China verrät erste Details zu geheimen Stealth-Fighter
"Zukünftige Flugzeuge könnten wie Transformers aus Science-Fiction-Filmen sein", sagte Yang Wei, der Chefdesigner des chinesischen Stealth-Kampfjets Chengdu J-20 bei einem Interview im Jahr 2020. Er könnte Recht behalten, wenn das chinesische Militär ein neues Konzept verwirklicht, das angeblich bereits im Flug getestet wurde.
Wie die South China Morning Post berichtet, soll das Kampfflugzeug ein Nurflügler-Design aufweisen, bei dem 2 Drohnen Teile der Flügel bilden und im Flug abgekoppelt werden können.
Puzzleteil hinten im Flügel
Die Drohnen sollen beidseits hinten in die Flügel eingefügt sein und genauso wie das Trägerflugzeug eine von oben gesehen dreieckige Form aufweisen. Im Gegensatz zum Kampfjet, der mit einer Gasturbine angetrieben wird, werden die beiden Drohnen Elektromotoren und ins Gehäuse integrierte Propeller besitzen.
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Die chinesischen Forscher bezeichnen ihre Arbeit als ein Konzept für den "Next Generation Figher Jet". Optisch erinnert es jedoch eher an einen Stealth-Bomber als an einen Stealth-Fighter. Der aktuelle Stealth-Fighter im chinesischen Arsenal ist die J-20.
Schon 2022 sagte Yang Wei, dass man bald eine J-40 sehen werde, die als Nachfolgemodell zur J-20 entwickelt wird. Bisher ist das noch nicht passiert. Angeblich experimentiert China noch mit dem grundlegenden Design. So gab es etwa Hinweise darauf, dass ein Design untersucht wird, das dem amerikanischen NGAD-Konzept ähnelt.
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Dass die J-40 so breite Flügel wie das Flugzeug in der Konzeptgrafik haben wird, ist unwahrscheinlich. Breite Flügel reduzieren die Manövrierfähigkeit, was schlecht für Luftkämpfe ist. Womöglich könnte das Drohnenflügel-Konzept für einen geplanten Stealth-Bomber entwickelt werden. Damit wird in Rüstungskreisen schon seit geraumer Zeit spekuliert, da China derzeit kein Gegenstück zum amerikanischen B-21 Raider besitzt.
Nur wenig Informationen zum Testflug
Der Testflug samt Abkoppelungsmanöver soll über der Mu-Us-Wüste im Nordwesten Chinas stattgefunden haben. Fotos oder Videos davon wurden nicht veröffentlicht. Auch Daten wurden nicht genannt, etwa wie schnell das Flugzeug bei der Entkoppelung unterwegs war oder wie hoch. Was auch immer hier geflogen ist: Es ist derzeit noch genauso geheim wie die kommende J-40.
Generell ist davon auszugehen, dass dieser Test nicht mit einem richtigen Kampf-Jet stattgefunden hat, sondern eher mit einem Modell im kleineren Maßstab. Solche Modelle sind ferngesteuert und werden oft für aerodynamische Tests eingesetzt, um Konzepte zu erproben, bevor wirklich ein teurer Prototyp gebaut wird.
Eine weitere Option ist, dass China eine seiner bestehenden Stealth-Drohnen umgebaut, also eine neue Flügelform verpasst hat, um das Konzept zu testen. Anhand der veröffentlichten Grafik, würde sich hierfür etwa die CH-7 anbieten, die in ihren Flügeln bereits geeignete "Ausschnitte" für die 2 Begleit-Drohnen hätte.
Die CH7 wurde 2018 erstmals öffentlich präsentiert. Anfang des Jahres wurde angekündigt, dass die Entwicklung der Stealth-Drohne heuer abgeschlossen wird und sie in Serienproduktion gehen kann.
Gemeinsam kommt man weiter
Das Flugzeug "repräsentiert einen fortschrittlichen Modus eines kombinierten Kampfes mit und ohne Pilotinnen und Piloten, bei dem mehrere Fluggeräte mit unterschiedlichen Funktionen für einen koordinierten Flug integriert sind", sagt Du Xin vom China Aerodynamics Research and Development Centre (CARDC). Sein Forschungsteam hat das Konzept für den neuen Stealth-Fighter entworfen und Erkenntnisse dazu im chinesischen Fachjournal Advances in Aeronautical Science and Engineering veröffentlicht.
Durch den gemeinsamen Flug von Kampfjet und Drohnen wird eine üblicherweise auftretende Diskrepanz aufgehoben: Die mit unterschiedlichen Antrieben ausgestatteten Fluggeräte weisen eine stark unterschiedliche Geschwindigkeit und Reichweite auf. Beim chinesischen Konzept kann der Kampf-Jet die Drohnen zum Einsatzgebiet transportieren und erst dort entkoppeln, was diese Probleme löst.
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Alternative Drohnen-Transporte
Russland und die USA experimentieren in ähnliche Richtung, allerdings werden dort Drohnen unter den Flügeln montiert, wie etwa Raketen, oder in externen Abwurfbehältern. Beides würde bei einem Stealth-Fighter die Tarneigenschaften negativ beeinflussen.
Die Alternative ist, die Drohne im internen Waffenschacht eines Stealth-Kampfjets zu transportieren, wie etwa bei der amerikanischen F-35. Das wahrt zwar die Stealth-Eigenschaften, reduziert aber die mögliche Waffenlast.
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Idee gibt es schon lange
Das chinesische Konzept wirkt und sieht so aus als ob es aus einem japanischen Mecha-Anime oder einem Science-Fiction-Film stammen könnte. Die Idee, kleinere Fluggeräte mit einem größeren zu verbinden und das Gespann im Flug zu separieren, ist allerdings nicht neu. Frühere Versuche waren nur weit weniger futuristisch.
In Deutschland wurden schon zur Zeit des Nationalsozialismus in den 40er-Jahren Versuche mit verbundenen Flugzeugen durchgeführt. Die US Air Force hat in den 50er-Jahren Experimente durchgeführt, bei denen zwei F-84D Kampfjets an die Flügelspitzen eines B-29 Superfortress Bombers montiert wurden.
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Veränderte Aerodynamik ist herausfordernd
Eine Herausforderung bei der neuen chinesischen Entwicklung ist, dass sich die Aerodynamik des Kampfjets stark verändert, sobald die Drohnen abgekoppelt werden. Die Flügelfläche reduziert sich plötzlich, der Schwerpunkt des Flugzeugs verschiebt sich. Auch Turbulenzen, die während der Abtrennung entstehen, können den Flug der nun separierten Fluggeräte empfindlich stören.
Du Xin und sein Team wollen diese Effekte mit genauen Messungen und der Hilfe eines leistungsfähigen Bordcomputers kontrollieren. Sowohl Kampfjet als auch Drohnen verwenden angeblich den in China entwickelten FCC-100 Bordcomputer, der blitzschnelle Berechnungen durchführen und Steuerbefehle geben kann. Laut Du Xin sei der Trennungsvorgang damit gut kontrollierbar.
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Drohne als stets präsenter "Wingman"
Der gemeinsame Kampf von Jets, die von Menschen gesteuert werden, und Drohnen, liegt bei den großen Militärmächten der Welt im Trend. In den USA ist es etwa klare Anforderung bei der Entwicklung eines "Next Generation Air Dominance"-Kampfjets (NGAD), dass dieser perfekt mit Drohnen harmonieren und auch deren Kontrolle übernehmen kann. Airbus hat erst Anfang Juni sein Konzept einer Wingman-Stealth-Drohne vorgestellt, die Kampfjets bei ihren Einsätzen zur Seite stehen soll.