Waldgesundheit überwachen

Werden große Waldflächen im Zuge des Klimawandels zerstört, wird das bereits gespeicherte Kohlendioxid wieder in die Atmosphäre freigesetzt

© Getty Images/iStockphoto/DuxX/iStockphoto/futurezone

Science

Wie Wälder wieder aufatmen können

Bäume sind unsere natürlichen Klimaschützer. Sie filtern Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre und speichern es im Holz. Dadurch tragen sie wesentlich dazu bei, den Klimawandel abzuschwächen. Doch steigende Temperaturen, längere Trockenperioden und extreme Wetterereignisse setzen den Wäldern zunehmend zu – und gefährden ihre Rolle als CO2-Senke. Wenn Bäume unter Hitzestress stehen, wachsen sie langsamer und nehmen weniger auf. Kommen Waldbrände, Stürme oder Schädlingsbefall hinzu, die große Waldflächen zerstören, wird zudem das bereits gespeicherte CO2 wieder freigesetzt.

Die Folgen sind weltweit messbar. Laut einer aktuellen Studie geben die tropischen Regenwälder Australiens infolge extremer Hitzeperioden inzwischen mehr CO2 ab, als sie aufnehmen. Ebenfalls verliert der Amazonas-Regenwald zunehmend seine Funktion als Kohlenstoffspeicher.

Überwachung in Echtzeit

Auch im Osten Österreichs und in Teilen der Inneralpen haben Trockenperioden bereits in der Vergangenheit zu Problemen geführt. Laut dem Forscher Thomas Dirnböck vom Umweltbundesamt verlieren Wälder ihre Speicherfähigkeit nicht nur wegen der stark gestiegenen Temperaturen, sondern auch durch den dadurch begünstigten Borkenkäferbefall, insbesondere bei Fichten.

„In den abgestorbenen Waldbeständen entfällt die Bindung von Kohlenstoff durch die Photosynthese und mehr Kohlenstoff geht durch die Bodenerwärmung verloren“, erklärt Dirnböck im Gespräch mit der futurezone. Die Fichte sei zudem häufig an Standorten gepflanzt worden, wo sie heute besonders empfindlich auf den Klimawandel reagiert. „Die Bäume sind dort anfälliger für Trockenstress und können sich nicht so gut wehren gegen die Borkenkäfer“, sagt er. Durch den Wassermangel verfügen sie schlicht nicht über die nötigen Mittel zur Abwehr. 

Um Veränderungen im Wald künftig frühzeitig zu erkennen, wurde das Forschungsprojekt TreeNet-AT ins Leben gerufen. Es wird vom Umweltbundesamt geleitet und von der österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) unterstützt. So soll die Gesundheit der heimischen Wälder in Echtzeit überwacht werden. Dazu kommen moderne Sensoren – sogenannte Dendrometer – zum Einsatz.

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Sogenannte Dendrometer messen Veränderungen im Stamm

Veränderungen messbar

Diese messen winzige Veränderungen im Umfang von Baumstämmen und liefern präzise Daten zu Wachstum, Wasserstress und weiteren physiologischen Parametern. „Bei Wassermangel schrumpfen die Leitgefäße in Bäumen und damit der Baumumfang um wenige Mikrometer. Hält das Schrumpfen länger an, ist das ein Indikator, dass der Baum unter Trockenstress leidet“, erläutert der Forscher. 

Die gewonnenen Daten werden mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) mit Langzeitmessungen kombiniert. „Ziel ist es, Kurzzeitvorhersagen – ähnlich, wie Wettervorhersagen – zu treffen, indem wir den Momentzustand der Bäume messen und dann den Stresszustand der nächsten Tage berechnen“, so Dirnböck. Die KI verknüpft die Stammmessungen mit Bodenfeuchtemessungen – also Messungen zum Gehalt von Wasser im Boden – und meteorologischen Daten aus der jeweiligen Region. So kann Trockenstress präzise bestimmt werden.  Förster*innen könnten so künftig schneller reagieren und gezielte Maßnahmen setzen.

Fakten

Jedes Jahr binden und speichern Wälder laut Greenpeace weltweit mehrere Milliarden Tonnen CO2. Konkret sind es 30 Prozent der weltweit freigesetzten Emissionen, wie eine Untersuchung zeigt. Damit sind sie wichtige Akteure für ein stabiles Klima. Ohne Wälder würde der Klimawandel schneller voranschreiten.

500 Millimeter Regen brauchen Wälder im Schnitt pro Jahr, um zu wachsen.

Abholzung

Durch Abholzung werden laut WWF jährlich weltweit 13 Millionen Hektar Wald zerstört. Dadurch gelangt das gespeicherte CO2 wieder in die Atmosphäre. 

Natürliche Verjüngung

Neben der technischen Überwachung braucht es jedoch auch waldbauliche Anpassungen. Eine wichtige Maßnahme sei es, widerstandsfähigere Baumarten in bestehende Waldbestände zu mischen. „Naturverjüngung statt Pflanzung hat ebenfalls einen positiven Effekt, weil genetisch besonders gut an Trockenheit angepasste Jungbäume herausselektiert werden. Mit solchen Maßnahmen erhöht man die Widerstandsfähigkeit des Waldes“, betont Dirnböck. 

TreeNet-AT steht noch am Anfang. Zunächst sollen Sensoren an ausgewählten Standorten installiert werden. Parallel wird ein digitales Dashboard entwickelt, das die gemessenen Stressindikatoren anzeigt. „Durch das Wissen, das aus diesem Projekt generiert wird, können später zusätzliche Standorte angehängt werden“, sagt er. Damit liefert TreeNet-AT nicht nur Grundlagen für ein klimaangepasstes Waldmanagement, sondern leistet auch einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Wälder als CO2-Speicher. 

Diese Serie erscheint in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG).

KI erkennt widerstandsfähiges Saatgut

Die Folgen des Klimawandels setzen auch Salzburgs Wäldern immer stärker zu. Hitze, Trockenheit und Schädlinge stellen Förster*innen vor große Herausforderungen. Unter anderem leidet die Qualität des Saatguts der Waldbäume. Der Ernteertrag dessen nimmt dabei stetig ab.

Moderne Technik könnte helfen: Künstliche Intelligenz (KI) soll künftig dabei unterstützen, die Wälder im Alpenraum widerstandsfähiger zu machen. Unter anderem könne die Technologie laut dem Landesforstdirektor Michael Mitter dazu beitragen, klimafittes Saatgut zu erkennen, Schädlinge wie Borkenkäfer frühzeitig zu entdecken und Wiederaufforstungen gezielter zu steuern. 

Waldbau der Zukunft

Im Projekt „KI für den Waldbau der Zukunft“ von der Arbeitsgemeinschaft Alpenländer (ARGE ALP) wird erforscht, wie digitale Werkzeuge die Forstarbeit unterstützen können. Mithilfe von Drohnen, Sensoren und automatischer Bildauswertung sollen Waldbestände schneller erfasst und der Gesundheitszustand von Bäumen besser beurteilt werden. 

Auch bei der Auswahl von widerstandsfähigem Saatgut soll Künstliche Intelligenz künftig eine bedeutende Rolle spielen. Denn auf Basis von Daten könnten Saatgutprognosen optimiert und bessere Entscheidungen für den Wald getroffen werden. Ziel von ARGE ALP ist es, eine gemeinsame Wissensplattform aufzubauen.

So sollen Forschungsergebnisse und Erfahrungen aus den verschiedenen Regionen gebündelt werden, damit der Wald auch in Zukunft den Klimawandel überstehen kann.

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Andreea Bensa-Cruz

Andreea Bensa-Cruz beschäftigt sich mit neuesten Technologien und Entwicklungen in der Forschung – insbesondere aus Österreich – behandelt aber auch Themen rund um Raumfahrt sowie Klimawandel.

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