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Virtueller Tennistrainer verbessert Spieltechnik im Wohnzimmer

Ein starker Aufschlag, ein gekonnter Drive und ein gefinkelter Stoppball: Tennis verlangt seinen Spieler*innen viel Geschick, viel Muskelkraft und noch mehr Übung ab. In Österreich ist die Begeisterung für Tennis besonders groß: Mit 190.000 Vereinsmitgliedern zählt Tennis nach Fußball zur beliebtesten Sportart, wie die aktuelle Mitgliederstatistik von Sport Austria bemisst.

Damit Anfänger*innen sowie Fortgeschrittene ihre Technik zu jeder Zeit auch ohne Partner*in oder Lehrer*in steigern können, entwickelt die Technische Universität (TU) Wien gemeinsam mit VR Motion Learning einen auf künstlicher Intelligenz (KI) basierten virtuellen Tennistrainer für das Wohnzimmer.

Spielen zu Hause

Der Simulator namens „Tennis Esports“ kann dabei Bewegungsabläufe erkennen, analysieren und bewerten. Die Idee entstand laut Hannes Kaufmann, Professor für Virtual- und Augmented Reality an der TU Wien, schon vor Corona – das Projekt wurde Anfang 2020 dann gestartet. „Ursprünglich war das System für Tennisplätze gedacht. Vereine oder Tennisclubhäuser hätten es anschaffen und Spieler damit vor Ort trainieren können. Dann hat sich die Welt aber verändert“, erzählt Kaufmann der futurezone.
 

Da im Zuge der Corona-Pandemie Tennisplätze zeitweise nicht mehr zugänglich waren, wurde das System so konzipiert, dass Sportbegeisterte innerhalb der eigenen vier Wände üben können. Laut Kaufmann gehe es dabei nicht nur um den Spaßfaktor, sondern besonders um die korrekte Schlagausführung: „Dazu wurden zu Beginn des Projekts die  Bewegungsabläufe von Profis mit mehreren Kameras aufgenommen.“ Neben der Führung des Schlägers und den Beinbewegungen wurden bestimmte Schläge wie Vorhand-Topspin, Rückhand-Slice oder Aufschlag mehrmals korrekt ausgeführt und aufgezeichnet.  

Feedback geplant

Entstanden ist eine Datenbank mit diversen Schlagtechniken, welche von einer eigens entwickelten KI analysiert und verglichen werden. Sie unterscheide sogar zwischen verschiedenen Körpertypen. „Bei einem 150 Kilogramm schweren Mann sieht eine Bewegung anders aus als bei einer kleinen zierlichen Frau“, erklärt Kaufmann. In einem nächsten Schritt soll das System so weiterentwickelt werden, dass Spieler*innen auch nützliches Feedback zu ihrer Technik erhalten, um ihre Fähigkeiten stetig verbessern zu können.

Ein aufwendiges Kamerasystem ist für Heimanwender*innen aber nicht erforderlich – der Tennissimulator kommt mit der Virtual-Reality-Brille Oculus Quest vom US-Unternehmen Meta (der Mutterkonzern von Facebook) und einem eigens entwickelten Adapter aus. Dieser mimt den Schlägergriff und wird mit einem der beiden Controller gekoppelt. „Die Gewichtsverteilung ist wie bei einem echten Schläger: Vorne ist er schwerer als hinten beim Griff“, sagt der Forscher. 

Verbesserungsvorschläge in Brille einblenden

Die Brille erfasst die Hand- und Armbewegungen und vergleicht sie mit den zuvor aufgenommenen Bildern der Profis. Für die Analyse werden diese laut Kaufmann auf mehrere Komponenten wie Geschwindigkeit, Zeit oder Ausholbewegung heruntergebrochen. „Jetzt arbeiten wir didaktisch daran, wie man den Nutzer an die richtige Bewertung heranführen kann, ohne dass er von einer Informationsflut überwältigt wird“, betont Kaufmann.

Dazu gebe es verschiedene Optionen, die auch kombiniert werden können. Unter anderem könnten Verbesserungsvorschläge oder die beste Ausführung der Profis im Vergleich mit der eigenen in der Brille eingeblendet werden, oder die Nutzer*innen über Ton angesprochen werden. „Wir schauen uns gerade an, welche Option die beste ist und führen Nutzertests mit Experten und Spielern durch,“ so der Forscher.

Das Feedback soll jedenfalls direkt nach jedem Schlag oder auch währenddessen eingespielt werden.  „Wenn ich eine Bewegung durchführe, bringt mir die Bewertung eine Minute später nichts mehr. Je unmittelbarer das Feedback kommt, umso besser.“

Spielfläche unwesentlich

Wer wenig Platz zuhause hat, kann den Simulator dennoch nutzen. Denn das System passt sich je nach verfügbarer Fläche an. Spielt jemand auf zwei mal zwei Quadratmeter, wird er laut Kaufmann an die richtige Stelle zum Ball teleportiert. Bei einer größeren Spielfläche könne er hingegen Richtung Ball gehen. „Es ist eine Kombination aus Teleportation und Gehen – je nachdem, wie viel Platz ich zum Gehen habe“, sagt er. 

Ende des Jahres soll der virtuelle Tennistrainer verfügbar sein. Einen Preis gibt es noch nicht –  für den Simulator samt Adapter muss man aber mit mehreren hundert Euro rechnen. Die notwendige VR-Brille Oculus Quest 2 startet ab 349 Euro. Künftig denkbar ist auch die Entwicklung eines Simulators  für andere Sportarten, aber auch für die Steigerung des Wohlbefindens  sowie zur Rehabilitation. 

Der eigene Arbeitsweg als Spielrennstrecke

Es gibt zahlreiche Rennspiele, mit denen man die herausforderndsten Strecken der Welt virtuell befahren kann. Das Schweizer Start-up Way Ahead will in Zusammenarbeit mit Porsche es künftig aber auch möglich machen, generell alle öffentlichen Straßen wie beispielsweise den eigenen Arbeitsweg in die virtuelle Welt zu übertragen und diese in einem virtuellen Porsche abzufahren. So wird es möglich, seine Lieblingsstrecken auch einmal ohne Tempolimit und in einem leistungsstarken Sportauto in der virtuellen Welt zu erleben.

Handy-Kamera

Um seine Fähigkeiten als Rennfahrer*in unter Beweis stellen zu können, müssen Nutzer*innen des geplanten Rennspiels „Virtual Roads“ die gewünschte Strecke per Handykamera aufnehmen. Das Smartphone wird dabei am Rückspiegel oder hinter der Windschutzscheibe des eigenen Autos über eine Halterung angebracht.  

Andere Fahrzeuge oder Passant*innen werden in der virtuellen Rennstrecke nicht berücksichtigt und aus den Bildern entfernt. Die aufgezeichnete Strecke kann bis zu acht Kilometer betragen. Was Nutzer*innen dann zum Spielen noch benötigen, ist die App von Way Ahead. Später soll auch eine Virtual-Reality-Anbindung möglich gemacht werden, um das Fahrerlebnis noch weiter zu steigern. 

Die Touren lassen sich auch mit anderen Spieler*innen weltweit teilen. Bis man allerdings in den Genuss von Virtual Roads kommen kann, wird es noch rund zwei Jahre dauern.

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Andreea Bensa-Cruz

Andreea Bensa-Cruz beschäftigt sich mit neuesten Technologien und Entwicklungen in der Forschung – insbesondere aus Österreich – behandelt aber auch Themen rund um Raumfahrt sowie Klimawandel.

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