Monströser Panzer mit Drohnen-Jammer ist in der Ukraine unterwegs
Vor Kurzem tauchte ein Schildkröten-Panzer in der Ukraine auf. Russische Truppen hatten einen Kampfpanzer mit einem improvisierten Rundum-Schutz ausgestattet.
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Obwohl in den sozialen Netzwerken viel darüber gespottet wurde, scheint sich das Konzept bewährt zu haben. Zumindest ist ein weiterer Schildkröten-Panzer aufgetaucht.
Dieser war an einem Angriff auf ukrainische Stellungen beteiligt, in der Nähe der Stadt Krasnohoriwka. Auch der erste Schildkröten-Panzer, der zur Minenräumung eingesetzt wurde, wurde in dieser Gegend gesichtet.
Der neue Schildkröten-Panzer scheint einen anderen Zweck zu haben. Am Dach ist ein Drohnen-Störsender zu sehen. Dieser ist vermutlich nicht direkt am Dach montiert, sondern am Turm des Panzers. Anhand der niedrig auflösenden Fotos sieht es so aus, als wäre das Wellblech ausgeschnitten worden, damit der Drohnen-Jammer herausragen kann.
Die Schutzvorrichtung sieht höher aus als beim ersten Schildkröten-Panzer, aber durch das Wellblech auch noch ein Level mehr improvisiert. In sozialen Netzwerken und User*innen-Kommentaren wird er deshalb u. a. als „monströs“ bezeichnet und: „Haben die russischen Soldaten jetzt einen Wettbewerb laufen, wer das größte Ungetüm bauen kann?“
Cope Cage gegen Drohnenangriffe
Die Idee dieser Aufbauten ist, zusätzlichen Schutz gegen Kamikaze-Drohnen zu bieten. Es ist die extreme Variante eines Cope Cages. Mit Cope Cages versuchen Russland, die Ukraine und auch Israel Fahrzeuge davor zu schützen, dass Kamikaze-Drohnen und Drohnen, die Granaten abwerfen, Schwachstellen erwischen.
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Viele Drohnen, die die Ukraine einsetzt, sind handelsübliche Modelle, die weniger als 1.000 Euro pro Stück kosten. Zum Vergleich: Ein Kampfpanzer kostet oft mehr als eine Million Euro. Bei Kamikaze-Drohnen werden häufig Hohlladungen mit Aufschlagzündern montiert, wie sie etwa bei Raketenwerfern zum Einsatz kommen.
Wenn diese Hohlladungen vorher am Schildkröten-Schutz explodiert statt direkt am Panzer, kann sie nicht die volle Zerstörungskraft entfalten. Der improvisierte Schutz wird zwar ein Loch haben, aber die richtige Panzerung des Fahrzeugs könnte ohne Durchschlag davonkommen.
Der Schildkröten-Schutz soll zudem verhindern, dass Drohnen Granaten von oben in offene Luken werfen können. Auch das Dach des Turms und die Lüftung des Motors sollen so geschützt werden. Sie sind beliebte Ziele für Drohnenangriffe mit Granaten mit Aufschlagzündern, da sie zu den Schwachstellen bei Panzern zählen.
Vermutlich T-72 mit Jammer
Welche Typen von Panzer Russland zu Schildkröten macht, ist nicht bekannt. Der Aufbau und die niedrige Auflösung der Bilder lassen nur mutmaßen, dass es sich bei der aktuellen Sichtung um einen T-72 handelt. T-72s wurden zumindest schon mit Drohnen-Störsendern gesichtet, die dem des Schildkröten-Panzers stark ähneln.
Es dürfte sich um ein Modell mit 8 Antennen handeln, die einen 360-Grad-Schutz gewähren. Diese Jammer senden Störsignale auf den üblichen Frequenzen, die für die Fernsteuerung der Drohnen genutzt werden. Dadurch verliert der Pilot den Kontakt zur Drohne und kann das Ziel nicht mehr angreifen. Laut russischen Rüstungsblogger*innen soll die Reichweite dieses Drohnen-Jammers bei etwa 150 Metern liegen.
Am Schlachtfeld wäre ein Panzer mit Drohnen-Störsender jedenfalls ein prioritäres Ziel, da er nicht nur sich selbst, sondern auch verbündete Einheiten in einem Radius von 150 Metern beschützt. Als „Einzelkämpfer“ wäre ein solcher Schildkröten-Panzer nur bedingt sinnvoll. Durch den seitlichen Aufbau ist der Schwenkradius des Turms und die Rundumsicht stark eingeschränkt – der Panzer kann nur noch in Fahrtrichtung feuern.
Ukraine schaltete Antidrohnen-Panzer mit Drohne aus
Bleibt die Frage, warum der Panzer den Schildkröten-Schutz gegen Drohnen benötigt, wenn er ohnehin einen Störsender gegen Drohnen hat. Dass diese Störsender nicht 100-prozentig funktionieren, zeigt ein aktueller Fall. Erst vorige Woche hat die Ukraine einen russischen T-72 „Zar“ mit einer Kamikaze-Drohne ausgeschaltet. Dieser ist eigentlich mit einem speziellen Drohnen-Jamming-System ausgestattet.
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Der Trend zum Schildkröten-Panzer zeigt jedenfalls, dass Störsender alleine nicht reichen, um Drohnen aufzuhalten. Neben dieser exzessiven Zusatzpanzerung wurden auch leichtere, erweiterte Cope-Cage-Varianten gesichtet, wie etwa bei einem russischen T-62 und bei Ural-4320 Lkw.