Netzpolitik

Keine Gratis-Antigen-Tests: Musterklage für ELGA-Verweigerer

Seit dieser Woche gibt es in Österreich für versicherte Personen, die vor dem 1. Jänner 2006 geboren sind, in der Apotheke fünf Covid-19-Antigentests zum Mitnehmen. Doch das gilt nicht für rund 298.000 Menschen, die sich von der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA) und damit auch von der E-Medikation abgemeldet haben. Diese Menschen bekommen keine kostenlosen Tests, sondern haben nur die Möglichkeit, sich in der Apotheke testen zu lassen, oder die Heimtests selbst zu kaufen. Laut Gesundheitsministerium, weil es in der Kürze der Zeit „technisch nicht anders umsetzbar“ gewesen sei. Daran gab es massive Kritik.

Musterklage in Planung

Der Verbraucherschutzverein (VSV) will das so nicht hinnehmen und startete am Mittwoch eine Sammelaktion für jenen Menschen, die sich von ELGA abgemeldet haben und die trotzdem einen Selbsttest haben wollen. Geplant sei eine Musterklage, sagt Peter Kolba, früherer Liste-Pilz-Abgeordneter und Gründer des VSV, im Gespräch mit der futurezone.

Dazu sei es zuerst notwendig, dass eine Person trotz ELGA-Abmeldung versuchen muss, die Gratistests in der Apotheke zu bekommen, erklärt Kolba. Erhält sie diese nicht, soll sie diese käuflich erwerben. „Die Kosten dafür belaufen sich auf rund 58 Euro“, so Kolba. Mittels Formular werden die Kosten für die fünf Selbsttests im Anschluss von der Österreichischen Gesundheitskassa (ÖGK) zurückfordert. Zahlt die ÖAK nicht und erhält die Person in Folge einen Ablehnungsbescheid, kann als nächstes beim Sozialgericht geklagt werden.

Wer sich für die E-Medikation anmeldet, bekommt den kostenlosen Selbtest in der Apotheke.

Diskriminierung und das Gesetz

Dass die Selbsttests für ELGA-Abmelder nicht zur Verfügung stehen, hat bis vor kurzem noch gegen das Gesetz verstoßen. Es durften laut Gesetz keine Nachteile für Menschen entstehen, die sich von ELGA abgemeldet haben, also diese durften nicht diskriminiert werden. Doch die Regierung hat das Gesundheitstelematik-Gesetz mittels Initiativantrag geändert und neue Paragrafen eingefügt, die dieses Diskriminierungsverbot bis Jahresende aufheben.

Eigentlich wären Verwaltungsstrafen möglich gewesen, doch die Paragrafen, die diese vorsehen, wurden außer Kraft gesetzt. Kolba hält die Gesetzesänderung für gesetzes- und verfassungswidrig. „Wir werden das im Zuge des Gerichtsverfahrens prüfen“, so Kolba. „Und wir werden auch einen Antrag stellen, diese Angelegenheit auch vom Verfassungsgerichtshof klären zu lassen.“

Peter Kolba hat den VSV gegründet und sich die Sammel-Aktion überlegt

Weg zum Sozialgericht

Der VSV plant zudem, für seine Mitglieder das Formular, welches notwendig sei, um die Kosten für die Selbsttests von der ÖGK zurückzufordern, für alle Mitglieder zur Verfügung zu stellen. Den Weg zum Sozialgericht müssten die Betroffenen dann selbst gehen, weil eine Sammelklage in diesem Bereich nicht möglich ist. „Es ist aber sehr niederschwellig, beim Sozialgericht zu klagen. Man muss nicht von einem Anwalt vertreten sein, hat keine Anwaltskosten und keine Gerichtsgebühren zu zahlen. Selbst wenn man den Prozess verliert, muss man nichts zahlen“, erklärt Kolba gegenüber der futurezone.

Neben dem juristischen Ansatz hält der Verbraucherschützer die Vorgehensweise rund um die kostenlosen Antigen-Selbsttests auch praktisch für „verrückt“. „Es ist verrückt, wenn alle Experten sagen: Testen, testen, testen und man dann bei 300.000 Menschen einsparen will und die sich das selbst kaufen müssen.“

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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