weil er fast gleich groß ist und aus den gleichen Materialien besteht. Auf der Venus soll vor langer Zeit auch mal ein riesiger Ozean existiert haben. An einem bestimmten Punkt hat sich der Planet jedoch ganz anders als die Erde entwickelt. Heute ist es dort sehr ungemütlich.
Die Venus hat eine dicke Kohlendioxid-Atmosphäre. Auf der Oberfläche herrscht ein Druck von 90 bar (so viel wie in 900 Meter Wassertiefe) und eine Temperatur von 400 Grad Celsius. Raumsonden, die darauf aufsetzten, hielten jeweils nicht lange durch. In 50 Kilometer Höhe herrschen jedoch 15 Grad Celsius, ein Druck wie auf der Erdoberfläche und starke Winde.
Ein Fluggerät würde also gute Bedingungen vorfinden. Ein Konzept dafür nennt sich VAMP. Dieser Entwurf des US-Rüstungskonzerns Northrop Grumman ist ein ultraleichtes Flugzeug mit aufblasbarer Struktur und Propellerantrieb. Mit 46 Meter Spannweite könnte es ein Jahr lang oder noch länger durch die Venus-Atmosphäre gleiten und dabei auch nach Spuren von Leben suchen.
Blick unter die Wolken
Konkrete Pläne gibt es schon für die Erkundung des Saturnmonds Titan. Er ist von einer dicken Stickstoffschicht umgeben, die den Blick auf die Oberfläche verhüllt. Mit einer Helikopter-Drohne mit 8 Rotoren namens Dragonfly will die NASA die Geheimnisse von Titan enthüllen. Weil Solarpaneele zur Energieversorgung nicht ausreichen würden, wird eine Radionuklidbatterie an Bord sein.
Dragonfly soll den Mond sowohl aus der Luft studieren, als auch zwischendurch auf der kalten Oberfläche (-180 Grad Celsius) landen und Proben nehmen. Die Atmosphäre des Titan ist viermal so dicht wie jene der Erde. Im Gegensatz zum Mars (nur 1 Prozent Atmosphärendichte) sollte das Fliegen dort also sehr leicht sein. Der Dragonfly-Start ist für 2027 geplant.
Ballons: Leicht, umtriebig und steuerbar
Ein vermeintlich einfach einsetzbares, wenngleich antriebsloses Fluggerät zur Erforschung anderer Planeten, stellen Ballons dar. Sie benötigen beim Transport wenig Platz, haben einen genaueren Blick auf Planeten als Satelliten und können durch Luftströmungen große Gebiete auskundschaften. An Ballon-Aerobots wird daher intensiv getüftelt.
Der bisher einzige Praxiseinsatz fand 1985 statt. Damals nahmen die 2 sowjetischen Vega-Raumsonden jeweils einen Ballon mit zur Venus. Der erste gab in der harschen Atmosphäre nach einer Stunde den Geist auf, der zweite lieferte 2 Tage lang wertvolle Daten.
Eine Idee für künftige Ballons auf anderen Himmelskörpern sind Ballons, die die Hitze der Sonne nutzen, um tagsüber aufzusteigen und bei Nacht auf den Boden abzusinken. Aber auch das Mitführen von Gastanks, um die Flughöhe zu variieren, ist möglich.
Position halten
Von Ballonprojekten auf der Erde weiß man, dass man die Position über einem Punkt auf der Oberfläche durch das Ausnutzen von Winden in unterschiedlichen Höhen gut halten kann. Gezeigt hat das u. a. das Google-Projekt Loon. 2017 haben die Google-Ballone Teile von Puerto Rico mit Internet versorgt, nachdem ein Hurrikan die übliche Infrastruktur zerstört hatte.
Neben Ballons könnten künftig bei der Planetenerforschung aber auch Luftschiffe zum Einsatz kommen. Auch hier gibt es bereits Konzepte, etwa HAVOC der NASA. Dabei sollen sogar Astronauten an Bord sein und die Venus erforschen.
Frag die futurezone
In der Rubrik „Frag die futurezone“ recherchieren und beantworten wir ausgewählte Fragen zu Tech-Themen für euch.
Stellen könnt ihr sie entweder hier in den Kommentaren – das hat den Vorteil, dass sich auch andere Nutzer mit Tipps zu Wort melden können - oder mit einer E-Mail an die Adresse redaktion@futurezone.at - Betreff: “Frag die futurezone”.
Kommentare