Maisernte geht zu Ende
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Start-ups

Biotechnologie aus Niederösterreich bekämpft Schädlinge umweltfreundlich

Der Maiswurzelbohrer hat derzeit leichtes Spiel. Der Käfer legt seine Eier im Boden verschiedenster Kulturen, darunter auch Mais, ab. Die daraus entstehenden Larven fressen im Jahr darauf die Wurzeln des Mais ab, sodass die Pflanze im schlimmsten Fall umfällt, jedenfalls aber erhebliche Ertragsverluste aufweist.

Der Schädling kam ursprünglich aus den USA mit Hilfslieferungen im damaligen Balkankrieg in den späten 1990er Jahren nach Europa. Ein Gegenmittel gebe es seit dem Verbot der bienenschädlichen Neonikotinoide in der EU nicht, sagt Franz Reitbauer, Geschäftsführer von Lithos Crop Protect.

Seine Firma, ein Spin-off des Mineralienverarbeiters Lithos Natural, hat eine Technologie entwickelt, die das Treiben des Maiswurzelbohrers unterbindet, der weltweit für Schäden in Milliardenhöhe sorgt. Sie baut auf einer natürlichen Basis auf, ist für die Umwelt unschädlich und befindet sich seit 3 Jahren in einem europaweiten Zulassungsverfahren. Das koste sehr viel Geld und werde voraussichtlich in weiteren 3 Jahren abgeschlossen sein, sagt Reitbauer.

Der Maiswurzelbohrer

Paarungsstörung

Konkret macht sich die Entwicklung eine Methode zunutze, die bereits im Wein- und Obstbau zum Einsatz kommt. Bei der sogenannten Verwirrmethode oder Paarungsstörung werden Botenstoffe der Weibchen breit auf Anbauflächen ausgebracht. Damit werden Männchen orientierungslos, sie finden nicht mehr zum Weibchen, die Fortpflanzung wird verhindert.  

Für den Ackerbau war das Verwirrspiel mit den männlichen Schädlingen bisher zu teuer. Das Aushängen von Dosierspendern, wie bei Wein- und Obstgärten, sei bei Maisfeldern wirtschaftlich nicht darstellbar, sagt Reitbauer. Lithos Crop Protect habe dieses Problem gelöst. Denn das Material Zeolith, mit dem das Mutterunternehmen des Spin-offs seit Jahren arbeitet, eignet sich auch gut als Trägerstoff für Pheromone. Fein vermahlen können die Botenstofe damit auch über große Anbauflächen versprüht werden.

Riesenpotenzial

Das Potenzial der patentierten Technologie ist groß. Denn die Sprühmethode könne nicht nur bei der Bekämpfung des Maiswurzelbohrers zum Einsatz gebracht werden, sondern sei für unterschiedliche Schädlinge anwendbar, sagt Reitbauer. Als weiteres Beispiel nennt er den Maiszünsler, dessen Raupen Schätzungen zufolge weltweit mehr als 4 Prozent der jährlichen Maisernte vernichten.

Die Technologie könne aber auch im Obst- und Weinbau den Einsatz der Pheromon-Ausbringung vereinfachen und kostengünstiger gestalten. Etwa bei der Bekämpfung des Traubenwicklers und des Apfelwicklers. Denn während die Ausgabe der Botenstoffe mittels Dosierspender nur ein bis 2 Wochen wirke, könne mit dem Aussprühen auf dem Trägermaterial eine Wirkungsdauer von 8 bis 10 Wochen erzielt sowie die Ausbringung wesentlich vereinfacht werden.

Lithos-Protect-Geschäftsführer Franz Reitbauer

Chancen am US-Markt

Auch am US-Markt rechnet sich Reitbauer gute Chancen aus. Dort wird der Maiswurzelbohrer oder "Western Corn Rootworm", wie er in der Landessprache heißt, derzeit mit der in Europa verbotenen Gentechnik bekämpft. "Es gibt ein aufkeimendes Segment von Konsumenten und Firmen, die nach Alternativen suchen", sagt der Lithos-Corn-Protect-Geschäftsführer. Darüberhinaus könne der Schädling gegen die Verwirrmethode keine Resistenzen entwickeln, wie dies nach üblicherweise 3 bis 5 Jahren bei gentechnischen Schutzmitteln der Fall sei: "Denn der Schädling 'fühlt' bei unserer Methode nicht, dass er bekämpft wird."

An einer Zulassung in den USA arbeitet das Unternehmen ebenfalls. Dort würden die Verfahren schneller abgewickelt als in der EU, sagt Reitbauer: "Wir hoffen, dass wir in 2 Jahren auf dem Markt sind."

Notfallzulassung

In Österreich erhielt das Pflanzenschutzmittel des im niederösterreichischen Ennsdorf ansässigen Start-ups eine Notfallzulassung und ist bereits erhältlich. Im nächsten Jahr soll das auch in einigen anderen EU-Ländern, etwa Ungarn und Rumänien, passieren. Die Zeit bis zur EU-weiten Zulassung überbrückt das Unternehmen um weitere Anwendungen für die Technologie zu entwickeln. Dabei arbeitet man europaweit mit Universitäten, Laboren, Behörden und Partnerfirmen zusammen.

"Als kleine Firma können wir das riesige Potenzial alleine nicht heben", sagt Reitbauer. Beim Vertrieb des Pflanzenschutzmittels will man länderspezifisch mit Partnern, darunter auch große Pflanzenschutzfirmen, kooperieren.

Finanziert wird das Unternehmen unter anderem mit Förderungen. Neben Geldern der Förderbank austria wirtschaftsservice (aws) konnte man im vergangenen Jahr auch eine Förderung im Rahmen des "Horizon2020"-Forschungsprogramms der EU an Land ziehen. Auch einen privaten Investor hat das Lithos Corn Protect bereits an Bord.

"Gewaltige Finanzmittel"

Um die Zulassungsverfahren zu durchlaufen, seien "gewaltige Finanzmittel" notwendig, sagt Reitbauer: "Für uns ist das eine große Herausforderung." Er kann sich auch Kritik an der Politik nicht ganz verkneifen: Die EU-Kommission habe einen Green Deal verlautbart und wolle herkömmliche Pflanzenschutzmittel bis 2030 halbieren. Gleichzeitig gebe es kaum Möglichkeiten völlig natürliche und unschädliche Mittel, wie jenes seines Start-ups, in der Zulassung zu beschleunigen. "Die europäische Politik will eine naturnahe Landwirtschaft, aber sie tut zu wenig für Alternativen."

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und aws (austria wirtschaftsservice).

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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