Bewegungsanalyse zeigt, wo Österreicher in den Feiertagen waren
Die vergangenen Wochen waren merkwürdig. Zwischen zwei Lockdowns wurden fleißig Weihnachtsgeschenke besorgt, dann kamen Familienfeiern mit limitierter Teilnehmerzahl. Nach dem Start des 3. Lockdowns musste die Bevölkerung dann ganz stark sein und auf die üblicherweise größte Party des Jahres zu Silvester verzichten. Dafür durfte man Wintersport am Berg machen. Wie gut oder schlecht es die Österreicher geschafft haben zwischen neuen und alten Verpflichtungen, zwischen Verlockungen und dem Verbleib daheim abzuwägen, lässt sich durch Bewegungsstromanalysen abschätzen.
Wie vielen bereits bekannt sein dürfte, setzt die Regierung solche Analysen seit Beginn der Corona-Krise dafür ein, um die Effizienz der Schutzmaßnahmen zu überprüfen und das Verhalten der Bürger zu beobachten. Grundlage sind anonymisierte und aggregierte Signalisierungsdaten, die jedes Handy dem jeweiligen Mobilnetzbetreiber übermittelt.
Weihnachtseinkäufe
"In der Vorweihnachtszeit, als die Geschäfte offen hatten, war an einzelnen Orten doch einiges los", erklärt Michael Cik von Invenium. Das Spin-Off der TU Graz erstellt Bewegungsstromanalysen gemeinsam mit Mobilfunker A1. Am Samstag vor Weihnachten, also dem 19.12., waren etwa 56.000 Menschen auf der Wiener Mariahilfer Straße unterwegs. In Pandemie-Zeiten erscheint dies als große Menge, vergleicht man die Zahl aber mit dem Vorjahr, sieht man einen deutlichen Unterschied. Am Samstag vor Weihnachten 2019 besuchten 114.000 Menschen die Einkaufsmeile.
Die Vorweihnachtszeit sei also vergleichsweise ruhig verlaufen. "In den Innenstädten war schon mehr los, aber auch nicht überproportional viel." Zu Weihnachten sei in den Bewegungsdaten dann ein deutlicher Einbruch zu erkennen. Cik: "Am wenigsten unterwegs waren am 26.12." In den Tagen nach Beginn des aktuellen Lockdowns, war die Bewegung der Österreicher weiterhin sehr eingeschränkt, "in etwa auf dem Niveau des 2. Lockdowns im November."
Drang nach Draußen
Daheim geblieben sind die Österreicher aber nicht die ganze Zeit. In Grünräumen wie Parks und Wäldern etwa gab es deutlich mehr Aktivität als im Vorjahr. Das zeigen Standortdaten, die Google durch Nutzer seiner Dienste auf Smartphones erhält. Anhand dieser Daten veröffentlicht der kalifornische Konzern seit der Corona-Krise regelmäßig Mobilitätsberichte.
Dass die Österreicher die Möglichkeit, trotz Lockdowns Skigebiete zu besuchen, nutzten, zeigen die Mobilfunkdaten deutlich. Gerade an den Wochenenden sei der Reiseverkehr angestiegen, heißt es in einer Auswertung von Mobilfunker Drei. Am Sonntag, den 27.12. gab es etwa österreichweit um 14 Prozent weniger Reisebewegung als in der Woche zuvor (noch kein Lockdown). In Skigebieten gab es um 20 bis 25 Prozent mehr Bewegung. Im Bezirk Kirchdorf an der Krems (Skigebiet Hinterstoder) gab es etwa mehr als doppelt so viel Reiseverkehr wie eine Woche zuvor.
An Wochentagen ist der Unterschied zwischen österreichweitem Durchschnitt und Skigebieten laut Drei noch auffälliger. Am Dienstag, 29.12., gab es im Land 36 Prozent weniger Bewegung als am Dienstag davor (22.12.). In Skigebieten war um 15 bis 20 Prozent mehr los.
Ruhiges Silvester
Zu Silvester zeigte sich die Bevölkerung sehr einsichtig. Am Graben und am Stephansplatz in der Wiener Innenstadt zeigten sich 29.000 Menschen. Ein Jahr zuvor waren es 204.000. Auffällig war der diesmal besonders geringe Anteil von Besuchern aus dem Ausland. 2019 betrug dieser im Zentrum Wiens über 40 Prozent. 2020 waren es 4 Prozent.
"In der Gesamtmobilität zeigt sich, dass die Menschen sehr zurückhaltend waren", sagt Michael Cik. "Im 3. Lockdown liegen wir bei einem relativ ähnlichen Niveau wie beim 2. Lockdown, sogar knapp darunter." Beim 1. Lockdown blieben noch mehr Menschen daheim, "aber da gab es auch komplett andere Voraussetzungen."
Fehlinterpretationen
Im Frühling haben A1 und Invenium die wichtigsten Ergebnisse ihrer Bewegungsdatenanalysen öffentlich zugänglich gemacht und das so genannte "Bleib daheim Dashboard" gestartet. Anfang Dezember hat Invenium das Projekt allerdings auf Eis gelegt. Grund dafür war laut Michael Cik, dass es durch veröffentlichte Daten zu "sehr individuellen Interpretationen" gekommen ist. "Diese Interpretationen entsprechen nicht immer objektiven Kriterien."
Cik gibt dazu folgendes Beispiel: "In einer kleinen ländlichen Gemeinde gibt es keinen Supermarkt, keinen Arzt, keine Apotheke. Natürlich müssen alle Bewohner woanders hin fahren, um ihre Besorgungen zu erledigen, dementsprechend mehr Kilometer legen sie zurück. Die Interpretation könnte dann sein: Diese Leute halten sich nicht an die Regeln und bleiben nicht daheim." Invenium liefere weiterhin auf Anfragen Informationen, das Dashboard zeigt aber keine aktuellen Daten mehr an.