PiktID: KI-App aus Kärnten tauscht Gesichter in Fotos aus
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr!
Auf einer Plakatwand zeigt eine Frau mit blonden, langen Haaren ihr schönstes Zahnpastalächeln und macht dabei Werbung für ein Produkt gegen Harninkontinenz. Das Gesicht, das im Bild zu sehen ist, stammt dabei allerdings nicht von einer echten Person, sondern wurde mit einer künstlichen Intelligenz (KI) generiert.
Genau so eine Lösung, mit der dieses Szenario möglich wird, hat das Kärntner Start-up PiktID geschaffen. Das junge Unternehmen von der Österreicherin Jennifer Simonjan (CMO) und den beiden Italienern Davide Righini (CEO) und Nunzio Letizia (CTO) hat neuronale Netzwerke darauf trainiert, Gesichter zu entwickeln, die echt aussehen. „Dafür gibt es ein Basis-Framework. Dieses haben wir so weiterentwickelt, dass es genau für unsere Zwecke passt. Dabei haben wir viel Forschung betrieben“, erzählt Simonjan im Gespräch mit der futurezone.
Idee ursprünglich zum Schutz der Privatsphäre
Die drei Informationstechniker*innen haben sich an der Uni Klagenfurt kennengelernt und beschlossen, nach dem Studium gemeinsam ein Start-up im KI-Bereich zu gründen. Als sie begonnen haben, war die KI-Technologie lange nicht so weit, wie sie heute ist. „Damals konnte man nur ahnen, was in Zukunft möglich sein wird“, sagt Simonjan.
Anfangs hatte sich das Start-up vor allem mit der Frage befasst, wie man Gesichter online in Bildern schützen kann. „Es gibt extrem viel Fotomaterial online. Als wir begonnen haben, lag unser Hauptfokus darin, real existierende Gesichter zu anonymisieren, um Menschen vor Überwachung zu schützen“, erklärt die studierte Bildspezialistin.
Spezialisiert auf Gesichter und Ausdrücke
„Wir haben dazu ein Web-Tool gebastelt, mit dem wir Gesichter aus real existierenden Fotos herausnehmen und durch ein KI-generiertes Gesicht ersetzen konnten. Das Gesicht sieht dabei wie echt aus, nur existiert die Person, die es zeigt, nicht“, erklärt Simonjan.
Das Team aus Techniker*innen hat sich intensiv damit auseinandergesetzt, wie man Dinge im Gesicht verändern, wie man Augen öffnen oder schließen, oder Make-up ins Gesicht zaubern kann. „Auch unterschiedliche Gesichtsausdrücke, wie etwa ein Lächeln oder einen grimmigen Blick haben wir gut hinbekommen“, sagt die Informationstechnikerin.
Mit der Zeit hat das Team erkannt, dass diese KI-Fähigkeiten nicht nur interessant sein könnten, um die Privatsphäre von Menschen zu schützen, in dem man ihre Gesichter aus Bildern schneidet, sondern vor allem auch für Business-Kunden, die mit Gesichtern arbeiten. Das sind einerseits Werbe- und Kreativagenturen, die Kampagnen rund um Gesichter schalten; anderseits die Modebranche, die ihre Kleidung mit Models auf verschiedenen Märkten präsentiert.
Mögliche Einsatzszenarien
„Mit unserem Tool ist es möglich, Fotos hochzuladen, und in dem bestehenden Setting völlig neue Gesichter zu generieren“, so Simonjan. So könnte man etwa mit einem einzigen Model an einem wunderschönen Strand in verschiedenen Posen und Kleidungsstücken Fotos machen, aber dann mit wenigen Klicks ein leicht verfremdetes Gesicht aus einem anderen Kulturkreis drauf platzieren. „Das könnte etwa dann sinnvoll sein, wenn man auf verschiedenen Märkten aktiv ist und unterschiedliche Zielgruppen ansprechen möchte, aber kein großes Budget hat, um mit 10 verschiedenen Models Aufnahmen anzufertigen“, erklärt Simonjan.
Ein anderer Einsatzzweck wäre die Anonymisierung und Verfremdung von Gesichtern in Stock Images. Viele Werbeagenturen arbeiten mit Bildern, die sie von Bildagenturen erwerben. Hier gibt es verschiedene Lizenzen. Nicht immer ist klar, ob die jeweiligen Models auch tatsächlich die Rechte am eigenen Bild vollständig abgetreten haben und ob das Bild auch für kommerzielle Zwecke verwendet werden darf. Meist sei dies nur bei sehr teuren Premium-Bild-Lizenzen wirklich garantiert, erzählt Jerney Dvorsak, der als Sales Manager vor zirka einem Jahr zu PiktID dazugestoßen ist und nun das vierte, fixe Team-Mitglied des Start-ups ist.
Neue Version der Web-App kann jetzt auch Haare
PiktID hat nun ganz frisch eine neue Version ihrer Web-App veröffentlicht, die weitere Möglichkeiten für Business-Kunden öffnet. „Man kann nun auch mit der Frisur spielen. Außerdem gibt es AB-Testing mit PiktID, um zu sehen, welche Ausdrücke am besten ankommen, um das richtige Foto für eine große Kampagne zu verwenden“, sagt Dvorsak.
Face Swapping, also das digitale Tauschen von zwei Gesichtern, ist mittlerweile bereits auch im privaten Sektor sehr beliebt. Was unterscheidet PiktID also von den zahlreichen Tools, die es in diesem Bereich bereits gibt? „Unser Fokus ist, dass wir großen Wert auf Qualität legen und es mit unserer Technologie möglich ist, Gesichter zu tauschen, um seriöse Dinge damit zu machen“, sagt Simonjan.
Die Bilder, die mit PiktID erzeugt werden, seien „hochqualitativ“, so die Bildspezialistin. In der Praxis bedeutet das, dass ein Bild, dessen Gesicht mit PiktID verändert wird, am Ende genauso eine hohe Qualität hat wie das Original. Anders ausgedrückt: Füttert man das Tool mit einem drucktauglichen 300 dpi Bild, kommt am Ende auch ein solches wieder raus.
Ergänzung zu KI-Bildgeneratoren
Das unterscheidet PiktID auch von den zahlreichen KI-Bildgeneratoren, die fast monatlich neu ans Tageslicht kommen. Bei diesen kann man mit Befehlen („prompts“) aus kurzen Texten Bilder erzeugen lassen, doch diese haben oft Artefakte oder sie haben Unschärfen. Außerdem kann man mit klassischen KI-Bildgeneratoren nur ganze Bilder erzeugen lassen, aber keine bestehenden Foto-Hintergründe verwenden.
„Wir haben keine Angst, hier unter zugehen, denn wir sind sehr komplementär und legen Wert auf Qualität sowie Datenschutz“, sagt Simonjan. „Viele Wettbewerber kommen aus den USA oder China, wir sehen unsere Chance auch darin, dass wir als vertrauenswürdiger Partner am europäischen Markt wahrgenommen werden“, so die Informationstechnikerin. PictID kann von interessierten Firmen kostenlos ausprobiert werden, bevor man Credits kaufen kann, um die Lösung professionell zu nutzen.
Kommentare