A Sunflower in Herrnleis
© EPA / CHRISTIAN BRUNA

Start-ups

Mikroben statt Chemikalien in der Landwirtschaft

Chemikalien in Düngemittel können sich nachteilig auf Böden und Gewässer auswirken. Darüber hinaus ist die Herstellung von synthetischem Dünger sehr energieaufwendig. Eine umweltfreundlche Alternative zu Agrochemikalien bieten Mikroorganismen, die etwa Stickstoff und Phosphor für die Pflanze verfügbar machen. Die Mikroben mit der Pflanze zu verbinden, ist aber nicht so einfach.

Die Standardmethode, das sogenannte Coating, bei dem Mikroorganismen auf die Samen geklebt werden, hat viele Nachteile. "Die Bakterien trocknen schnell aus oder werden abgerieben. Um sie lebend aufs Feld zu bringen, bleibt nur wenig Zeit", sagt der Lebensmittel- und Biotechnologie-Ingenieur Nikolaus Pfaffenbichler. Sein gemeinsam mit der Mikrobiologin Birgit Mitter gegründetes Start-up Ensemo hat eine andere Lösung gefunden.

Dabei werden Mikroorganismen in das Saatgut injiziert. "Das Korn wird mit einem dünnem Schnitt von 0,25 Millimeter aufgeschnitten. Nachdem die Mikroorganismen eingebracht wurden, wird es wieder verschlossen. "Die Mikroben sind von der Umwelt abgekapselt und geschützt und können mit der Pflanze mitwachsen", erläutert Mitter.

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SeedJection-Labordemonstrator von Ensemo

Entwickelt wurde die SeedJection-Methode von den beiden am Austrian Institute of Technology AIT. Dort wurde auch ein Labordemonstrator gebaut und Tests durchgeführt. Mitter und Pfaffenbichler gründeten das Start-up im vergangenen Jahr schließlich aus: "Das ist der beste Weg, um die Technik in den Markt zu bringen", sagen die Gründer*innen.

Viele Einsatzmöglichkeiten

Grundsätzlich sei die Methode nicht auf bestimmte Funktionen beschränkt, sagt Mitter. Mit Mikroorganismen könnten alle möglichen Aktivitäten in die Samen eingebracht werden. Das reiche von der Düngerschiene und Nährstoffen bis zum Schutz vor Krankheitserregern. Dabei würden ausschließlich natürliche Bakterien ins Saatgut eingebracht die "aus dem Feld kommen", betont die Mikrobiologin. "Das hat nichts mit Genmanipulation zu tun, wir bringen auch keine artifiziellen Sachen ein."

Die Methode sei auch eine Chance Mikroorganismen großflächig in der konventionellen Landwirtschaft unterzubringen, sagt Mitter. Dabei würden auch restriktive Vorgaben und zunehmende Einschränkungen für Düngemittel helfen.

Feldversuche

Bei Feldversuchen mit Samen, in die Mikroorganismen injiziert wurden, arbeitet das Start-up bereits mit einem großen Saatgutproduzenten zusammen. Bearbeitet werden dabei Mais- und Sojasamen. Das habe einen technischen Grund, erklärt Pfaffenbichler: "Das Saatgut ist in der Größe relativ gleichmäßig und kann gut in der Maschine verarbeitet werden."

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Ensemo-Gründer*innen Birgit Mitter und Nikolaus Pfaffenbichler

Industrieprototyp bis 2024

Mit dem am AIT entwickelten Labordemonstrator können Mitter und Pfaffenbichler derzeit 30 bis 35 Saatkörner pro Sekunde mit Mikroben versehen. Für die breitflächige Nutzung in der Landwirtschaft ist das zu wenig. "Für einen Hektar braucht man im Schnitt 75.000 bis 100.000 Körner", sagt Pfaffenbichler: "Um effizient zu sein, müssen wir die Bearbeitungszeit auf 3.000 Körner pro Sekunde steigern."

Derzeit arbeitet Ensemo an der Konstruktion und dem Bau einer neuen Maschine für die Injektion der Mikroorganismen in das Saatgut. Ein Industrieprototyp soll 2024 in Produktion gehen.

Neben Förderungen, unter anderem von der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (aws), wird das im niederösterreichischen Tulln ansässige Unternehmen aus Eigenmitteln und  mit ersten Investorengeldern finanziert. Weitere Finanzierungsrunden sollen folgen. Pfaffenbichler: "Wir sind für Gespräche offen."

Noch vor dem für 2025 geplanten Markteintritt will das Start-up beginnen, kleinere Mengen injizierten Saatguts über Kooperationspartner an Landwirt*innen zu verkaufen. "Es geht darum, Feedback zu bekommen", sagt Pfaffenbichler: "Versuche und Tests sind gut und schön, wir wollen aber so früh wie möglich den Schritt zu den Endnutzer*innen machen."

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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