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Science

NASA überlegt, wie die ISS entsorgt werden soll

Seit über 30 Jahren ist die Internationale Raumstation (ISS) die einzige Außenstelle der Menschheit im Weltraum. Auf ihr forschen Wissenschafter*innen aus aller Welt (siehe unten) und führen täglich vor, wie internationale Kooperation funktionieren kann. 1998 wurde mit dem Bau der Station begonnen. Ursprünglich ging man von einer Einsatzdauer von 30 Jahren aus.

Nach Überschreiten dieser Marke rückt das Ende der ISS nun in Griffweite. Die größten Teilhaber, USA und Russland, sind unterschiedlicher Auffassung, was den genauen Zeitpunkt betrifft. Russland spricht von einem Rückzug seiner Kosmonaut*innen im Jahr 2025. Die NASA hält die Station bis 2028 für einsatzfähig. Doch was genau soll passieren, wenn der Tag des Abschieds gekommen ist?

Absturzplan

Mit der Frage haben sich die Weltraumagenturen schon lange beschäftigt. 2010 hat die NASA einen Plan entwickelt, der einen kontrollierten Absturz vorsieht. Genau wie die russische Raumstation Mir am 23. März 2001, könnte die ISS in den so genannten „Raumschifffriedhof“ gelenkt werden. Das ist ein Gebiet im Südpazifik, das fernab jeglicher Landmasse und Siedlung liegt. Was dort zum Absturz gebracht wird, kann niemandem auf den Kopf fallen.

Dass eine riesige Raumstation mit 110 Meter Länge und einer Masse von 450 Tonnen genau dort landet, ist freilich eine technische Herausforderung. Laut dem NASA-Plan könnte ein russisches Progress-Raumschiff mit modifiziertem Antrieb die ISS zu ihrer letzten Ruhestätte geleiten.

Angespannte Lage

Für den Plan müssten sich die NASA und ihr russischer Gegenpart, Roskosmos, einig werden und sich die Kosten teilen. Aus momentaner Sicht erscheint das schwierig. Die NASA hegt nach einem gefährlichen Zwischenfall Ende Juli, bei dem das russische Modul Nauka unkontrolliert seine Triebwerke zündete, gewisse Zweifel an der Zuverlässigkeit russischer Technologie.

Eine abstruse Behauptung aus Russland, wonach eine US-Astronautin 2018 die ISS sabotiert haben soll, verschärft die aktuellen Spannungen zwischen den Weltraumgroßmächten.

Im Weltraum lassen

„Die ISS zu versenken, wäre ohnehin sinnlos“, meint der Raumfahrtexperte Eugen Reichl zur futurezone. Ihm zufolge seien 60 bis 70 Prozent der Raumstation auch nach Abzug der gesamten Besatzung noch nutzbar. Aus technischer und wirtschaftlicher Sicht sei es also besser, die ISS bleibe im All. Teile davon könne man für eine neue Raumstation verwenden, die künftig im Mondorbit entstehen soll. Das sei günstiger, als auf der Erde neue Module zu bauen und zum Mond zu schicken. Technisch stelle der Transport kaum ein Problem dar. In eines der Starship-Raumschiffe, die Elon Musks Unternehmen SpaceX derzeit entwickelt, könne man ISS-Module vollständig einpacken.

Seine eigenen Module könne Russland auch für eine rein russische Raumstation verwenden. Dass eine solche in Planung ist, darüber wurde in den vergangenen Jahren immer wieder spekuliert. China baut derzeit schließlich auch eine eigene Raumstation.

Laut Reichl könnte die ISS auch mit einem angedockten Raumschiff in einen höheren Orbit gebracht werden. Momentan befindet sie sich ca. 420 Kilometer über der Erdoberfläche, man könnte sie auf 1.000 Kilometer anheben. Dort könne die Station ohne ständigen Zusatzschub lange Zeit verbleiben und – wenn man gar nichts besseres damit anfangen kann – als Ziel für Weltraumtouristen oder interkulturelle Gedenkstätte weiter existieren.

US-Astronautin mit Mini-Gewächshaus an Bord der ISS

Astronautin Megan McArthur kümmert sich momentan u.a. um die jungen Paprika-Pflanzen auf der ISS

Woran in der ISS derzeit geforscht wird

An Bord der ISS werden zeitgleich hunderte Forschungsprojekte durchgeführt. Die meisten davon befassen sich mit den Möglichkeiten, die die Schwerelosigkeit bietet. Unter anderem werden in eigenen Mini-Gewächshäusern Pflanzen gezüchtet. Aktuell wird etwa ausprobiert, Paprika wachsen zu lassen. Das wurde noch nie zuvor im Weltraum versucht, weil Paprika relativ viel Zeit benötigt, um Früchte auszubilden. Auf der ISS laufen mehrere ähnliche Experimente. Bei längeren Weltraummissionen könnte die Pflanzenzucht überlebenswichtig werden.

Ein anderer aktueller Forschungsbereich ist die Genetik. Durch die starke Strahlung im Weltraum könnte es künftig notwendig sein, beschädigte DNA zu reparieren. Deshalb wird im All versucht, Teile des Erbguts von Hefepilzen zu entfernen, diese zu reparieren und wieder in einen DNA-Strang einzusetzen.

Viele der Experimente auf der ISS sind in kleinen Forschungsstationen untergebracht, die wie Fächer in langen Regalreihen an den Wänden der Station angebracht sind. Eines dieser Physikexperimente beschäftigt sich mit der Konstruktion von Nanomaterialien mit Hilfe von Magnetfeldern. Außerdem getüftelt wird an Robotern. In der Station unterwegs sind etwa mehrere „Astrobees“, die sich mit Hilfe von Propellern durch die Raumstation bewegen können. Für sie wird u.a. Software entwickelt, um sie vollautonom auf Kontrollflüge durch die ISS zu schicken.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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