Was passiert, wenn eine Kollision mit einem Asteroiden bevorsteht
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Machen wir ein kleines Planspiel: Was würde passieren, wenn tatsächlich ein größerer Asteroideneinschlag auf der Erde bevorstünde? Welche Kette würde dabei in Gang gesetzt? Wer informiert die Bevölkerung und welche Folgen wären zu erwarten? Und wer trägt Schuld, wenn sich die Wissenschaftler irren?
"Die aktuelle Situation mit den behördlichen Maßnahmen rund um das Coronavirus gibt einen Vorgeschmack darauf, was passieren würde, wenn ein Asteroideneinschlag tatsächlich bevorstünde", sagt Astronom Rudolf Albrecht, im Gespräch mit der futurezone. Er ist technischer Experte in der österreichischen Delegation bei der UNO in Sachen Weltraumfragen.
Schrittweise informieren
Eine erste Information darüber, dass ein größerer Himmelskörper auf die Erde treffen wird, wird von der zuständigen Stelle erarbeitet - das International Asteroid Warning Network (IAWN) sowie die Space Mission Planning Advisory Group (SMPAG) der Vereinten Nationen. "Als erstes werden die nationalen Regierungen über das UNO-Informationssystem in Kenntnis gesetzt", sagt Albrecht. In der Folge werden dann die nationalen Regierungen die Bürger eines Landes informieren.
Ähnlich wie bei den Maßnahmen rund um das Coronavirus ist davon auszugehen, dass die Bevölkerung schrittweise über den Sachverhalt und die Maßnahmen informiert wird. Das soll den Menschen eine gewisse Vorlaufzeit ermöglichen und Panikreaktionen verhindern.
Wie genau und wie schnell die Bevölkerung in Kenntnis gesetzt werden kann, hängt von den Umständen ab. Wird ein Einschlag erst in ein paar Jahren erwartet, sieht die Situation völlig anders aus, als wenn schon in ein paar Wochen mit einem Einschlag zu rechnen ist.
Stufe 1
Es ist davon auszugehen, dass in dieser 1. Stufe der Warnung nicht viel Konkretes über Einschlagszeitpunkt und -ort verkündet wird. Nicht, weil man es den Menschen vorenthalten will, sondern weil es die Wissenschaftler zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich selbst noch nicht genau sagen können. "Aus den laufenden Beobachtungen können wir mit der Zeit immer besser berechnen, wie groß der Himmelskörper ist und wo und wann er auf die Erde treffen wird", sagt Albrecht.
Stufe 2
In der 2. Stufe der Warnung wird die Bevölkerung über den berechneten Zeitpunkt des Einschlags informiert. "Dabei wissen wir dann zumindest auf welcher Hemisphäre der Einschlag erwartet wird", sagt Albrecht. Außerdem sei dann der Zeitpunkt mit einer Schwankungsbreite von weniger als 60 Minuten berechnet.
Stufe 3
Erst in der 3. Stufe der Warnung werden konkrete Details bekannt gegeben, wann und wo definitiv mit dem Einschlag zu rechnen ist. In welcher Weise genau über den berechneten Einschlagskorridor informiert wird, haben die UNO und die zuständigen Stellen noch nicht restlos geklärt.
"Eine solche Warnung muss dann detailliert und transparent sein, damit nichts hineininterpretiert werden kann", sagt Albrecht. "Die veröffentlichten Informationen dürfen keinen Spielraum mehr zulassen, damit es zu keinen Missverständnissen oder Verwirrungen kommen kann." Eine der größten Herausforderung dabei sei, Falschmeldungen vorzubeugen, um Panikmache zu unterbinden.
Welche Folgen sind zu erwarten
Wie groß die Zerstörungskraft des Asteroiden ist, hängt natürlich von dessen Größe, Beschaffenheit und dem Einschlagswinkel ab. Weitgehend unabhängig von der direkten Zerstörung durch den Einschlag sind außerdem weitreichende gesellschaftliche, politische und vor allem wirtschaftliche Folgen zu erwarten.
"Es ist davon auszugehen, dass zunächst die Wirtschaft in die Knie geht", erklärt der Astronom, der sich im Rahmen seiner Tätigkeit bei der UNO mit genau solchen Konsequenzen für Österreich auseinandersetzt. Am schlimmsten werde es natürlich die Regionen rund um den errechneten Einschlagskorridor treffen.
Drastische Maßnahmen notwendig
"Im Bereich dieses Einschlagskorridors wird die Wirtschaft voraussichtlich komplett zum Erliegen kommen: Die Grundstückspreise brechen ein, Wirtschaftsbetriebe werden - wenn möglich - schnellstmöglich absiedeln und auch die Bevölkerung wird versuchen, den Landstrich zu verlassen", sagt Albrecht.
Man geht davon aus, dass die betroffenen Länder dabei zu rigorosen Maßnahmen greifen würden. "Es wird wahrscheinlich Ausgangssperren geben und Supermärkte sowie öffentliche Einrichtungen müssen vermutlich von der Polizei oder dem Militär geschützt werden. Generell wird wohl mit allen Mitteln versucht werden, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, um eine geordnete Evakuierung und ähnliches gewährleisten zu können", sagt der Astronom.
Aus Coronavirus lernen
All die zuständigen Stellen würden sich die aktuelle Situation rund um das Coronavirus ganz genau ansehen, sagt Albrecht: "Es gibt viele Parallelen zu den Auswirkungen eines Asteroideneinschlags." Es bestehe die Hoffnung, dass die Politik aus der derzeitigen Situation lernt und künftig entsprechende Pläne ausarbeitet beziehungsweise anpasst.
Damit meint Albrecht auch, wie man unter solchen Umständen mit Fake News umgeht. Auch jetzt sorgen Falschmeldungen - vor allem in den sozialen Medien - für Verwirrung und Verunsicherung. Dies könnte wiederum Panikreaktionen mit dramatischen Folgen hervorrufen.
Was passiert wenn es zu einer Fehlberechnung kommt?
Wie eine mögliche Abwehr eines Asteroiden unter den aktuell geltenden Gesetzen möglich wäre, ist noch unklar. "Nach den momentanen Weltraumgesetzen darf man gar keinen Asteroiden abwehren. Man darf nur dorthin fliegen, um wissenschaftliche Experimente zu machen, sonst nichts", sagt Albrecht.
Ebenso ist derzeit völlig unklar, wer für ein mögliches Wirtschaftschaos haftet, sollte ein erwarteter Einschlag gar nicht stattfinden. Um Klarheit bei solchen Fragen zu schaffen, werden die geltenden Weltraumgesetze aktuell diskutiert. Entsprechende Gesetzesvorschläge werden von den nationalen Behörden und der UNO erarbeitet.
Entwarnung
Die allermeisten größeren Objekte, die der Erde nahekommen, sind den Wissenschaftlern mittlerweile bekannt, gibt Albrecht Entwarnung. In den kommenden Jahrzehnten stellen die derzeit bekannten großen Asteroiden keine Gefahr für die Erde und die Menschheit dar.
Gefährlich sind allerdings noch unbekannte Objekte in der Größenordnung zwischen 50 und 100 Metern. Und davon gebe es relativ viele, so Albrecht. Diese Objekte seien imstande, eine Stadt wie Wien vollständig zu zerstören.
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