Forscher erzeugen Mammutfleischbällchen im Labor
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Wer auf Fleisch verzichtet und es durch pflanzliche Alternativen ersetzt, kann seinen CO2-Fußabdruck enorm reduzieren. Weltweit ist die Nahrungsmittelproduktion für 26 Prozent aller Treibhausgasemissionen der Menschheit verantwortlich. Davon entfallen 15 Prozent auf tierische Produkte. Lebensmittelhersteller haben das Problem erkannt. Viele forschen vermehrt an Alternativen zu Hühner-, Schweine- oder Rindfleisch, um der Nachfrage nach nachhaltigeren Optionen nachzukommen.
Ein australischer Lebensmittelhersteller hat sich für eine besonders unkonventionelle Fleischsorte entschieden: Mammut. "Vow" hat aus der DNA des ausgestorbenen Tieres, Fleisch herangezüchtet und bereits ein erstes Produkt hergestellt, ein Fleischbällchen.
Mit dem Projekt will das Unternehmen das Potenzial von aus Zellen gezüchtetem Fleisch demonstrieren. Es hat bereits mit Zellen von mehr als 50 Arten - darunter Alpaka, Büffel, Krokodil, Känguru oder Pfau - experimentiert.
Fleisch "erfinden"
"Wir haben ein Problem mit Verhaltensänderungen, wenn es um den Fleischkonsum geht", sagt Vow-Geschäftsführer George Peppou gegenüber dem Guardian. Ziel sei es, mehrere Milliarden Fleischkonsument*innen weltweit vom Verzehr von konventionellem tierischem Eiweiß abzubringen. "Wir glauben, dass der beste Weg, dies zu tun, darin besteht, Fleisch zu erfinden. Wir suchen nach Zellen, die leicht zu züchten, wirklich schmackhaft und nahrhaft sind, und mischen sie dann, um köstliches Fleisch zu erzeugen", erklärt Peppou.
Doch wieso hat sich Vow ausgerechnet für Mammutfleisch entschieden? "Es ist ein Symbol für den Verlust der Artenvielfalt und für den Klimawandel", sagt Vow-Mitgründer Tim Noakesmith. Forschende gehen davon aus, dass das Aussterben des Tieres eine Folge der Jagd durch den Menschen ist.
Kombination mit Elefanten-DNA
Das Mammutfleisch wurde aus konservierter DNA des ausgestorbenen Tieres erzeugt. Vow schloss sich hierfür mit dem Bioengineering-Experten Ernst Wolvetang von der Universität Queensland zusammen. Er und sein Team kombinierten die DNA-Sequenz für Mammut-Myoglobin - ein wichtiges Muskelprotein, das dem Fleisch seinen Geschmack verleiht - mit jener von Elefanten. Die daraus resultierende Sequenz wurde dann mit Stammzellen eines Schafes verbunden. Diese Zellen konnten schließlich repliziert werden und zu 20 Milliarden Zellen heranwachsen. Dies ermöglichte eine Züchtung im großen Stil und eben die Herstellung eines Mammut-Fleischbällchens.
Noch hat es allerdings niemand probiert. "Wir haben dieses Protein seit Tausenden von Jahren nicht mehr gesehen", sagt Wolvetang. "Wir haben also keine Ahnung, wie unser Immunsystem reagieren würde, wenn wir es essen." Bei einem zweiten Anlauf wolle man aber eine Verkostung ermöglichen, so der Experte.
Diskussion anstoßen
"Durch den Anbau von Rind-, Schweine- und Hühnerfleisch sowie von Meeresfrüchten können wir am meisten zur Verringerung der Emissionen aus der konventionellen Tierhaltung beitragen", schätzt Seren Kell vom Good Food Institute Europe Vows Vorhaben ein. "Ich hoffe, dass dieses faszinierende Projekt neue Gespräche über das außerordentliche Potenzial von kultiviertem Fleisch für die Erzeugung nachhaltigerer Lebensmittel anstoßen wird".
Vow hat bisher 56 Millionen US-Dollar (52 Millionen Euro) an Investitionen erhalten. Demnächst bringt es Fleischprodukte auf den Markt, die aus Zellen der japanischen Wachtel herangezüchtet wurden.
Wiederbelebung ausgestorbener Spezies
Vow ist nicht das einzige Unternehmen, das sich für die DNA ausgestorbener Tiere interessiert. Die "De-Extinction"-Firma Colossal versucht etwa Spezies wie den Tasmanischen Tiger, den Dodo oder eben das Wollhaarmammut wieder zum Leben zu erwecken.
Auch Colossal möchte mit seinen Klonen gegen den Klimawandel vorgehen und die Artenvielfalt fördern. Wie die futurezone berichtete, melden Experten an dem Unterfangen aber Bedenken an. Einerseits sei es schwierig, Erbgut von ausgestorbenen Arten, mit dem von nahen Verwandten zu kombinieren. Auch das Überleben der neuen "Hybride" und die Auswirkungen auf die jeweiligen Ökosysteme könnten nur schwer abgeschätzt werden.
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