Start-up bringt intelligente Schuhsohlen für Diabetiker
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Diabetiker*innen haben häufig mit Durchblutungsstörungen in ihren Füßen zu kämpfen. Das Schmerzempfinden wird dadurch eingeschränkt, Druckstellen oder Wunden werden nicht oder zu spät erkannt. Die Folgen können bis zur Amputation reichen.
Spezielle orthopädische Schuhe sollen das verhindern. Das Linzer Start-up sendance hat weiche und anpassungsfähige Sensoren entwickelt, die in die Schuhsohlen integriert werden können. Sie sollen den Druck permanent messen und so dabei mithelfen, dass Druckgeschwüre vermieden werden können.
"Die Sensoren lassen sich leicht an alle möglichen beweglichen Formen anpassen", sagt der Physiker Robert Koeppe der sendance mitgründete.
Die im Durchmesser rund 5 Millimeter messenden Sensorpunkte werden in einem dehnbar verkabelten Netz in kleinen Rillen in die Schuhsohlen eingelegt und fügen sich somit nahtlos in die individuellen Formen der Gehbehelfe ein.
Marktstart nächstes Jahr
Mitte bis Ende 2023 sollen laut Koeppe die ersten Schuhsohlen für Diabetiker*innen mit der flexiblen Sensorik auf den Markt kommen.
Die Lösung des Start-ups, die optional auch eine Datenverwaltungslösung umfasst, soll in Zukunft auch für andere Anwendungen - etwa für Orthesen zum Einsatz kommen. Damit könnten aber auch viele andere bestehende oder zukünftige Produkte intelligent gemacht werden, sagt Koeppe.
"Die Orthopädietechnik ist unser Pilotmarkt", erzählt der Gründer. Der Bereich befinde sich durch neue Technologien im Umbruch. Bei der Fertigung der individuellen Heilbehelfe komme zunehmend 3D-Druck zum Einsatz.
Künftig soll die Elektronik mit den Sensoren gleich mitgedruckt werden. An der Integration solcher Prozesse in entsprechenden Fertigungsanlagen arbeitet das Start-up bereits. Die Transformation vom handwerklich gewerblichen Markt zu neuen Technologien berge viel Innovationspotenzial, meint Koeppe.
Spin-off der JKU Linz
Gegründet wurde sendance 2021 von Koeppe gemeinsam mit Daniela Wirthl, Thomas Stockinger, Yana Vereshchaga als Spin-off des LIT Soft Materials Lab der Johannes Kepler Universität Linz (JKU).
Im Juni übersiedelte das im Kernteam 11 Mitarbeiter*innen zählende Start-up vom Open Innovation Center der Linzer Universität in einen Bauernhof im Linzer Stadtteil Sankt Magdalena, wo die ersten Sensornetze mit Drucksensoren in Kleinserie produziert werden.
Erste Finanzierungsrunde vor Abschluss
Mit Entwicklungsprojekten, darunter auch Sensoren für Fahrradschuhe, macht das Start-up bereits erste Umsätze.
Finanziert wird sendance unter anderem mit Förderungen der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (aws) und der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG). Eine erste Finanzierungsrunde mit privaten Investoren steht laut dem Gründer kurz vor dem Abschluss.
Das Gesundheitssystem steuere durch die zunehmende Überalterung auf den Zusammenbruch zu, meint Koeppe. Es sei wichtig, moderne Technologie sinnvoll einzusetzen, um das System zu entlasten. Sensoren würden Menschen mit zusätzlichen Sinneswahrnehmungen unterstützen und Warnzeichen rechtzeitig bemerken, die sie sonst gar nicht mitbekommen könnten.
Forschungsprojekte
Angedacht ist von dem Start-up auch ein Forschungsprojekt, bei dem die Sensorik bei chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) helfen soll, unkontrollierte Hustenattacken zu vermeiden. Mit am Körper getragenen Sensoren und künstlicher Intelligenz solle ein Warnsystem etabliert werden, um rechtzeitig mit Medikamenten gegenzusteuern, erzählt Koeppe.
Auch zur Früherkennung epileptischer Anfälle könnten die flexiblen Sensoren des Start-ups genutzt werden. Koeppe: "Das sind Riesenthemen für die Zukunft, bei denen wir einen zentralen Baustein liefern können."
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).
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