Japan testet Hyperschallrakete, die Flugzeugträger zerstören soll
Seit 2018 arbeitet Japan an einer Hyperschallwaffe. Offiziell handelt es sich um ein Hyper-Velocity Gliding Projectile (HVGP), also ein Hyperschall-Gleitprojektil. Jetzt hat ATLA, die für Rüstungsentwicklungen zustände Behörde Japans, erstmals ein Video eines Tests von HVGP veröffentlicht.
Darin ist nur der Start zu sehen. Dieser bestätigt aber einige der geplanten Eigenschaften der Hyperschallrakete, die ATLA schon zuvor in Animationen dargestellt hat. So sieht man etwa, dass die Rakete sehr hoch aufsteigt, bevor sie beginnt Richtung Ziel zu fliegen.
Im Sturzflug auf das Ziel
Wäre es kein Test, sondern bereits die reguläre Waffe, würde der Flug so weitergehen: In großer Höhe koppelt sich der Gleiter von der Booster-Rakete ab. Ab hier fliegt der Gleiter mit einem Scramjet-Triebwerk weiter, das ihn auf über 6.100 km/h (Mach 5, Hyperschall) beschleunigt. Die Booster-Rakete ist nötig, weil Scramjet-Triebwerke erst ab einer hohen Überschallgeschwindigkeit funktionieren.
Der Gleiter nähert sich so seinem Ziel. Direkt über dem Ziel geht er in einen Sturzflug über, im 90-Grad-Winkel. Das soll die Geschwindigkeit und damit die Aufschlagkraft zusätzlich erhöhen. Außerdem wird dadurch, gemeinsam durch die hohe Geschwindigkeit und die zufälligen Ausweichmanöver des Gleiters, das Abfangen schwieriger.
Inselverteidigung gegen Flugzeugträger
In dem Video ist auch zu sehen, dass der Test von einem bodenbasierten Starter in Küstennähe durchgeführt wird. Die fertige Waffe soll ähnlich eingesetzt werden. Geplant ist, dass 2 der Hyperschallraketen auf einem Lkw transportiert werden, der gleichzeitig der Starter ist.
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Offiziell ist HVGP als Waffe gedacht, um „entlegene Inseln“ Japans zu verteidigen. Tatsächlich dürfte so eine teure und hoch entwickelte Waffe für „High Value Targets“, also taktisch wertvolle Ziele, gedacht sein. In diesem Fall: chinesische Kriegsschiffe, insbesondere Flugzeugträger.
Das hat ATLA in einem früheren Video gezeigt:
In der Animation ist zu sehen, wie HVGP einen Flugzeugträger ansteuert. Dass die Form des Flugzeugträgers der chinesischen Fujian ähnelt, ist wohl kein Zufall. Mit etwas Fantasie könnte es auch der ältere chinesische Flugzeugträger Liaoning sein.
China feiert seinen neuen Flugzeugträger als das größte konventionelle Kriegsschiff der Welt. China ist auch nicht gerade zimperlich, wenn es um Säbelrasseln geht. Kaum eine Woche vergeht, in der den USA und seinen Verbündeten nicht mit der vollen Stärke der chinesischen Streitkräfte gedroht wird, sollten sie sich bei einer Invasion Taiwans einmischen.
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Japan gehört zu diesen Verbündeten. Selbst wenn es nicht direkt einschreitet, könnte es zum Ziel chinesischer Angriffe werden, da die USA in Japan über 30 Stützpunkte haben. Vertreten sind die Air Force, Marines, Navy und Army.
Test fand in den USA statt
Der aktuelle Test des HVGP fand schon am 23. März 2024, beim Verbündeten: den USA. Die Rakete wurde in Kalifornien gestartet. Der Tests sollte „die Messsysteme für zukünftige Starttests verifizieren“, sagt ATLA. Die USA sind natürlich sehr daran interessiert, dass Japan leistungsstarke Waffensysteme hat, um eben damit China bekämpfen zu können.
Die USA helfen zwar bei der Entwicklung, die Waffe soll dann aber vollständig in Japan gebaut werden. Der Zeitplan ist ambitioniert: Schon 2026 soll die Hyperschallrakete in Dienst gestellt werden. Damit sich das ausgeht, hat Mitsubishi Heavy Industries schon im Fiskaljahr 2023 mit der frühen Serienproduktion von Komponenten begonnen – noch bevor die Entwicklung des HVGP abgeschlossen ist.
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Bis zu 3.000 Kilometer Reichweite
Die Indienststellung wird in mehreren Phasen erfolgen. Zuerst kommt Block 1, der das Basismodell darstellt. Dieses soll eine Reichweite von 300 bis 500 Kilometer haben, mit der Option eines einfachen Upgrades auf 900 Kilometer. Die Entwicklung von Block 2A soll 2027/2028 abgeschlossen werden. Dieser soll die Fähigkeiten des Gleiters erweitern sowie die Reichweite auf 2.000 Kilometer erhöhen. 2030/2031 folgt Block 2B mit 3.000 Kilometern Reichweite.
Diesen Plan hat wiederum China als Drohung aufgefasst. Mit 900 Kilometern Reichweite könne Japan von der Küste aus Shanghai beschießen. Der Block 2A würde reichen, um die chinesische Hauptstadt Peking zu beschießen. Japan hält hier dagegen, dass Minami-Torishima, eine der östlichen Inseln, etwa 1.800 Kilometer von der japanischen Hauptinsel entfernt ist. Von Kiuschu und Hokkaido (südlich und nördlich der Hauptinsel Honshu) wären es etwa 2.500 Kilometer Entfernung, was den Block 2B rechtfertigen würde.
Japan setzt auf Railguns
Da Japan eine Insel ist und derzeit nicht mit einer Invasion von Nordkorea oder China per Landungsbooten rechnet, konzentrierten sich die Verteidigungsmaßnahmen auf See- und Luftziele. Daher wird auch einer Railgun gearbeitet.
Angedacht ist, dass anhand der Basisforschung eine Railgun entsteht, die traditionelle Schiffsgeschütze ersetzt, also für den Seekampf eingesetzt wird. Außerdem soll es eine Version geben, mit der Flugzeuge, Marschflugkörper und Hyperschallraketen abgefangen werden können. Ebenfalls sieht das Konzept eine landbasierte Railgun vor, die die Küste gegen Schiffe verteidigt.
Japan arbeitet bei der Entwicklung seiner Railgun nicht nur mit den USA zusammen, sondern auch mit Frankreich und Deutschland. Der Zweck der Kooperation ist, Railguns schnellstmöglich einsatzbereit zu machen.
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