Kleine Schweinchen in einem Schweinestall

Von Schweinefleisch essen die Österreicher*innen am meisten. Hier könnte eine Ernährungsumstellung viel zum Tierwohl beitragen

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Science

Ganz Österreich isst vegan: Was das für das Klima bringen würde

Wer beim Essen auf tierische Produkte verzichtet oder sich gar rein pflanzlich ernährt, kann seinen eigenen CO2-Fußabdruck drastisch reduzieren. Wie wir vor einigen Wochen berichtet haben, könnte man mit Investitionen in Fleischersatzprodukte mehr Emissionen einsparen, als mit den meisten anderen Klimaschutzmaßnahmen.

Eine neue Studie zeigt nun auf, welche Effekte eine Reduktion des Fleischkonsums in Österreich hätte.

Zwei Drittel weniger

Derzeit werden durchschnittlich 59 Kilogramm Fleisch pro Person im Jahr gegessen. Die Studie, die vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) und dem Zentrum für Globalen Wandel und Nachhaltigkeit der BOKU durchgeführt wurde, nimmt 3 verschiedene Reduktionsszenarien an. Das quasi Mildeste davon geht von der Empfehlung der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE) aus. Die lautet, pro Kopf und Jahr lediglich 19,5 Kilogramm Fleisch zu konsumieren - nur aus gesundheitlichen Gründen.

Würde ganz Österreich dieser Ernährungsempfehlung folgen, könnte man den heimischen Bestand von 108,1 Millionen Tieren zur Produktion von Nahrungsmitteln um 64,2 Millionen Tiere reduzieren. Durch wegfallende Weide- und Anbauflächen für die Futterproduktion würden 686.857 Hektar Land frei werden. Das entspricht beinahe der Größe des Bundeslandes Salzburg. Auf einem Teil davon könnte man jene Pflanzen anbauen, mit denen man Fleisch ersetzen möchte. Dann bleibt aber immer noch Fläche übrig, die man zur Renaturierung oder Aufforstung verwenden könnte.

Dadurch, dass Tiere mehr Fläche im Stall zur Verfügung hätten, könnte man bei Rindern und Schweinen fast vollständig jene Raumverhältnisse schaffen, die für Bio-Standards notwendig wären. Eine Ernährung mit zwei Drittel weniger Fleisch würde zu 28 Prozent weniger Treibhausgasemissionen im Ernährungsbereich führen.

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Auf der Weide bliebe viel Platz, wenn sich die Ernährungsgewohnheiten in Österreich ändern. Für die Tiere wäre es gut, für die Menschen auch

Zwei Steigerungsstufen

Bei einer ovo-lacto-Vegetarischen Ernährung (OLV) gebe es noch stärkere Effekte. Isst ganz Österreich zwar Eier und Milchprodukte, aber kein Fleisch mehr, könnte der Tierbestand um 100,3 Millionen Tiere verringert werden, es blieben 1.013.533 Hektar übrig (etwas mehr als Kärnten). Die Emissionen gingen um 48 Prozent zurück.

Geht man noch einen Schritt weiter und ganz Österreich würde sich vegan ernähren, bräuchte man keines der 108,1 Millionen Nutziere mehr. Die Restfläche würde sich noch einmal dramatisch erhöhen, auf 2.032.247 Hektar (mehr als Niederösterreich).

Der große Sprung gegenüber dem OLV-Szenario ergibt sich durch den kompletten Wegfall von Weide- und Futteranbauflächen, erklärt Studienleiter Martin Schlatzer vom FiBL: "50 bis 60 Prozent der Äcker werden derzeit in Österreich für Tierfutter verwendet." Im Ernährungsbereich würde man 70 Prozent weniger Treibhausgase ausstoßen. Damit könnte man mehr als die Hälfte der CO2-Reduktionen abdecken, die Österreich laut Pariser Klimaschutzabkommen bis 2030 erfüllen muss.

Weniger Zoonosen

Alle 3 Szenarien hätten weitere Vorteile. Die Bevölkerung wäre gesünder, man müsste weniger Futtermittel importieren und den Tieren ginge es besser, so die Studie. Eine abgespeckte Tierhaltung würde auch das Risiko von Zoonosen senken, also ursprünglich von Tieren auf Menschen übertragene Krankheiten wie COVID-19. "In der Tierhaltung werden ca. 40 Prozent aller in Österreich verbrauchten Antibiotika eingesetzt. Die Intensivtierhaltung verursacht einen hohen Stress", sagt Schlatzer.

Wie genau die Bevölkerung dazu gebracht werden soll, weniger Fleisch zu essen, stehe auf einem anderen Blatt. "Das hängt von uns als Gesamtgesellschaft ab", sagt Schlatzer. "Es ist wichtig, das Problem erst einmal zu erkennen und eine Diskussion anzustoßen, wie eine nachhaltigere, tier- und klimafreundliche Landwirtschaft und Ernährung aussehen könnte." Eine Reduktion des Fleischkonsums zahle sich jedenfalls in vielfältiger Weise aus. Schritt für Schritt sei solch eine große Veränderung schon zu schaffen.

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Was aus den Landwirt*innen wird

Statt 59 Kilogramm Fleisch nur noch 19,5 Kilogramm pro Jahr zu essen, würde für viele Österreicher*innen eine radikale Umstellung bedeuten. "Dabei ist die Empfehlung der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung ohnehin recht konservativ. Andere Gesundheitsstudien raten zu noch weniger Fleisch", sagt Veronika Weissenböck von Vier Pfoten. Die Tierschutzorganisation hat die Studie zu den Auswirkungen eines reduzierten Fleischkonsums in Auftrag gegeben.

Deren Ergebnisse sollten nun im besten Fall sowohl Politiker*innen aufrütteln, als auch Privatpersonen und Unternehmen. "Österreichs Landwirtschaft muss schauen, wie sie konkurrenzfähig bleibt. Es ist besser, auf Qualität und Tierwohl zu setzen, als auf billig angebotene Massenware." Erreicht werden könnte das u. a. durch ein neues Fördersystem, bei dem nicht Fläche, sondern Tierwohl entscheidet. Viele Schweine werden immer noch auf Vollspaltenböden gehalten.

Viel erreichen könne auch eine Kennzeichnung für die Art der Tierhaltung: "Bei Eiern hat das schon dazu geführt, dass es in Supermärkten keine Käfigeier mehr gibt." Ein Herkunftsnachweis könne dazu beitragen, Fleisch als ressourcenintensives und wertvolles Produkt wahrzunehmen. Eine Möglichkeit für Landwirte, sich umzuorientieren, sei die Herstellung von Ölsaaten. Freilich müssten mehrere Faktoren ineinandergreifen, um es für Menschen attraktiv zu machen, als Landwirt*innen zu arbeiten. 

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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