Wie eine ständige Mondkolonie aussehen wird, lässt sich noch nicht genau sagen.

Wie eine ständige Mondkolonie aussehen wird, lässt sich noch nicht genau sagen.

© ESA/Foster + Partners

Science

Leben auf dem Mond: In der Höhle wohnen und Urin trinken

Es ist das Jahr 2090. Es hat zwar länger gedauert, als von NASA und ESA erhofft, aber die Menschheit hat jetzt eine ständige Behausung am Mond. In diesem Szenario nehmen wir euch mit auf eine Rundtour durch unsere Mondbasis.

Rund geht es auch gleich beim Morgensport zu. Scheinbar mühelos laufen wir die kreisförmige Steilwand entlang. Fast senkrecht wurde sie in der Mitte der Mondbasis aufgestellt. Auf der Erde würde sie an die “Wall of Death” erinnern, wie man sie von Motorsport- und Akrobatikshows kennt.

Läuft man mit genügend Geschwindigkeit an der Innenseite der Mauer entlang, drückt einen die Zentrifugalkraft nach außen - ähnlich wie in einer übergroßen Salatschleuder.

Dieses tägliche Training ist wichtig für die Bewohner des Erdtrabanten, um ihre Muskelmasse und Knochendichte in der geringen Gravitation nicht zu verlieren. Bereits nach ein paar Minuten ist das Training zu Ende.

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Mondbasis in Höhle

Die Mondbasis befindet sich in einer ehemaligen Lavaröhre im Mare Tranquillitatis, wo auch die erste Mondlandung stattfand. Ein 100 Meter breiter und 170 Meter tiefer Krater führt unter die Mondoberfläche.

Bis vor kurzem mussten die Astronauten ein Jetpack benutzen, um aus dem Krater herauszufliegen. Klingt lustig, verbrauchte aber viele Ressourcen für den Treibstoff. Und die mehrfachen Beinahe-Unfälle zeigten, dass zum Jetpack mehr gehört, als nur einen "nach oben"-Knopf zu drücken. Nun wurde ein Lift installiert.

Eine 3D-Ansicht der Lavaröhre.

Eine 3D-Ansicht der Lavaröhre.

Der Lift ist zwar langsamer, kann aber mehr Material transportieren. Der Standort der Mondbasis ist jedenfalls nicht zufällig gewählt - in der Höhle herrschen gemütliche 17 Grad Celsius, die Mondbewohner sind dort vor der extremen Kälte und Hitze der Mondoberfläche geschützt. Die Vorteile überwiegen also den zeitraubenden Auf- und Abstieg.

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Gebäude aus Mondstaub

Die Mondbasis selbst besteht aus mehreren kleinen Gebäuden, in denen man lebt, arbeitet und Pflanzen anbaut. Einige ähneln aufgeblasenen Ringen, andere bestehen aus Ziegelsteinen. Diese Ziegel wurden aus Mondstaub (Regolith) geformt und enthalten ein chemisches Bindemittel, das den Staub zusammenhält. Über ein 3D-Druck-Verfahren werden die einzelnen Bausteine angefertigt.

Das sorgt aber auch für Probleme unter den Mondbewohnern. Viele leiden an “lunarem Heuschnupfen”, weil der feine Staub Nase und Lunge reizt - egal, wie gut man sich dagegen schützt. Irgendwie kommt der Staub immer ins Habitat.

Trotz Niesen und darüber fluchen ist es gut, dass Regolith im Überfluss vorhanden ist. Aus dem Mondstaub beziehen die Astronauten nämlich auch Wasser und Sauerstoff. Dabei wird er bei etwa 1.000 Grad gebacken, wodurch Gas entweicht, aus dem die Astronauten Wasser und Sauerstoff extrahieren können.

Als Abfallprodukt entstehen Methan und Wasserstoff. Daraus wird wiederum Treibstoff gemacht. Früher wurden damit etwa die Jetpacks versorgt, jetzt dient er zur Notstromerzeugung.

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Energie aus Mini-AKW

Die Energie der Basis stammt aus einem Mini-Kernkraftwerk mit 10 Megawatt Leistung - so viel wie etwa 2 moderne Windkraftanlagen an Land. Die Anlage von Rolls-Royce soll über Jahrzehnte die Stromversorgung der Basis sicherstellen. Während des 2-wöchigen Mondtags stammt die meiste Energie aus Photovoltaik.

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Auf dem Programm steht heute eine 18-stündige Expedition zur chinesischen Mondforschungsstation - der Tag wird also lang. Wir schlüpfen in unseren Raumanzug.

Dieser verfügt über ein Filtersystem, der unseren Urin in Trinkwasser umwandelt. Damit werden wir kontinuierlich mit Flüssigkeit versorgt, zusätzlich zum eingebauten Frischwassertank im Anzug. Klingt grauslich, schmeckt aber glücklicherweise neutral. Neuankömmlige am Mond (wir nennen sie Moobies, abgekürzt aus Moon Newbies) brauchen trotzdem oft ein paar Tage, um sich mit dem Gedanken anzufreunden.

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Tipp: Versuchen, während den Expeditionen es "zusammenzuzwicken" (wer nicht pinkelt, trinkt auch keinen Urin), ist keine gute Idee. Das sorgt nur für Unbehagen und reduzierte Konzentrationsfähigkeit. Damit gefährdet man sich nicht nur selbst, sondern auch die anderen Expeditionsteilnehmer.

Mit Buggy und Roboterhund unterwegs

An unserer Seite ist der Roboterhund Luna, der uns bei unserer Mission unterstützt und unseren Mond-Buggy begleitet. Er sammelt Daten über das Gelände und warnt uns etwa vor Mondlöchern, die mit weichem Sand gefüllt sind und in denen wir stecken bleiben können. 

Wäre unsere Mission länger, hätten wir auch das “Wohnmobil” nehmen können. Dieses verfügt über eine 13 Quadratmeter große Druckkabine, in der Astronauten mehrere Tage lang auf der Mondoberfläche herumfahren können. 

Navigation und Internet am Mond

Sowohl Buggy als auch Wohnwagen sind zum größten Teil selbstfahrend. Navigieren können sie einerseits dank der Navigationssatelliten der Erde - die Signale sind auch auf dem Mond noch stark genug. Andererseits befinden sich auch eigene Kommunikationssatelliten im Mondorbit

Für eine Internetverbindung sorgt ein Funk-Netz von Nokia. Dadurch können Astronauten und Astronautinnen untereinander kommunizieren. Da, wo die Netzabdeckung nicht reicht, steht Satelliteninternet zur Verfügung.

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So geht es vorbei an der schwebenden Roboterbahn, die jeden Tag tonnenweise Güter und Mondstaub zur Basisstation transportieren kann. Die Waggons fahren langsam - nur 1,6 km/h sind sie schnell. 

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Mondaufzug installiert

Die Bahn verbindet zudem die Mondbasis mit dem Mondaufzug, der von der Mondoberfläche mehr als 300.000 Kilometer Richtung Erde führt. Von dort ist es quasi nur ein Katzensprung (ca. 35.000 Kilometer) bis zur Erdoberfläche.

In regelmäßigen Abständen bringen Raketen von der Erde aus Ausrüstung und Lebensmittel ans andere Ende des Aufzugs, von wo aus sie dann auf den Mond gebracht werden. Denn auch wenn die Ernte in den Gewächshäusern der Mondbasis heuer gut war, sehnt man sich doch öfters nach Erd-Snacks. Und Kaffee. Viel Kaffee. Der hilft ziemlich gut, um den metallischen Mondstaub-Geschmack aus dem Mund zu bekommen.

Bis wir bei der chinesischen Mondbasis ankommen, ist es noch ein langer Weg. Kurz bevor wir die Station erreichen, werden wir schon die Kameras bemerken. Diese sorgen offiziell für Sicherheit und Transparenz auf der chinesischen Basis. Aber auch fremde Besucher lassen sich dadurch aufspüren und verfolgen.

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Eine Vorwarnung für Moobies: Die chinesischen Kollegen finden es mittlerweile nicht mehr lustig, wenn man sie fragt, ob sie mit den Kameras denn schon Aliens aufgespürt hätten. Wir fragen sie trotzdem bei jedem Besuch.

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Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

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Marcel Strobl

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