Dürfen KI-Generatoren meine Bilder zum Trainieren verwenden?
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2023 ist das Jahr, in dem Text- und Bildgeneratoren mit künstlicher Intelligenz (KI) das Netz erobern werden. Die KI-Programme spucken in Sekundenschnelle Bilder, Fotos und Kunstwerke aus, sowie Texte, Schulaufsätze, Essays, Interviewfragen und vieles mehr. Sie basieren auf den Werken, die Menschen zuvor teils in jahrelanger Arbeit geschaffen haben, und mit denen die KI-Generatoren trainiert worden sind.
Die KIs der Kunstgeneratoren Stable Diffusion, Midjourney und DreamUp sind etwa mit einem Datensatz trainiert worden, dessen Material aus urheberrechtlich geschützten Bildern besteht. Diese wurden einfach aus dem Internet heruntergeladen. Das wirft nun urheberrechtliche Fragestellungen auf, über die wir mit dem Urheberrechtsexperten Florian Prischl von Stadler Völkel Rechtsanwälte gesprochen haben.
futurezone: Dürfen KI-Generatoren einfach Bilder von Kunstwerken aus dem Internet hernehmen, um damit trainiert zu werden?
Florian Prischl: Nach österreichischem Recht nicht, zumindest nicht ohne entsprechende Erlaubnis. Eines der zentralen Rechte im Urheberrecht ist das Vervielfältigungsrecht. Dieses können Urheber übertragen und damit bestimmen, was mit ihrem Werk geschieht. Wenn eine KI das urheberrechtlich geschützte Bild für ein Trainingsset verwendet, greift das ins Vervielfältigungsrecht ein.
Ist das bei Texten gleich?
Prinzipiell ja, mit der Ausnahme, dass Zitate erlaubt sind. Niemand darf ein gesamtes Werk verwenden, aber man darf daraus zitieren. Das gilt auch für eine KI.
Können österreichische Künstler*innen dann dagegen vorgehen, wenn sie feststellen, dass ihre Bilder (oder Texte) verwendet worden sind?
Hier gibt es einen Abgrund zwischen Theorie und Praxis. In Österreich kannst du in der Theorie gegen eine ungerechtfertigte Verwendung deiner Werke rechtlich vorgehen, indem du etwa auf Unterlassung klagst und gegebenenfalls auf Schadenersatz. Im US-Recht würde die Verwendung des Bildmaterials aber möglicherweise unter die „Fair-Use“-Klausel fallen. Das ändert allerdings nichts daran, dass es nach österreichischem Recht nicht erlaubt wäre.
Welches Recht gilt dann?
Unter Umständen beide. Solche Fälle dürfen auch vor einem österreichischen Gericht verhandelt werden. Man kann US-Unternehmen hier vor Gericht klagen. Die Frage ist aber, wie stelle ich die Klage dem Unternehmen in den USA zu?
Ist das jetzt der besagte Abgrund zwischen Theorie und Praxis?
Nein, der ist ein anderer: Künstler*innen müssten nachweisen, dass die KI genau ihre Fotos zum Training verwendet und vervielfältigt hat, ohne dazu berechtigt zu sein. Das wird in der Praxis sehr kompliziert, nahezu unmöglich, sein.
Wie ähnlich dürfen die Bilder, die von einer KI generiert wurden, dann im Vergleich zum Original sein?
Wenn eine KI, aus welchen Gründen auch immer, eine 1:1 Kopie eines geschützten Werkes erzeugt, ist es ein Verstoß gegen die Rechte des ursprünglichen Urhebers. Das wird aber nie vorkommen. Wenn man eine KI beauftragt, ein Bild im Stil von jemandem zu malen, dann ist genau dieser Stil nicht urheberrechtlich geschützt. Geschützt ist nur das Werk, nicht aber die Ausformung eines Stils. Wir wollen als Gesellschaft, dass sich Stile ausbreiten können.
Das gilt für alle Stile?
Man betrachte den Malstil des Pointillismus, bei dem Bilder mit Punkten erzeugt werden. Das darf die KI nachmachen, denn es ist kein konkretes Werk.
Können die Bilder, die eine KI anfertigt, urheberrechtlich geschützt werden?
Nein. Eine KI kann keine geistige Schöpfung erzeugen. Darum ist ein Bild, das eine KI erzeugt, nie urheberrechtlich geschützt. Dasselbe gilt auch für Tiere. Male ich einer Katze die Pfoten an und lasse sie über ein Blatt Papier laufen, ist das keine eigene, geistige Schöpfung der Katze.
Darf dann jede*r alle KI-Bilder für alles mögliche verwenden?
Nein. Das bedeutet nicht, dass die Bilder unbeschränkt verwendbar sind. Der Anbieter der KI kann festlegen, unter welchen Bedingungen die Bilder verwendet werden dürfen. Sie genießen nur keinen urheberrechtlichen Schutz.
Gibt es Möglichkeiten, wie Künstler*innen verhindern können, dass KIs ihre Werke nutzen, um diese zu trainieren?
Rechtlich gesehen ja, denn niemand darf das ohne Zustimmung der Künstler*innen tun. Praktisch ist es schwierig, weil es keine technische Begrenzung gibt. Bisherige Kopierschutzmaßnahmen, die wir von DVDs oder Blu-Rays kennen, wurden alle geknackt. Am ehesten kann ich mir noch einen Verhaltenskodex für KI-Entwickler*innen vorstellen. Hier könnte etwa in den Metadaten eines Bildes festgeschrieben werden, ob ein Bild fürs Training verwendet werden darf, oder eben nicht.
Braucht es neue Regeln für KI-generierte Werke?
Künstler*innen hätten gerne ausdrückliche Beschreibungen im Gesetzestext, aber eigentlich sind die Grundsätze geregelt und unstrittig.
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