Der Sensor nutzt den Schweiß aus den Fingerspitzen als Energiequelle.
Ohne Batterie: Intelligenter Sticker erkennt Vitamin-Mangel
Ausfallende Zähne, Muskelschwund, Fieber, und schließlich Tod durch Herzschwäche – die Symptome von anhaltendem Vitamin-C-Mangel sind grausig. Viele denken bei dieser als Skorbut bekannten Erkrankung wohl an die Seefahrer vergangener Jahrhunderte. Doch bei mangelernährten Menschen ist sie auch heute noch ein Problem.
Vitamin-C-Mangel wird üblicherweise durch Blutabnahme und Analyse im Labor nachgewiesen. Weil das vergleichsweise umständlich und teuer ist, hat sich ein Forschungsteam der University of San Diego eine neue Methode überlegt. Anfang der Woche wurde ihr neuartiger elektronischer Sensor in Form eines Stickers in der Fachzeitschrift Biosensors and Bioelectronics veröffentlicht.
Strom aus Fingerspitzen-Schweiß
Auf der transparenten, flexiblen Klebefläche des Stickers befinden sich mehre gedruckte elektronische Komponenten: Ein poröses Hydrogel-Pad sammelt den Schweiß von den Fingerspitzen eines Patienten. Denn Fingerspitzen produzieren mehr Schweiß als die meisten anderen Körperstellen, selbst ohne körperliche Anstrengung. Deshalb eignen sie sich besonders gut als Energiequelle für die Biotreibstoffzelle, betonen die Forscherinnen und Forscher.
Die Pads wandelt Chemikalien aus dem Schweiß in Elektrizität um. Damit wird wiederum die wenige Zentimeter große Platine und der eigentliche Vitamin-C-Sensor betrieben. Die Platine liest die Signale des Sensors aus und kann sie mit Bluetooth Low Energy z. B. an einen nahegelegenen Computer übertragen.
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Sticker auf Plastikbecher
Das System ist für den einmaligen Gebrauch gedacht, weshalb die Forscherinnen und Forscher ihren Prototypen auf einen Plastikbecher klebten. „Indem man Alltagsobjekte wie Becher oder Flaschen in smarte Sensoren verwandelt, können Menschen Echtzeit-Erkenntnisse über Gesundheit und Wohlbefinden bekommen, ohne irgendwas an ihrer täglichen Routine zu ändern“, sagt Patrick Mercier von der University of San Diego in einer Aussendung.
Nano-Engineering-Doktorand und Co-Autor Muhammad Inam Khan demonstriert einen Boba-Becher mit dem Sticker.
© David Baillot/UC San Diego Jacobs School of Engineering
„Wir bewegen uns in Richtung einer Zukunft von ‚unawareables‘ – also Geräten, die unauffällig und im Wesentlichen unsichtbar sind, sodass man nicht merkt, dass man sie benutzt“, so der Elektro- und Informationstechnik-Professor und Co-Autor der Studie weiter. Viele Menschen würden nur einmal jährlich beim Arzt einen Schnappschuss ihres Gesundheitszustandes bekommen. Doch Körper verändern sich ständig, weshalb das Forschungsteam regelmäßigen Zugang zu Gesundheitsdaten schaffen will.
In Industrienationen ist ein anhaltender Vitamin-C-Mangel allerdings höchst selten. Eine regelmäßige Messung ist daher eigentlich nicht nötig.
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Später als Einweg-Sensor gedacht
In Tests des Forschungsteams konnte der Sensor über 2 Stunden lang ausschließlich mit Energie aus Schweiß betrieben werden. Er verfolgte den Vitamin-C-Spiegel von Probandinnen und Probanden, nach dem diese Nahrungsergänzungsmittel eingenommen oder Orangensaft getrunken hatten.
Weil der smarte Sticker ohne Batterie auskommt, könne er zu niedrigen Preisen hergestellt werden – potenziell für wenige Cent pro Stück. Seine Erschwinglichkeit könnte es ermöglichen, ihn zukünftig als Einweg-Sensor für ärmere Gebiete einzusetzen, in denen viele Menschen von Mangelernährung betroffen sind.
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Die Forscherinnen und Forscher wollen ihren Sticker so weiterentwickeln, dass er auch andere Vitamine und Nährstoffe messen kann. Zukünftige Versionen könnten gemessene Werte direkt an Smartphones oder Smartwatches senden und Echtzeit-Tracking von Gesundheitsdaten damit noch niedrigschwelliger machen.
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