Staatssekretär Tursky im Interview: "Daten sind das neue Öl"
Die Elektronikmesse CES in Las Vegas ist nicht nur ein Ort für Firmen, um ihre neuen Technologien zu präsentieren. Sie bot auch dieses Jahr ein Rahmenprogramm mit Vorträgen und Paneldiskussionen. Der österreichische Digitalstaatssekretär Florian Tursky (ÖVP) diskutierte dort unter anderem darüber, wie Österreich Innovationen fördert. Die futurezone traf ihn vor Ort zum Interview, um über die digitale Zukunft Europas zu sprechen.
futurezone: Welche Highlights gab es für Sie auf der CES?
Florian Tursky: Alles, wobei es um künstliche Intelligenz geht. Alles dreht sich darum, wie große Datenmengen sortiert werden können und sich daraus digitale Lösungen machen lassen.
Gibt es da schon etwas, von dem Sie glauben, dass es unser Leben grundlegend verändern wird?
Ich glaube, dass wir bei der Interaktion mit technischen Geräten und mit künstlicher Intelligenz ein neues Level erreichen werden. Früher hat man über Suchmaschinen Flüge oder Hotels gesucht und dort alle Daten eingegeben. Künftig werde ich meinem Handy sagen: Such mir den günstigsten Flug von Innsbruck nach Frankfurt raus und buch mir ein tolles Hotel dazu. KI hat für mich immer damit zu tun, dass ein digitales System dabei hilft, bessere Entscheidungen zu treffen.
Es gibt aber auch Ängste bei Menschen in Bezug auf künstliche Intelligenz.
Einige denken sofort an den Terminator und das ist ein Fehler. Vergangenes Jahr hat Microsoft 100.000 Knieverletzungen miteinander verglichen und welche Behandlung zu welchem Ergebnis geführt hat. Und anhand von Röntgenbildern konnte eine KI dann ablesen, was die bestmögliche Behandlung ist. Man kann die ganze Erfahrung, die früher ein einzelner Arzt hatte, multiplizieren und weltweit neue Behandlungserfolge erzielen. So hilft künstliche Intelligenz.
Es hat noch keine technische Revolution dazu geführt, dass es weniger Arbeitsplätze gegeben hat, sondern immer mehr.
Ist es nicht eine größere Angst, ersetzt zu werden?
Ich gebe Recht, dass die Angst da ist, aber ich glaube, sie ist völlig unbegründet. Angst ist etwas Subjektives. Es hat noch keine technische Revolution dazu geführt, dass es weniger Arbeitsplätze gegeben hat, sondern immer mehr. Wenn wir als Österreich und in Mitteleuropa nicht die Chance nutzen, dann laufen wir Gefahr, im weltweiten Wettbewerb zurückzufallen. Nutzen wir sie, können wir mehr Wohlstand und mehr Arbeitsplätze generieren.
Gibt es dann auch Pläne, die KI-Entwicklung stärker zu fördern?
Es wird auf jeden Fall notwendig sein, KI-Innovationen mehr zu fördern und mehr zu unterstützen. Da passiert auch schon wahnsinnig viel. Wir werden mehr investieren und auch darauf achten, dass die Innovationen bei uns passieren. Es gibt einige Zukunftsfelder, auf die sich Österreich wirklich setzen kann.
Welche wären das neben der KI?
Halbleiter und Quanten. Wir haben in Innsbruck und Wien große Teile des mitteleuropäischen Know-hows was Quantencomputing betrifft. Wir haben in der Steiermark und in Kärnten super Kompetenzen was die Halbleiterindustrie betrifft. Wir müssen nur schauen, dass diese Innovationen bei uns passieren und nicht abwandern.
Hätte Europa bei der Halbleiterproduktion nicht schon längst reagieren müssen?
Der European Chip Act kommt, aber wir wissen, dass wir uns von China und Taiwan zu großen Teilen abhängig gemacht haben. Wir dürfen bei der Digitalisierung nicht die gleichen Fehler machen wie bei der Globalisierung. Wenn ein querstehendes Schiff im Suezkanal dazu führt, dass österreichische Firmen Kurzarbeit anmelden müssen, dann haben wir was falsch gemacht. Wir machen uns in Europa abhängig von Großkonzernen in den USA und in China. Deshalb arbeiten wir an einer digitalen Souveränität Europas.
Das europäische Chip-Gesetz
Die EU will mit dem European Chip Act ihren weltweiten Marktanteil bei Halbleitern bis 2030 von aktuell 10 auf 20 Prozent verdoppeln. Damit soll vor allem die Abhängigkeit von anderen Märkten reduziert werden. Dafür wurden 43 Milliarden Euro bereitgestellt. Ein Teil davon wird in die Forschung gehen, zudem sollen die Fertigungskapazitäten erhöht werden.
Wie sieht das konkret aus?
Ein Thema ist die European Cloud, also der Aufbau von Datensystemen. In Zukunft wird es in der europäischen Wirtschaft darum gehen, ob man über Datenmengen verfügt - vom Tischler bis zur großen Industrie. Wenn wie aktuell 80 Prozent dieser Daten in Amerika liegen und wir nur Zugriff darauf haben, werden wir irgendwann ein Problem haben, denn Daten sind das neue Öl. Wir dürfen keine Datenmonopole in den Vereinigten Staaten und in China haben, sondern müssen über eigene Datensysteme in Europa verfügen.
Aber wir arbeiten ja auch in Europa stark mit internationalen Firmen zusammen.
Prinzipiell haben wir in Österreich sehr sichere eigene Datencenter, die privatwirtschaftlich oder staatlich betrieben werden. Dort werden alle staatlichen Daten, aber auch Bankdaten, aufgehoben. Es ist illusorisch zu glauben, dass man Firmen wie Google, Microsoft, Amazon aber auch das chinesische Alibaba aus Europa verbannen kann. Das wird die EU selbst mit sämtlicher Willenskraft über Jahre nur mit enormem Investment schaffen. Und wenn wir so weit sind, sind die anderen wieder weit vorne. Der europäische Weg, und das halte ich für richtig, ist das über Regularien zu lösen.
Gerade sind Hackerangriffe ein großes Thema. Wie sicher sind die österreichischen Daten?
Je größer das System, umso sicherer ist es. Alle staatlichen Daten liegen auch auf staatlichen Servern und das Bundesrechenzentrum und alle Partner verfügen natürlich über eine sehr gute Sicherheitslandschaft.
Die Reisekosten zur CES 2023 wurde vom Digitalstaatssekretariat übernommen.